'Women in Greentech': Role Models für den Klimaschutz

7. März 2022, 17 Bilder
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Jessica Motzer arbeitet als Innovationsmanagerin für Lieferanteninnovationen bei Brose Fahrzeugteile in Bamberg und sucht dabei unter anderem nach neuen, nachhaltigen Lösungsansätzen und treibt diese Ideen dann voran.

»Grundsätzlich liegen mir Klimaschutz und Bildung sehr am Herzen; das mit meinem Job zu verbinden aber auch diese Prioritäten weiterzugeben ist mir wichtig.«

Sie absolvierte berufsbegleitend ein duales Fernstudium zur Handelsfachwirtin - BWL & Wirtschaftspsychologie B.A. und anschließend noch Psychologie mit Fachrichtung Arbeit, Organisation & Wirtschaft. Und ist seitdem durchgehend in technischen Branchen tätig. Wie kommt’s? 

»Ich habe mich bereits im Kindesalter für Fahrzeuge und deren Funktionsweise interessiert, Lego Technik stand also hoch im Kurs bei mir. Luft- und Raumfahrttechnik durfte ich allerdings nicht studieren, weil damals noch keine Frauen zu dem Studiengang bei der Bundeswehr zugelassen waren. 

Auf der Abi-Feier meinte mein Mathelehrer zu mir, dass ich das nicht schaffen würde als ich ihm erzählte, ich hätte mich für den Studiengang Fahrzeugtechnik eingeschrieben. Dabei hatte ich einen Abischnitt von 1,6 und in Mathe eine 2, in Physik eine 1. Was auch immer ihn zu dieser Aussage bewogen hatte: es sollten noch andere Lehrende in dieses Horn stoßen. So beispielsweise mein Professor in Elektrotechnik, der sich recht bald zu der Aussage hinreißen ließ, dass es ohnehin keine Fräuleins durchs Vordiplom schaffen würden. Kleiner Hinweis: Das war bereits im aktuellen Jahrtausend.

Das Fatale an solchen Aussagen, auch wenn sie in der Minderheit sind: »Man beginnt an sich selbst zu zweifeln«. Es entwickelte sich eine ‚sich selbst erfüllende Prophezeihung‘ und ich musste das Studium - ja, E-Technik war der Grund - abbrechen. Ich habe dann eben ein Duales Studium in der Automobilbranche gemacht. Und weil man im Einkauf ganz hervorragend technischen «Deep Dive« betreiben kann, war dies fortan die Abteilung meiner Wahl. 

Ob als operative, technische oder strategische Einkäuferin bei BMW oder Framatone oder als  Procurement Managerin bei Siemens für Offshore Power Network Services: Theoretisch hätte Jessica Motzer als Einkäuferin im kaufmännischem Fahrwasser bleiben können. Doch sie wollte in Verhandlungen immer auch verstehen, worum es geht und wie es funktioniert. Und tauschte sich zu diesem Zweck eng mit den F&E-Kolleg:innen aus. Ihr Psychologiestudium, dessen Ziel es ja ist, menschliches Verhalten und Erleben zu beschreiben, zu erklären, vorherzusagen und zu verändern, hilft ihr dabei, Marktentwicklungen vorherzusehen, »meine Glaskugel«.  

»Meine jetzige Position habe ich aufgrund meines wirtschaftspsychologischen Hintergrundes gefunden. Ich arbeitete in meinem Unternehmen als Strategische Einkäuferin und wurde irgendwann angesprochen, ob ich nicht Lust hätte Change Awareness Workshops abzuhalten. Gesagt, getan, geglänzt, gefunden worden. Mein aktueller Teamleiter war damals Change Agent und hatte die Trainings mit mir zusammen abgehalten, durfte mich aber offiziell nicht anwerben. Kolleginnen aus meiner jetzigen Abteilung haben mich beim gemeinsamen Mittagessen auf die freie Stelle aufmerksam gemacht. Seitdem bin ich im Innovationsmanagement.«

Als Innovationsmanagerin im Einkauf unterstützt sie Einkäufer:innen, die Brose-Vorentwicklung und andere technische Expert:innen bei der Lösung technischer Fragestellungen und sucht dazu auf dem Markt nach Lösungsansätzen und neuen Ideen, initiiert den Austausch mit Broses Lieferantenbasis und Start-Ups. Prüft neue Technologien, Materialien, Produkte oder Prozesse und Verfahren darauf, ob sie ins Portfolio passt und Broses Qualitäts- und Kundenanforderungen erfüllt. Dazu muss sie sich technische Bereiche der Mechatronik, Werkstofftechnik oder Verfahrungstechnik einarbeiten und die Informationen fallbezogen anwenden.

»Ich mag diese Kombination aus Detektivarbeit & Jugend forscht einerseits und interner Promotion & Kommunikation andererseits«, sagt sie. Das Nachhaltigkeitsmanagement der Lieferkette ist mittlerweile ebenfalls in ihrem Team aufgehängt, »daher darf ich nicht nur nach neuen, sondern auch nach nachhaltigen Lösungsansätzen suchen und diese Ideen voran treiben«. Das sei ihr sowohl beruflich als auch privat ein großes Anliegen.

»Teil meiner Aufgabe ist es auch, KollegInnen mit Informationen zum Thema Nachhaltigkeit zu versorgen und das Thema als Chance zu vermarkten«, was in der Automobilbranche »durchaus etwas tricky« sei. Aber auch hier helfe ihr ihr Ausbildungshintergrund - »und natürlich die Tatsache, dass mir Klimaschutz auch privat sehr wichtig ist. Man könnte also sagen, ich habe diesbezüglich einen Bildungsauftrag - beruflich wie privat.«

Ihr Rat an junge Frauen: »Bleiben Sie untereinander vernetzt und unterstützen Sie sich gegenseitig. Schätzen Sie sich NIE als "weniger wert" ein, nur weil Ihr Lebenslauf kürzer ist oder weniger gewichtige Unternehmen oder Hochschulen listet oder aufgrund Ihrer Herkunft, Ihres Geschlechts oder irgendeines anderen Faktors.

Beantworten Sie die Frage, ob Sie etwas Bestimmtes umsetzen können, grundsätzlich mit Ja und fragen Sie sich als nächstes, welche Einzelschritte es benötigt, um dieses Ziel zu erreichen. Bleiben Sie offen, neugierig und humorvoll! Lassen Sie sich nicht von Killerphasen von Alteingesessenen beeindrucken und betrachten Sie nichts als unveränderbar!«