Wissen steckt bereits in den Köpfen
»Die Kenntnis des Kunden und die Möglichkeit, hierüber Wissen zu generieren, gehört zu den zentralen Wettbewerbsvorteilen einer Beratungsgesellschaft«, sagt Professor Hedwig Rudolph, die sich seit Jahren wissenschaftlich mit dem Consulting befasst. Bei den eigenen Leuten entfällt der Transfer des an der Kundenschnittstelle gewonnenen Wissens, weil es bereits in ihren Köpfen steckt oder sie problemlos über die Fachabteilungen daran gelangen können.
Die angestellten Personalexperten wissen ziemlich genau, welcher Mitarbeitertypus mehr und welcher weniger große Schwierigkeiten bei der Integration haben wird. Sie wissen oder ahnen zumindest, wer mit Kunden, Vorgesetzen und dem betrieblichen Regelwerk besser klar kommen wird als andere. Und sie wissen, weil sie die Strategie ihres Unternehmens oft entscheidend mitprägen, welche Fachqualifikationen und welche Persönlichkeiten morgen und übermorgen in der Firma benötigt werden. Bevor sie das den Beratern in stundenlangen Briefings vermitteln und dabei das Risiko eingehen, nicht verstanden zu werden, könnten sie die Dienstleistung auch gleich selbst übernehmen.
An ihre Grenzen stoßen sie allerdings dann, wenn die hauseigene Kandidatenbank nur wenige Lebensläufe aufweist, unzureichend gepflegt ist oder wenn sich die personalstrategische Ausrichtung des Unternehmens schlagartig verändert, beispielsweise nach einer Übernahme oder einem Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen. Doch das ist noch kein Grund, die Sache von Anfang an als überflüssig oder ineffektiv zu brandmarken: Schließlich kann der HR-Bereich gegen zwei dieser drei Unbilden aus eigener Kraft vorgehen. Wer darauf verzichtet, darf sich nicht beklagen, wenn seine Personalbeschaffungskosten in den nächsten Jahren kanonenkugelgleich nach oben schießen werden.
Recruitingabteilungen schnappen Nachwuchs vor der Nase weg
»Schon mehr als jeder zweite Kunde der Personalberater kam im vergangenen Jahr aus dem Mittelstand«, berichtet Klaus Reimers vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) e.V., »und das wird in den kommenden Jahren nicht weniger, denn der Mittelstand ist auf qualifizierte Mitarbeiter angewiesen. « Viele kleine und mittlere Betriebe spüren schon schmerzlich, wie ihnen die personalstarken Recruitingabteilungen der Großunternehmen den Nachwuchs vor der Nase wegschnappen. Weil sie allein von ihren Kapazitäten her hiermit nicht mitziehen können, sehen sie sich genötigt, fremde Hilfe in Auftrag zu geben. Das treibt die Kosten für die Personalbeschaffung ganz gehörig nach oben. Und liefert letztlich das ultimative Argument dafür, stärker als bisher im Geschäft der Headhunter zu wildern und wirklich nur solche Funktionen nach außen zu geben, die man selbst nicht erfüllen kann.
In sämtlichen Personaler-Umfragen der letzten Jahre beklagten sich die HR-Verantwortlichen vor allem über drei Dinge: den steigenden Kostendruck, ihren unzureichenden Einfluss bei der Gestaltung der Unternehmensstrategie und die zu geringe Anerkennung ihrer Leistung seitens der Geschäftsleitungen. Wenn sie einen Teil der früher mit leichter Hand an die Personalberater outgesourcten Aufgaben ins eigene Haus zurückverlagerten und damit zumindest einen weiteren Kostenanstieg verhinderten, wäre ihnen schallender Applaus aus der Chefetage sicher. Christine Demmer