Neue Metrologie hilft Fabs

»Wir können die Knappheit besiegen!«

9. August 2021, 9:06 Uhr | Heinz Arnold
Risto Puhakka, President von VLSIresearch: »Der Ansatz von Atonarp ist wirklich neu. Insbesondere der Durchsatz von komplexen Ätzprozessen, wie sie in der Fertigung von 3D-NAND-Speicher-ICs erforderlich sind, lässt sich damit deutlich erhöhen.«
© VLSI Technology

Neue Fabs für dringend benötigte Halbleiter zu bauen, ist teuer und aufwändig. Um so wichtiger ist es, aus den bestehenden Anlagen das Maximum herauszuholen. Eine neue Technik verspricht nun signifikante Durchsatzsteigerungen.

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Wie lässt sich der Durchsatz und die Ausbeute in der Halbleiterfertigung deutlich erhöhen? Und zwar nicht um einige Prozent, sondern für bestimmte Maschinen auf einen Schlag gleich um 40 bis 60 Prozent? Gerade in Zeiten der Knappheit dürfte die Antwort auf diese Frage von allergrößtem Interesse sein.

Prakash Murthy, CEO, CTO und Gründer von Atonarp, hat eine Antwort: Ein ausgefeiltes Metrologiesystem auf Basis der Massenspektrometrie, die direkt in den Prozesskammern der heute üblichen Cluster-Tools stattfindet. Bis über zehn solcher Kammern können sich beispielsweise auf einer Plattform für das Aufbringen oder für das Ätzen bestimmter Schichten befinden, seien es leitende Materialien oder Dielektrika. Der Fachausdruck für die Vorort-Messung: In-situ-Metrologie.
Heute behelfen sich die Chip-Hersteller aber meist mit der sogenannten In-Line-Metrologie: Es wird nicht gemessen, was tatsächlich in jeder einzelnen Prozesskammer stattfindet. Vielmehr wird beispielsweise ermittelt, wie lange es dauert, bis ein bestimmter Prozess abgeschlossen ist. Nun werden diese Zeitdauern In-line überwacht – unter Einbezug der entsprechenden Sicherheitspuffer. Das ist nicht sehr effektiv und kostet Zeit.

»Wegen dieser vielen Unzulänglichkeiten haben wir ein auf der Massenspektroskopie basierendes Metrologiesystem von Grund auf neu entwickelt, das sich in situ einsetzen lässt«, sagt Prakash Murthy.

Das Ergebnis ist „Aston“. Der Name ist eine Reverenz an den Chemiker und Physiker Francis William Aston, der 1919 das Massenspektrometer erfunden hatte und 1922 mit dem Nobelpreis in Chemie ausgezeichnet wurde. Eine solche Namensgebung verpflichtet. Prakash Murthy ist überzeugt, die damit verbundenen hohen Erwartungen einlösen zu können: »Im Falle der Reinigung von Prozesskammern lässt sich damit die Zeit um nicht weniger als 80 Prozent reduzieren.« Der Durchsatz einzelner Maschinen – besonders solche für die Abscheidung – ließe sich mit Aston in bestimmten Fällen um über 40 Prozent steigern. »Selbst eine auf den ersten Blick geringe Verbesserung des Durchsatzes um 1 Prozent in einer Fab kann über das Jahr gerechnet zu Einsparungen von einigen 10 Millionen Dollar führen«, sagt Prakash Murthy. »Wir können dazu beitragen, die Knappheit zu besiegen!«

Denn bis die zusätzlichen Kapazitäten von neuen Fabs am Markt spürbar werden, vergehen zwei bis drei Jahre. Werden neue Linien in bestehenden Fabs aufgebaut, in denen freier Reinraum vorhanden ist, dann dauert es immer noch mindestens ein Jahr. Mit Aston würde sich schon nach einigen Wochen der Durchsatz spürbar verbessern.

Auch Risto Puhakka, President von VLSIresearch, ist überzeugt, dass Atonarp ein echter Durchbruch gelungen ist. »Es handelt sich wirklich um eine vollkommen neue Methode. Insbesondere der Durchsatz von komplexen Ätzprozessen, wie sie in der Fertigung von 3D-NAND-Speicher-ICs erforderlich sind, lässt sich deutlich erhöhen«, erklärte er im Interview gegenüber Markt&Technik. Wenn sich der Durchsatz von einer NAND-Fab um 10 Prozent erhöhen ließe, wäre dies bereits ein bedeutender Fortschritt. Für moderne Fabs sei das eine sehr attraktive Aussicht. Das Gleiche gelte für existierende Fabs, die für den nächsten Prozessknoten aufgerüstet werden sollen. Denn mit Aston können die existierenden Maschinen im Feld ohne Probleme nachgerüstet werden.

Prakash Murthy jedenfalls ist sich sicher, dass gute Geschäfte auf Atonarp warten: 26.000 Prozesskammern seien 2021 in Betrieb genommen worden, das entspräche für die Metrologie einem Umsatzpotenzial von 1 Mrd. Dollar. Weit über 100.000 Prozesskammern würden heute in den Fabs arbeiten, was einem weiteren Umsatzpotenzial bis 2024 von über 3 Mrd. Dollar entspräche. Im Moment zielt Atonarp vor allem auf den Einsatz in CVD- und Ätz-Prozessen ab. Sie wachsen derzeit pro Jahr um durchschnittlich 13 Prozent. 

Mehr zu den technischen Hintergründen des Ansatz von Atonarp erfahren Sie hier.


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