Interview: John East zu seinem Rückzug und zur Zukunft von Actel

»Wir dürfen niemals mit den Großen direkt in Wettbewerb treten«

23. August 2010, 13:24 Uhr | Iris Stroh
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»Wir dürfen niemals mit den Großen direkt in Wettbewerb treten«

Pasquale Pistorio hatte letztes Jahr erklärt, dass er gerne während der Krise am Ruder gewesen wäre, denn damals wären viele Schnäppchen möglich gewesen. In diesem Gespräch hatte er auch Kritik an der derzeitigen CEO-Generation verlauten lassen. Er bemängelte, dass viele CEOs heute nicht mehr den Mut hätten, sich gegen die Aktionäre durchzusetzen. In diesem Zusammenhang verwies er auf die MEMS. ST hatte sehr früh mit MEMS angefangen, noch zu einer Zeit, zu der vollkommen unklar war, ob dieses Produkt jemals von wirtschaftlichem Erfolg gekrönt sein wird. Auch damals waren die Investoren nicht begeistert von der Idee. Pistorio betonte, dass er die Entwicklung trotz großem Widerstand durchboxen konnte, und diese Bereitschaft würde heutigen CEOs oft fehlen. Sie wären oft mehr daran interessiert, die Aktionäre glücklich zu machen und den Shareholder-Value zu erhöhen als das Unternehmen zukunftssicher zu machen. Wobei die Frage ist, was zuerst da war: der Druck seitens der Investoren oder die CEOs, die von vornherein mehr an ihrer eigenen Karriere interessiert waren anstatt am Unternehmen?

Das sehe ich ähnlich wie Pistorio. Ich glaube, dass der Druck seitens der Aktionäre zuerst da war und zwar, weil immer mehr Aktionäre nur noch kurzfristige Interessen verfolgen. Wobei es den Unterschied zwischen Investor und Unternehmen aus der Sicht des Investors gar nicht gibt. Denn er sieht sich selbst als Teil des Unternehmens, er besitzt ja schließlich auch einen Teil. Das heißt: Wenn Entscheidungen für das Unternehmen gut sind, dann sind sie es auch für den Investor und umgekehrt.

Wenn die Investoren allerdings nur kurzfristige Interessen verfolgen, kann das zum echten Problem für die Unternehmen werden. Und aus meiner Sicht verfolgen viele Investoren heute nur noch kurzfristige Interessen.

Das ist auch ein Grund, warum viele Innovationen in Start-ups passieren und nicht in etablierten Unternehmen. Denn sie stehen noch nicht unter dem Druck der Investoren. Allerdings geht auch die Anzahl der Start-ups immer mehr zurück.

Wenn man allerdings unseren Ausflug in die SRAM-Technologie betrachtet, kann man wiederum die Argumente der Investoren verstehen. Denn damals wurden Investitionsentscheidungen gefällt, die auf der Erwartung beruhten, dass ein neuer Markt für Low-Cost-FPGAs auf SRAM-Basis entstehen wird. Der Markt ist ja auch entstanden, aber leider nicht für uns. Damit war das viele Geld, das wir in die Entwicklung dieser Produkte gesteckt haben, verloren.

Die mangelnde Bereitschaft in neue Märkte zu investieren, verträgt sich aber nicht mit den Aussagen über den zukünftigen CEO von Actel. Hieße das nicht, dass er Eigenschaften haben muss, die sowieso kein Investor akzeptieren wird?

Ja, es ist schon sehr trickreich, das stimmt schon. Aber dennoch glaube ich, dass dieser Ansatz - auf neue Märkte zu setzen - der einzig richtige für ein Unternehmen wie Actel ist.

Wenn Sie heute noch einmal jung wären, würden Sie wieder CEO eines Unternehmens werden wollen, auch unter den heutigen Bedingungen?

Ja, denn das liegt mir in den Genen. Ich wollte immer ein Geschäft führen und daran ändern auch die heutigen Gepflogenheiten nichts. Allerdings wäre es heute wohl nicht mehr so inspirierend und wohl auch nicht mehr so lustig wie früher.

Denn als ich 1968 bei Fairchild angefangen hatte, hat mehr oder minder die gesamte Halbleitergeschichte erst begonnen. Damals wurden beispielsweise Intel und auch National erst gegründet. Die Leute, die mich eingestellt hatten, waren kurz nach meinem Eintritt auch schon wieder weg. Damit habe ich sehr schnell viel Verantwortung übernommen. Das wäre so heute überhaupt nicht mehr denkbar.

Auf der heutigen Top-Ten-Liste der größten Halbleiterhersteller ist Texas Instruments das einzige Unternehmen, das vor 15 Jahren auch schon auf der Liste stand, alle anderen sind neu. Denken Sie, dass in den nächsten Jahren ähnlich große Veränderungen stattfinden werden?

Ich denke, die Liste der Top-Ten bestätigt meine Strategie. Denn es scheint doch so, dass die großen Erfolgsgeschichten von den Leuten geschrieben werden, die Dinge entwickelt haben, die es vorher noch nicht gab. Und nicht von denen, die auf einen bestehenden Markt setzen und hier versuchen, zu konkurrieren.

Daraus lässt sich ableiten, dass es in den bestehenden Märkten zu einer Konsolidierung kommen wird - davon bin ich fest überzeugt. Die Firmen, die heute die größten in diesem Bereich sind, werden dabei die Gewinner sein. Die kleineren Unternehmen werden entweder einfach vom Markt verschwinden oder von einem größeren aufgekauft.
Deshalb sage ich ja auch, dass der neue CEO von Actel sehr genau darauf achten muss, dass er nicht mit den großen Playern im Markt direkt konkurriert. Und das kann er nur, wenn er weiß, was in der Zukunft gefragt sein wird. Wenn Actel sein eigenes Ding macht und damit nicht direkt mit den großen Unternehmen konkurriert, dann wird es auch nicht von der Konsolidierung betroffen sein.

Neben der Konsolidierung und den damit noch stärker werdenden Big Playern werden aber auch noch die Erfolg haben, die es schaffen, vollkommen neue Märkte aufzutun. Ähnlich den Erfolgsgeschichten von Qualcomm oder Broadcom.

Glauben Sie, dass der Zeitpunkt, Actel zu verlassen, günstig ist?

Ich denke, das Timing ist geradezu perfekt. Ich wollte immer, dass sich das Unternehmen zum Zeitpunkt meines Rückzugs in einer Aufschwungphase befindet. Und das ist der Fall. Die Umsätze wachsen, die Aktienkurse sind ok und die Margen gehen nach oben. Darüber hinaus haben wichtige neue Produkte angekündigt, die den Erfolg des Unternehmens auch in Zukunft garantieren.


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