RFID – Taiwan bleibt auf Kurs

Neue Anwendungen setzen auf EPC-Gen-2-Technologie

21. Dezember 2010, 15:17 Uhr | Frank Riemenschneider

Die taiwanische Elektronikindustrie weist eine lange Historie bezüglich der Produktion von Nieder- und Hochfrequenz-RFID-Hardware (LF und HF) für Anwendungen wie Zutrittskontrolle und Besucher-Tracking auf. In den letzten Jahren haben die Firmen nun auch begonnen, Anwendungen und Produkte auf Basis von Höchstfrequenzen (UHF) zu entwickeln und viele arbeiten hart daran, auf dem Weltmarkt siginifikante Anbieter von RFID-Lösungen auf Basis den EPC-Gen-2-Protokolls für passive UHF-Hardware zu werden.

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Ein wichtiges Forschungszentrum für derartige Anwendungen stellt das ITRI (Industrial Technology Research Institute) dar, aus dem seinerzeit auch die heute weltgrößte Foundry TSMC als Spin-Off ausgegründet wurde. Das ITRI wird sowohl von der Regierung als auch aus der Industrie gesponsort und ist mit fast 6000 Mitarbeitern, davon über 1100 promovierte Wissenschaftler, eine der größten Forschungseinrichtungen der Welt. Hier wurden und werden zahlreiche Prototypen für RFID-Lösungen entwickelt und es werden Firmen unterstützt, diese wirtschaftlich nutzbar zu machen.

Während einer Tour der Elektronik durch Taiwan, bei der wir zahlreiche RFID-Firmen besucht haben, führten ITRI-Mitarbeiter einige der dort entwickelten Lösungen vor wie z.B. eine Zutrittskontrolle, die auf einem Tag gespeicherte Informationen mit einer Gesichtserkennungssoftware zuammenführt. Wenn ein Miarbeiter Zutritt haben möchte, ruft die Software eine Bilddatei des Gesichtes der Person ab, für welche die ID-Karte ausgestellt wurde und vergleicht sie mit einem aktuellen Foto, das bei jedem Zutritt der Person von einer Biometrie-Kamera aufgenommen wird. Stimmen bestimmte Merkmale aus Bilddatei und aktuellem Foto nicht überein, wird der Zutritt verweigert. Damit wird wirkungsvoll verhindert, dass sich unautorisierte Personen mit gestohlenen Ausweisen Zutritt verschaffen können.

Eine weitere Applikation vom ITRI erlaubt es Elektronikfertigern, ihre Produktionsprozesse dahingehend zu tracken, dass sie Informationen über den gesamten Lebenszyklus des Produktes erhalten. In der im ITRI-Lab gezeigten Anwendung wurde ein passives UHF-Gen-2-RFID-Tag auf eine Leiterplatte innerhalb eines Luftentfeuchters aufgebracht, Geräte, die durch Produktionsfehler schon manches Feuer bei den Verbrauchern erzeugt haben. Während der Fertigung nehmen RFID-Leser, die auf den Roboterarmen aufgebracht sind, die ID-Nummern von den Tags der Leiterplatte und anderen Einzelteilen auf. Eine spezielle Software stellt dann sicher, dass die richtigen Teile in der richtigen Reihenfolge zusammengebaut werden, was zu geringeren Ausfallraten und höherer Sicherheit beim Kunden führt.

Zu einem späteren Zeitpunkt sind die RFID-Tags nützlich bei Reparaturen und Rückgaben, aber auch beim Recycling eines Altgerätes. Desweiteren könnten die Hersteller tz.B. die Kohlendioxid-Emmissionen, die mit der Herstellung verbunden sind, tracken, indem jedem Einzelteil ein entsprechender Wert zugewiesen wird. Das ITRI sucht jetzt nach komerzeillen Partnern, um diese Tracking-Anwendung auf den Markt zu bringen.

Im Jahr 2007 wuchs Taiwans RFID-Industrie (Hardware, Software und Services) um 62 % auf rund 68 Mio. US-Dollar. Damit wuchs sie deutlich mehr als die RFID-Industrie in anderen Teilen der Welt und die taiwanischen Firmen hofften, dass sich dieses Wachstum fortführen würde. Im Jahr 2007 gab das Taiwan External Trade Development Council (TAITRA) bekannt, dass man für 2010 einen Umsatz von 374 Mio. Dollar anstreben würde. Diese Hoffungen erfüllten sich jedoch nicht, 2009 wurden 84 Mio. Dollar erreicht, wobei EPC-Gen-2-UFH-Tags und –Lesegeräte (860 bis 960 MHz) rund 25 % des Umsatzes ausmachten. HF-Lösungen (13,56 MHz) generierten 31 % des Umsatzes und LF-Lösungen (125 KHz bis 134 KHz) rund 20 %.

Für 2010 nimmt die TAITRA einen Umsatz von 93 Mio. Dollar an, 2014 sollen 143 Mio. Dollar erreicht werden. Auf der RFID-Messe in Taipei, die im Rahmen der Taitronics-Messe vom 11.-14.Oktober stattfand, hat die TAITRA jedoch nochmals die Rolle Taiwans im RFID-Geschäft hervorgehoben. Dort konnte man zwar meistens altbekannte Anwendungen wie Zutrittskontrolle sehen, allerdings verschoben sich die Lösungen im Vergleich zum Vorjahr mehr und mehr von den passiven Tags für kürzere Distanzen (in LF- oder HF-Technik realisiert) hin zu den UHF-EPC-Gen-2-Tags für längere Distanzen.

Favite, ein RFID-Hardware-Hersteller in Hsinchu, entwickelt und fertigt ein breites Portfolio an RFID-Chips, Tags und Lesegeräten, einschließlich eines EPC-Tag-Chips mit bis zu 128 kbit Speicher, laut Favite der größte und preisgünstigste auf dem Markt, der u.a. für die Gepäckverfolgung am Flughafen zum Einsatz kommen soll, wo eine einwandfreie Funktion bei einer Transportgeschwindigkeit von 3,6 m/s gewährleistet sein muss. Der FAVTAG 1 UHF genannte Chip soll als erster überhaupt diese Anforderung erfüllen.

Desweiteren produziert Favite auch PFID-basierte Fernbedienungen für Fernseher oder DVD-Spieler, die die traditionellen Infrarot-basierten geräte ablösen sollen. Der riesige Vorteil einer RFID-Lösung: Die Fernbedienung kommt ohne Batterie aus. Entweder wird der Chip durch ein 2-W-Wecksignal des Fernsehers aktiviert, es gibt aber auch eine Version mit einem Kondensator, der durch eine spezielle Halterung am Fernseher aufgeladen wird und den Chip für bis zu 2 Wochen mit Energie versorgen kann.

Auch andere taiwanische Firmen wie Getac und Champtek arbeiten an neuer RFID-Hardware und –Lösungen. Insofern dürfte Taiwan auch zukünftig ein wichtiger Spieler im RFID-Geschäft bleiben.

Die Firma Mintron zeigte einen Spurwechselassistenten, der interessanterweise auf einer DSP-Eigenentwicklung basiert. Durch Analyse der Geschwindigkeit des eigenen und des vorausfahrenden Fahrzeugs sowie des Abstandes wird der Fahrer durch eine Anzeige im Innenspiegel durch die Farben "Grün", "Gelb" und "Rot" auf die jeweilige Fahrsituation informiert, zudem wird auch die kalkulierte Zeit bis zu einem etwaigen Auffahrunfall kalkuliert.

Last but not least haben wir auch den Messgerätehersteller GWInstek besucht: Die wichtigste Neuvorstellung der Firma sind die digitalen Speicheroszilloskope der GDS-3000-Reihe. Mittels einer Split-Screen-Funktion können bis zu vier Eingangssignale gleichzeitig auf dem 8-Zoll-TFT-Display dargestellt werden. Eine „Virtual Persistance Oscilloscope“ genannte Technologie erlaubt die dreidimensionale Darstellung von Signalen – also Amplitude und Zeit – mittels verschiedener Graustufen.

Die Tartronics selbst konnte im Jahr 2010 rund 800 Aussteller auf 1600 Ständen versammeln. Das „Megathema“ war grüne Elektronik, wo Taiwan laut einer Studie des Schweizer Insitute for Management Development (IMD) immerhin ein sechster Platz bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit um grüne Technologie bescheinigt wird. Taiwans Industriegigant Tatung stellte in einem „Green Electronics Pavillion“ ihr breites Produktspektrum aus den bereichen Ernergieerzeugung, Energiemanagement und Energieeinsparung vor: von besonders kompakten Brennstoffzellen, LiFePO4-Akkuzellen bis hin zu einer kompletten Smart-Grid-Architektur inklusive einem modellhaften „Smart Energy-Saver-House“, die zusammen mit dem staatlichen Stromversorger Taipower realisiert werden soll.

Mit 40016 Besuchern, davon 3202 aus dem Ausland, wurden die Erwartungen allerdings nicht ganz erfüllt: 2009 waren es noch 50822 Besucher, davon 4042 aus dem Ausland.

Nichts destotrotz ist davon auszugehen, dass sich Taiwans Elektronikindustrie auch weiterhin in die Weltspitze halten wird – nicht nur wegen TSMC.

Taiwans Elektronikindustrie

2010 kamem mehr als 40.000 Besucher.
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Der berühmteste Spin-Off ist die Foundry TSMC.
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Diese Abteilung ist u.a. für RFID zuständig.
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