Hochspannungsregler brauchen doch aber wohl einen anderen Fertigungsprozess als MCUs?
Das ist richtig. Sie müssen die Schnittmengen finden, wo die Integration Sinn ergibt. Nehmen Sie das Medizingeschäft: Bei der Signalkonditionierung haben Sie ein analoges Frontend und eine MCU, was heute auf zwei ICs abgebildet wird. Da ergibt eine Integration absolut Sinn. Wenn unsere Allzweck-MCUs heute ansehen, werden ja viele immer noch in 130 oder 150 nm gefertigt, weil Sie bei einer Fertigung in 55 oder 40 nm in eine Pad-Limitierung laufen würden. Wir werden zukünftig aber auch Analog-Blöcke wie HF-Funktionen in 40 nm integrieren. Nachdem wir die ersten 6-8 Monate nach dem Kauf damit verbracht haben, die Organisationen zusammenzuführen haben wir mittlerweile auf Produktebene begonnen, wie beschrieben Synergien zu heben.
Wo werden Sie denn zukünftig fertigen lassen?
Intersil war ja fast fabless mit Ausnahme einer kleinen Fab in Palm Bay, Florida. Da wird zukünftig weiter gefertigt. Die zuvor angesprochenen integrierten Produkte werden wie viele andere zukünftig in Foundries wie TSMC gefertigt.
Was das Produktportfolio angeht, habe ich immer noch keine Überschneidungen gefunden…
(lacht) Wir zum Glück auch nicht. Renesas hatte begonnen, im Bereich der Batteriemanagementsysteme eigene Chips zu entwickeln, die Intersil bereits hatte. Daher hat Renesas die diesbezüglichen Entwicklungsaktivitäten eingestellt. Ansonsten mussten wir tatsächlich nirgends Produktlinien harmonisieren, weil sie komplett komplementär sind. Das ist ein großer Vorteil dieses Kaufes.
» Schrittweise werden Invesitionen in Richtung Industriegeschäft verschoben «
Intersil hat ja zahlreiche Nicht-Automotive und Nicht-Industrie-Kunden z.B. im Bereich der Computertechnologie. Renesas Strategie sind ja primär Automotive und Industrie. Werden die Intersil-Märkte auch zukünftig bedient und wird es auch zukünftig Produktentwicklungen dafür geben?
Wir werden auch zukünftig in alle Bereiche investieren, die von Intersil bedient wurden, denn wir haben differenzierende Technologien und generieren gute Margen. Schrittweise werden wir unsere Investitionen allerdings in Richtung Industriegeschäft verschieben, wo wir mehr Möglichkeiten zusammen mit den Renesas-Produkten haben.
Lassen uns abschließend nochmal auf das Thema Globalisierung bei Renesas zurückkommen. Woran konkret merkt man den Unterschied Renesas alt, d.h. mit weltweiten Vertretungen, die aus Japan gesteuert werden, und Renesas neu mit eigenverantwortlichen Geschäftseinheiten außerhalb Japans?
Nehmen Sie die Roadmap für neue Produkte. Renesas hatte schon immer exzellente Beziehungen zu seinen japanischen Kunden. Mit diesen wurden die Produkte definiert und dann in die anderen Regionen ausgerollt. Das funktioniert aber dann nicht, wenn die Innovation in anderen Teilen der Welt stattfindet – in den USA, in China oder in Europa. Um dort erfolgreich zu sein, müssen Sie genau dort von Tag 1 an mit den Kunden interagieren, statt die Produkte mit japanischen Kunden zu entwickeln. Das ist der größte Unterschied aus Sicht des Kunden. Renesas bindet Kunden in Regionen außerhalb von Japan viel früher in die Produktentwicklung ein.
Wird es auch Entwicklungsteams außerhalb Japans geben?
Ich denke nicht, dass es notwendig sein wird. Wir entwickeln hier Produkte für Kunden weltweit. Das wichtige ist, dass die Wünsche der Kunden berücksichtigt werden. Wo die Entwicklung tatsächlich stattfindet, ist egal.
Herr Dr. Sayiner, vielen Dank für das Gespräch und Ihre Zeit !
Dr. Necip Sayiner
studierte Elektrotechnik und Physik an der Bosporus Universität in Istanbul, wo er mit einem B.Sc. abschloß. Anschließend ging er in die USA, wo er für seinen M.S. in Elektrotechnik an der Southern Illinois University und für seinen Ph.D. in Elektrotechnik an der University of Pennsylvania weiterstudierte. Am 14. März 2013 wurde er Chief Executive Officer und President der Intersil Corporation, nach der Akquisition durch Renesas seit dem 24. Februar 2017 Executive Vice President der Renesas Electronics Corporation und seit dem 30. Juni 2017 Präsident der Renesas Electronics America Inc., wo er Ali Sebt nachfolgte, der das Unternehmen im März 2017 verließ. Dr. Sayiner war vom 14. September 2005 bis zum 18. April 2012 CEO und President von Silicon Laboratories Inc. Davor hatte er hatte verschiedene Führungspositionen bei Agere Systems inne. Von August 2004 bis September 2005 war er Vice President und General Manager der Agere Enterprise and Networking Division bei Agere Systems Inc. Von März 2002 bis August 2004 war er Vice President und General Manager der Networking IC Division bei Silicon Laboratories. Dr. Sayiner fungierte als Leiter der Unternehmens- und Netzwerkabteilung von Agere Systems Inc. Während seiner Zeit bei Agere bekleidete er auch mehrere leitende Positionen im Designmanagement in der Storage-Abteilung, wodurch seine Organisation eine führende Position in der Festplattenelektronik erlangte.