Es gibt einige Beispiele, die man dahingehend bewerten könnte, dass das Kinetis-Team erfolgreicher war. Dazu gehören beispielsweise MCUs für Motorsteuerungen. Hier erklärt Cosaro, dass Freescale dank seiner Nano-Edge-PWMs und seinem großen Software-Team für die Entwicklung von Motorsteueralgorithmen und Tools, erfolgreich den Markt adressieren konnte. Cosaro: »LPC verfügte nicht über ein entsprechend großes Team und erkannte, dass es in diesem Bereich nicht konkurrenzfähig ist und stoppte dementsprechend seine Anstrengungen im Bereich Motorsteuerung.« Ein weiteres Beispiel sind Freescale-Bausteine für den Smart-Metering-Markt, die mit Sigma-Delta-Wandlern und Software-Support aufwarten konnten. »Obwohl LPC einen Sigma-Delta-Wandler entwickelt hatte, hat das Team festgestellt, dass sie damit nicht konkurrieren konnten und deshalb wurde das Produkt nie gelauncht«, so Cosaro.
Es gibt noch ein paar mehr Beispiele, dennoch kontert Cosaro gelassen: »Bevor der Merger stattgefunden hat, beurteilten wir Kinetis so: Freescale entwickelt zwar komplexe Produkte, die aber in keinem einzigen Bereich andere Komponenten im Markt übertreffen konnten. Hinzu kam noch, dass Peripherals und Produkte nicht notwendigerweise kostenoptimiert oder auf niedrige Leistungsaufnahme getrimmt waren. Ergo: Wir hatten nie Angst vor Kinetis.«
Dann kam der Merger und eine der ersten Aktionen, die das neue Unternehmen unternommen hat, bestand darin, die zwei Software-Entwicklungs-Teams zusammenzubringen. Diese Teams begannen an einer Plattform zu arbeiten, die es den Kunden einfach macht, zwischen den beiden Produktspektren zu migrieren. Cosaro: »Jetzt können Entwickler viel einfacher von Kinetis zu einem der neueste LPC-Bausteine wechseln und umgekehrt. Und das Feedback im Markt dazu ist sehr positiv.«
Lees: »Wir werden mit LPC nicht die Strategie, die das Kinetis-Team mit seinen vertikalen Märkten verfolgt, duplizieren.« Vielmehr gehe es darum, dass sich LPC auch in Zukunft auf die Entwicklung von Produkten fokussiert, die auf eine Funktion optimiert sind. Dementsprechend geht es also nicht darum, jede denkbare Peripheral/Schaltung zu integrieren, sondern nur genau die, die notwendig sind.«
Aber wie werden die neuen LPC-Controller gegen die direkten Konkurrenten aus der Kinetis-Serie positioniert? Ist nicht gerade die Einsteigerfamilie KL0x deutlich erfolgreicher als LPC800? Hier verweist Lees darauf, dass man bei diesem Vergleich zunächst beachten müsse, dass NXP in den letzten Jahren nicht genügend in die Roadmap oder Förderung von LPC800 investiert hat. Lees: »Das hat sich im letzten Jahr geändert und jetzt ist LPC800 auf einem phänomenalen Wachstumspfad. Ende 2016 hatten wir über 1000 aktive Kunden. Wir haben bereits 25 Mio. Einheiten ausgeliefert, den Großteil davon 2016. Und das ist erst der Anfang.« Die Anwendungen, in denen die LPC800-MCUs eingesetzt werden, reichen von Fernbedienungen, Aufzugssteuerung, Home- und Gebäudeautomatisierung, Powerline-Kommunikation, LED-Steuerung, Spielzeug, Sensor-Edge-Knoten und vieles andere.
Und hinsichtlich der Cortex-M4-LPC-Familie sieht Lees sowieso keine Probleme. Denn diese Controller hätten in der breiten Masse von Cortex-M4-Mikrocontrollern viele konkurrierende Controller übertroffen. Lees: »Mit neuen integrierten Funktionen und verbesserten Peripherals sind wir sicher, dass die LPC5460x-Familie in naher Zukunft zu unserem Flaggschiff-Mikrocontroller wird. LPC5460x wird der Nachfolger unserer sehr erfolgreichen LPC1700-Familie.« Der Fokus bei dieser Familie liegt auf industriellen HMIs. Lees abschließend: »LPCs sind wie Arbeiter, sie erledigen ihren Job und stehen dabei nicht im Rampenlicht. Wir haben bereits über 1 Mrd. ARM-Controller ausgeliefert, worauf wir sehr stolz sind. Die früheren und heutigen Treiber hinter der LPC-Entwicklung lautet: eine Familie zu bauen, die einen Zweck erfüllt, Mehrwert schafft und ein Problem löst. Damit war es LPC möglich, auch in schwierigen Zeiten Erfolg zu haben.«