Low-Power für Smartphones

Intels Medfield-Plattform überrascht mit Top-Werten

18. Januar 2012, 16:10 Uhr | Frank Riemenschneider

Dass Intel Hochleistungsprozessoren für Server bauen kann, ist ja nicht neu – allerdings bezweifelten die meisten Experten, dass der Marktführer für x86-Prozessoren auch Energiesparchips für Handys bauen kann. Die bei der CES vorgestellte Medfield-Plattform unterbietet jedoch führende ARM-Designs und browst zudem schneller im Internet.

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Blockschaltbild der Intel-Referenzplattform Medfield für Smartphones.
Blockschaltbild der Intel-Referenzplattform Medfield für Smartphones.
© Intel/Elektronik

Auf der CES-Messe in Las Vegas stellte Intel ein neues in 32 nm gefertigtes System-on-Chip mit der Bezeichnung Penwell vor (Bild), das in Smartphones eingebaut warden soll. Zusammen mit zwei weiteren Chips bildet dieses SoC die Referenzplattform Medfield für Smartphones.

Der zweite Chip enthält Power-Management und USB-Controller, dazu kommt noch ein Modem-Chip, bei dem es sich um einen seinerzeit von Infineon Wireless entwickelten Chip mit der Bezeichnung IFX6260 HSPA+ handelt. Nach dem Kauf von Infineons Wireless-Bereich durch Intel wurde der Chip zu IMC6260 bzw. XMM6260 umbenannt.

Die Hersteller Lenovo und Motorola haben entsprechende Medfield-Geräte noch für 2012 angekündigt: Das K800 von Lenovo soll noch im ersten Halbjahr in China eingeführt werden, Motorola-Geräte werden erst im 2. Halbjahr vorgestellt, ob es sich nur um Smartphones oder auch um Tablets handeln wird, ließen Intel-Manager offen.

Das SoC Penwell mit der offiziellen Bezeichnung Atom Z2460 enthält einen Atom-Single-Core-Prozessor (Saltwell), der mit 1,6 GHz getaktet wird. Laut Intel nimmt das SoC in Vollast rund 750 mW auf, was erheblich unter den Werten liegt, die viele Experten erwartet haben.

Neben dem Atom-Core enthält das SoC noch 512 KB Level-2-Cache, den mit 400 MHz getakteten Grafik-Prozessor PowerVR SGX540, den Intel wie viele Lizenznehmer von ARM auch von Imagination Technologies lizensiert hat, sowie die Video-Prozessoren VDE285 und VDX385 ebenfalls von Imagination Technologies. Diese erlauben Encoding und Decoding in jeweils 1080p HD-Auflösung mit 30 Bildern pro Sekunde.

Penwell ist ausschließlich als PoP (package on Package) erhältlich, welches 12x12 mm groß ist. Daraus kann man berechnen, dass der Chip selbst rund 62 mm2 groß sein dürfte. Er ist damit größer als ein Tegra-2 von Nvidia, aber kleiner als der Tegra-3 und Apples A5-Chip.

Die Frage, wie es Intel geschafft hat, die Leistungsaufnahme so drastisch zu senken, hat mehrere Antworten. Zum einen wurde der Core vom Design so modifiziert, daß er eine geringere Versorungsspannung benötigt als zuvor. Gleiches gilt für den L2-Cache. Der 32-nm-Prozess wurde speziell für Penwell und für Low-Power-Operationen gestaltet. Intel wollte die exakten Spannungen nicht herausgeben.

Desweiteren wurden diverse Betriebsmodi mit unterschiedlichen Taktfrequenzen definiert, etwas, was andere Hersteller als Skalierung der Taktfrequenzen bezeichnen. In Tabelle 1 sind die möglichen Betriebspunkte dargestellt.

Taktfrequenz
Leistungsaufnahme
 1,6 GHz
 750 mW
 1,3 GHz  500 mW
 600 MHz  175 mW
 100 MHz  50 mW
 Kein Takt
  1 bis 18 mW

Tabelle 1: Leistungsaufnahme des Penwell-SoCs. Die Meßwerte wurden bei einer Sperrschicht-Temperatur von 70 °C und Volllast gemessen. Wenn der Core abgeschaltet ist, bleibt der Inhalt des SRAMs erhalten. Die Aufwachzeit des Cores beträgt weniger als 100 µs.


Penwell unterstützt zwei Kameras, eine mit 8 bis 24 MPixel und eine zweite mit 2 MPixel Auflösung. Die erste Kamera kann bei 8 MPixel in einem sogenannten Burst-Modus 15 Bilder pro Sekunde aufnehmen und 10 Bilder speichern. Diese Funktion wird von einem Image-Prozessor der Firma Silicon Hive unterstützt, die von Intel im Februar 2011 gekauft wurde.

Lange werden Intels Kunden keine Freude an Medfield haben, den schon 2013 wird es ein neues SoC in 22-nm-Technolgie und 2014 ein weiteres in 14-nm geben. Ob e seine Dual-Core-Version geben wird, verrieten die Intel-Manager nicht, der Chef von Intels Mobile-Wireless-Gruppe, David Bell, sagte, dass Intels Single-Core-Lösung mindestens genauso gut sei wie Dual-Core-Lösungen der Konkurrenz.

Medfield ist schnell und sparsam

Die Meßergebnisse von Medfield sind in der Tat überraschend. Die Leistungsaufnahme ist bei gleicher Display-Helligkeit in vielen Fällen kleiner als die von Apples iPhone 4S und Samsungs Galaxy S II (Tabelle 2).

  Standby-Betrieb (3 G)
Telefonieren (3 G)
 Web-Browsing (3 G)
Video-Wiedergabe in 720 p
Apple iPhone 4S 38 mW 800 mW 1,3 W 500 mW
Intel Medfield
18 mW
700 mW
1,0 W
850 mW
Smasung Galaxy II
19 mW
675 mW
1,2 W
650 mW

Tabelle 2: Leistungsaufnahme von unterschiedlichen Smartphone-Plattformen in verschiedenen Betriebszuständen (Quelle: Intel).


Noch überraschender ist, dass die ARM-basierten Dual-Core-Prozessoren beim Web-Browsen geschlagen werden. Der SunSpider-Benchmark (misst die Javascript-Verarbeitung) und auch der BrowserMark zeigen teilweise deutlichen Vorsprung zu aktuellen High-End-Smartphones (Tabelle 3).

Beim Caffeinemark-Benchmark schlägt Medfield Tegra-2, Qualcomms MSM8260, Tis OMAP4 und Samsungs Exynos (Tabelle 4). Lediglich Nvidias neuer Penta-Core-Prozessor Tegra-3 erreicht fast die Werte von Intels Referenzdesign.

Die Frage ist, wie sehr können Applikationen zukünftig die Multicore-Architekturen wie vom Tegra-3 ausnutzen. Sollte dies gelingen, werden die entsprechenden Geräte Intels Lösung klar schlagen – gleiches gilt allerdings auch für ARM-basierte SoCs mit Cortex-A15-Cores, wie sie Qualcomm (“Krait”) und TI (OMAP 5) bereits angekündigt haben. Intel wird dann mit noch kleineren Prozessgeometrien kontern – das Hase- und Igel-Spiel dürfte noch einige Jahre weitergehen.

  SunSpider-Benchmark im ms (kleine Werte sind besser)
BrowserMark-Benchmark  (größere Werte sind besser)
Intel Medfield 1.331,5 116.425
Samsung Galaxy Nexus 1.988,1 97.381
Motorola Droid RAZR 2.056,4 82.016
Apple iPhone 4S 2.250 87.841
Samsung Galaxy II
3.727,4
55.144
Motorola Droid X2
3.865
49.977

Tabelle 3: Vergleich der Benchmarks SunSpider (misst Geschwindigkeit bei der JavaScript-Ausführung)und BrowserMark (misst Zeiten beim Aufbau von Webseiten).


Chip
TaktfrequenzAnzahl Cores/ThreadsCore CaffeineMark-Benchmark (höhere Werte sind besser)
 Intel Medfield
1,6 GHz 1/2 Intel Atom 10.500
Nvidia Tegra-3 1,3 GHz 4/4 + 1 Energiespar-Core ARM Cortex-A9 10.399
TI OMAP 4 1,2 GHz 2/2 ARM Cortex-A9 9.400
Samsung Exynos 1,2 GHz 2/2 ARM Cortex-A9 8.500
Qualcomm Snapdragon MSM8260 1,2 GHz 2/2 Scorpion (ARMv/-basiert) 8.000
 Nvidia Tegra-2
1,0 GHz 2/2 ARM Cortex-A9 7.500

Tabelle 4: Beim CaffeinMark-Benchmark, der die Geschwindigkeit von java-basierender Software misst, schlägt Intels Medfield die gesamte heute in Smartphones verbaute Konkurrenz, die auf ARM-Cores aufsetzt.



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