»Infineon ist im Kern gesund«

6. April 2009, 10:07 Uhr | Frank Riemenschneider, Elektronik
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»Infineon ist im Kern gesund«

Ich habe aber nicht den Eindruck, dass diese Problematik schon in der Öffentlichkeit erkannt wurde… Vielleicht haben Sie in den guten Zeiten nicht genug in Lobbyismus investiert? Die Pharma- oder Chemieindustrie dagegen hat Leute an ihrer Spitze, die in Berlin und Brüssel politisch super vernetzt sind…

Es gibt zwei Aspekte: Die Halbleiterbranche ist nicht so groß, repräsentiert nicht so viele Arbeitsplätze. Da ist es naturgemäß schwieriger, sich Gehör zu verschaffen. Natürlich könnte man die Aktivitäten der Verbände bündeln. Im Zentrum steht jedoch stets die Investitionsförderung. Wir können zwar nicht morgen 2000 oder 3000 Mitarbeiter einstellen.

Gleichwohl brauchen wir Geld für Forschung und Entwicklung. Wir werden in Europa sicher kein Test & Assembly oder eine 300-mm/65-nm-Fab auf die grüne Wiese stellen; damit haben wir gegenüber anderen Branchen einen eklatanten Nachteil. Aber wir müssen uns für die Erhaltung der Werke als Kompetenzzentren auch für die Produktentwicklung einsetzen. Gehen diese Werke in Europa verloren, wandern auch Entwicklung, Prozesstechnologie und Produkt-Engineering ab. Förderung beeinflusst, welche Produktlinien und Industrien im Land ge- und erhalten werden.

Es wurde ja seit Jahren bei Infineon umstrukturiert, kann man nun sagen, dass man jetzt so fit ist, dass man die alten Fehler vermeiden kann?

Hätte sich der Markt so weiterentwickelt, wie wir das noch Anfang 2008 erwartet haben, hätten wir sicher unsere 10 Prozent EBIT erreicht - keine große, aber erst einmal eine auskömmliche Rendite. Betrachten wir nun die Zyklen des Geschäfts, sehen wir, eigentlich sind 15 Prozent EBIT Marge notwendig, um in Zeiten des Abschwungs genug Luft zum Atmen zu haben.

Dies wird uns gelingen durch eine Abstimmung unseres Portfolios auf die Fertigungsinfrastruktur, mehr Foundry-Nutzung in High-End-Bereichen und die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen Analog/Mixed-Signal, RF, Leistungselektronik und Embedded-Control.

Aufgrund der Krise wird es sicher noch zwei Jahre dauern, bis wir an diesen Wert herankommen. Deswegen optimieren wir die Organisation weiter: Jetzt müssen Fixkosten gesenkt und das Geld zusammengehalten werden. Man wird auch temporär Abstriche an  Innovationen machen müssen. Wir konzentrieren uns also in erster Linie auf unsere Kernprodukte. Grundsätzlich haben wir in unseren Kerngeschäften die Weichen richtig und rechtzeitig für ein ertragreiches und nachhaltiges operierendes Unternehmen gestellt.

2010 müssen Sie ja Ihre Anleihen ablösen, wo wollen Sie frisches Geld her bekommen?

Ich baue nach wie vor auf zwei mögliche Bereiche: Banken und Finanzinvestoren. Jeder weiß, dass wir aktuell durch die Krise beeinträchtigt, aber im Kern gesund sind. Insofern gehe ich davon aus, dass die Gespräche mit unseren Finanzpartnern erfolgreich sein werden.

Ist Infineon ein besonderes Unternehmen, weil der Aufsichtsratsvorsitzende offenbar eine sehr starke Rolle inne hat?

Herr Kley nimmt eine ganz normale Rolle ein. Die Gespräche, die ich mit ihm führe, sind eines Aufsichtsratsvorsitzenden angemessen. Der Aufsichtsrat erfüllt seine Pflichten und das Verhältnis zwischen diesem Gremium und Vorstand ist sehr gut. Der Vorsitzende und der gesamte Aufsichtsrat unterstützen meinen Kurs – und den meiner Vorstandskollegen.

Herr Bauer, Sie sind - im Gegensatz zu Ihren Vorgängern - Vorstandsprecher und nicht Vorstandsvorsitzender. In der Presse, ganz besonders im hierarchisch geprägten Asien, hat dies ja zu großen Irritationen geführt. Als Herr Kley auf Sie zukam, um Nachfolger von Herrn Ziebart zu werden, hätten Sie doch sagen können, ich will nicht Vorstandssprecher werden, sondern - wenn schon - dann will ich Vorstandsvorsitzender werden. Wieso haben Sie nicht darauf bestanden?

Ich habe kein Durchsetzungsproblem in der Firma, egal wie der Titel lautet. Ich bin lange im Geschäft, kenne die Branche und die Technologien und die Leute vertrauen mir. Die anfängliche Diskussion in den Medien hat sich aufgrund der Fakten inzwischen erledigt. Im Haus ist das sowieso kein Thema.


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