Peter Bauer, Vorstandssprecher von Infineon, gibt im Interview ungewohnt offen Einblick in seine Gedanken – von der Unternehmensstrategie über die Insolvenz der Speichertochter Qimonda bis hin zum umstrittenen Aufsichtsrat.
Zur Zeit gibt es sicher einfachere Jobs als den eines CEO bei Infineon. Die Schlagzeilen waren in den letzten Monaten durch die Insolvenz der Speichertochter Qimonda, die Finanzkrise, einen desaströsen Aktienkurs, eine turbulente Hauptversammlung und durch Kurzarbeit bestimmt. Im Gespräch mit Elektronik-Redakteur Frank Riemenschneider spricht Peter Bauer ungewohnt offen über sein Unternehmen.
Herr Bauer, wie wollen Sie Infineon positionieren und die Stärken ausbauen? Kann das Unternehmen selbstständig am Markt überleben?
Peter Bauer: Infineon ist in seinen Kerngeschäften gesund und hat jede Chance, in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise zu bestehen. Unser Krisenmanagement ist erfolgreich, wir sehen zarte Marktimpulse im laufenden Frühjahr und sind in vielversprechenden Zukunftsmärkten strategisch richtig aufgestellt. Sicher wäre es vorteilhaft, wenn wir uns in bestimmten Segmenten verstärken könnten. Allerdings ist die Zeit nicht besonders günstig auf Partnersuche zu gehen.
In den vergangenen Jahren haben wir uns auf unsere Kernthemen Energieeffizienz, Kommunikation und Sicherheit fokussiert. Wir pushen weiter die Industrie- sowie die diskrete und integrierte Leistungselektronik. Hier verzeichnen wir das größte Wachstum - über 20 Prozent in den vergangenen zwei Jahren. Bei Wireless und Wireline sehen wir erhebliche Chancen in der Krise. Nach der Konsolidierung gibt es dort nur noch zwei bis drei Komplettanbieter, das Blatt für Infineon hat sich gewendet.
Die Krise hat Ihnen also geholfen?
In den Bereichen drahtgebundene und drahtlose Kommunikation werden wir gestärkt aus der Krise hervorgehen. Wir sind in unseren Segmenten hinsichtlich Konsumer- und langfristigem Geschäft gut ausbalanciert.
Glauben Sie denn, allein erfolgreich weitermachen zu können?
Ja. In unseren Märkten gehören wir zu den führenden Halbleiterunternehmen. Wir haben genug kritische Masse in allen Segmenten. Qualcomm gibt zwar in Summe mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus, wir verfügen im Vergleich dazu allerdings über ein kleineres, zielgerichteteres Portfolio im Kommunikationsbereich. In diesen Segmenten investieren wir deshalb genauso viel wie unsere Wettbewerber.
Ich habe den Eindruck, dass die Politik weder bei der Erreichung von Klimazielen die Abhängigkeit von Halbleitern noch die Abhängigkeit der Autoindustrie von der Innovationskraft der Halbleiter-Hersteller begriffen hat…
Dass dieser Eindruck entsteht ist teilweise nachvollziehbar..Aber man muss auch gerecht sein. Wir haben immer stark von den ausgelobten Forschungsgeldern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) profitiert. Trotzdem ist die Attraktivität unserer Branche in der öffentlichen Wahrnehmung zurückgegangen im Gegensatz zu beispielsweise Bio- und Solartechnik. Jede Krise ist aber auch eine Chance; das schlechte Marktumfeld kann ein Katalysator für mehr Engagement zu halbleiterbasierten Lösungen sein.
Jetzt, da es vielen Herstellern schlecht geht, sieht die Autoindustrie, wie wichtig die Innovationskraft der Halbleiter-Hersteller ist. Dass in den USA die Kooperation zu den Halbleiter-Herstellern nicht so gepflegt wurde wie in Europa, ist sicher ein Wettbewerbsvorteil der europäischen Autoindustrie. Und nun wird diese Industrie hellhörig und macht sich Gedanken darüber, was passiert, wenn die Halbleiter-Hersteller nicht mehr liefern können.