Neben Apple und Microsoft

Android – die dritte Kraft

8. Dezember 2010, 16:14 Uhr | Joachim Kroll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Weder Android noch iPhone noch Windows

SSV Embedded aus Hannover entwirft und fertigt u.a. ARM-Module und Bedienterminals auf Linux-Basis und ist damit ebenfalls eine Firma, die an Android „nah dran“ ist. Business Development Manager Klaus-D. Walter ist grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber Android und gibt zu bedenken, dass der Begriff „industrielle Anwendung“ keine klare Definition hat. „Im Bereich der Prozessindustrie, wo man mit Helm und Schutzkleidung durch eine Anlage geht, werden Sie Android sicher nicht antreffen“, sagt Walter, „aber es gibt viele Bereiche, die weder rein industriell noch eine reine Heimanwendung sind, z.B. in der Gebäudeautomatisierung.

Für den Facility-Manager eines IKEA-Marktes wird schon heute alltäglich sein, Warnmeldungen aus der Heiz- oder Klimazentrale per SMS auf sein Handy zu bekommen. Da gehört nicht viel Fantasie dazu, sich diese Meldungen auf einem Smartphone vorzustellen, nur dass hier gleichzeitig auch noch visualisiert und bedient werden kann.

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iPhone Gateway
Bild 3. Das „iPhone Gateway“ von SSV ist ll ein Geräteserver, der für ein Smartphone ein Benutzerinterface zur Verfügung stellt – nicht nur für das iPhone, denn die Oberfläche kann in jedem Webbrowser angezeigt werden.
© SSV Embedded

Durch den Boom bei der energetischen Sanierung vieler Gebäude werden solche Techniken auch in Privathaushalte Einzug halten und den Zugriff auf Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen oder Smart Metering erlauben.“ Dafür hat SSV auch schon eine Anwendung prototypisch entworfen: Auf einem DIL/NetPC mit ARM9-Kern läuft ein Geräteserver mit Smartphone- Gateway (Bild 3).

Das Computermodul stellt für das Smartphone ein Benutzerinterface zur Verfügung, das einen Heizkessel und Solarthermiemodule visualisiert und bei entsprechender Berechtigung auch Konfigurationsänderungen erlaubt. SSV demonstriert das Benutzerinterface auf einem iPhone. Der SSV-Prototyp ist aber nicht auf das iPhone beschränkt.

Klaus-D. Walter: „Es gibt jede Menge Smartphones und demnächst vielleicht noch viel mehr Webtablets. Und jeder Marktteilnehmer, ganz gleich ob z.B. Apple, Android oder Blackberry, sagt dem Entwickler: ‚Du musst für mich eine spezielle App schreiben.‘ Das kann kein Entwickler leisten. Bei Apple kommt noch dazu, dass ein intransparenter und merkwürdiger Zulassungsprozess vor der Veröffentlichung der App steht. Wir verfolgen deshalb den Ansatz, die Oberflächen webbasiert darzustellen. Das kann jedes Endgerät in einem Browser darstellen und man ist nicht an eine bestimmte Plattform gebunden.“

Damit umgeht SSV geschickt das Dilemma, dass Smartphones und industrielle oder semi-industrielle Anlagen völlig unterschiedliche Innovationszyklen haben. Im Telefonmarkt sind zwei Jahre eine lange Zeit. In zwei Jahren werden die Smartphones sicherlich höhere Bildschirmauflösungen haben als heute, und wer weiß, wie sich Web-Tablets bis dahin entwickelt haben.

Relevant für die Industrie?

Wie relevant ist Android also für die Industrie? Auch wenn Android gegenwärtig den höchsten Marktanteil unter den Smartphones hat, muss man darauf gefasst sein, dass sich das Blatt binnen weniger Jahre wenden kann. Microsofts Windows Phone ist derzeit eine Randerscheinung, aber Anfang 2011 erscheint eine neue Version von Windows Embedded Compact, die möglicherweise zu gesteigerter Akzeptanz führen könnte. Und wer weiß, wie Intel und Nokia ihre MeeGo-Plattform weiterentwickeln, die auf die Intel-Atom-Prozessoren abgestimmt ist.

Überhaupt ist damit zu rechnen, dass auf Hardware-Seite die Atom-Prozessoren weiter „nach unten“ (stromsparender) und die ARM-Prozessoren weiter „nach oben“ (leistungsfähiger) entwickelt werden und die Berührungspunkte im Wettbewerb zunehmen werden – es bleibt also spannend.

Im Moment steuert der Android- Hype auf einen Höhepunkt zu, getrieben von einer mächtigen Marketing- Maschinerie von Google und ARM. Das führt zu vielen Veröffentlichungen, Seminaren und zu einer großen Zahl von Entwicklern, die sich Android-Know-how aneignen. Diese Entwicklergemeinde kann man adressieren, wenn man Geräte oder Software mit Android-Unterstützung anbietet – auch wenn ein anderes Betriebssystem dieselbe Aufgabe genauso gut erfüllen würde.

Klaus-D. Walter von SSV bringt Ideologie und Kommerz wohl recht gut unter einen Hut, wenn er sagt: „Man kann bestimmte Produkte einfacher verkaufen, wenn man sich bestimmten Strömungen anschließt.“


  1. Android – die dritte Kraft
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  3. Was sagen die Linux-Dienstleister?
  4. Weder Android noch iPhone noch Windows

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