Immer mehr Rechenleistung hält in Embedded Systemen auch mit kleinem Formfaktor Einzug: Moderne Mehrkern-Mikroprozessoren und schnelle Bussysteme machen es möglich. Der Preis für die neuen Möglichkeiten ist jedoch steigende Verlustleistung und damit verbunden der Bedarf an ausgefeilten Kühlungsverfahren.
Von 32 nm auf 22 nm sank die Strukturgröße zwischen der zweiten und der neuen dritten Generation von Intels »Core«-Prozessoren. Des Weiteren wird diese unter dem Codenamen »Ivy Bridge« bekannte Serie von Rechenknechten in einer neuartigen Technik mit 3D-Tri-Gate-Transistoren gefertigt. Dadurch schrumpfte nicht nur die Chipgröße, auch die Leistungseffizienz stieg um bis zu 25%.
Die integrierte »HD4000«-Grafik bietet mit ihren nunmehr 16 statt bisher 12 parallelen Recheneinheiten rund 40% mehr Rechenleistung und unterstützt jetzt bis zu drei voneinander unabhängige HD-Displays. Mit der Leistung des aktuellen Quadcore-Topmodells »Core i7-3615QE« bei einem Systemtakt von 2,3 GHz im Normalbetrieb und bis zu 3,3 GHz im Turbomodus nebst einer gegenüber dem Vorgängermodell der zweiten Generation unveränderten TDP (Thermal Design Power) von 45 W lotet der Chiphersteller die Grenzen von Embedded-Prozessoren aus.
Beim praktischen Einsatz in einem Embedded System bedeutsamer ist es jedoch, dass mit dem »i7-3612QE« erstmals ein Hochleistungs-Quadcore-Prozessor angeboten wird, der trotz seines Systemtakts von 2,1 GHz (im Turbomodus bis zu 3,1 GHz) mit 35 W TDP klassifiziert ist.
Bis zu dieser Grenze lässt sich das System mithilfe eines geeigneten thermischen Interfaces gerade eben noch mit vertretbarem Aufwand passiv kühlen. Somit ist jetzt für viele Anwendungen in Medizin-, Verkehrs- und Militärtechnik erstmals ein Einsatz von Quadcore-Prozessoren möglich, da für viele Anwendungen mit erhöhten Anforderungen wie Zuverlässigkeit, Schutzklasse oder Erschütterungsfestigkeit ein lüfterloser Einsatz unabdingbare Voraussetzung ist.
Eine weitere Verbesserung gegenüber den Vorgängermodellen ist die nun deutlich größere Spannweite des Turbo-Boosts, der je nach Modell Takterhöhungen von bis zu 50% ermöglicht. Bei vielen Anwendungen, die nicht ständig höchste Leistung abrufen, lassen sich daher Prozessoren mit geringerem Grundtakt und damit auch niedrigerem Stromverbrauch einsetzen. Darüber hinaus sind auf dem Chip integrierter USB 3.0 sowie die Unterstützung von PCIe 3.0, insbesondere als PEG 3.0 (PCI Express Graphics) neu hinzugekommen.
Diese aktuellen Intel-Prozessoren finden bereits auf den neuen Embedded-Computer-Modulen von Congatec Verwendung. Mit seinem Pin-Out vom Typ 6 unterstützt das neue COM »conga-TS77« (Bild 1) die Vorzüge der HD4000-Grafik mit ihren erweiterten digitalen Display-Schnittstellen, die erhöhten Bandbreiten von USB 3.0 und PCIe 3.0 sowie bis zu sieben PCI-Express-Lanes plus PEG (Bild 2).
Problembereich Kühlung
Um wirklich die ganze Leistung nutzen zu können, ist zu beachten, dass die im Vergleich zum Vorgängermodell wesentlich verkleinerte Chipfläche der neuen Prozessorgeneration auch zu einer höheren Wärmedichte und damit zu ausgeprägten Hot-Spots an den Gehäuse-oberflächen führt. Dies erfordert eine ausgefeilte Kühltechnik, damit die Turbofunktion nicht durch lokale Überhitzung ausgebremst wird.
Für nicht so leistungshungrige Anforderungen und Low-End-Kühllösungen bietet Intel ein TDP-Management an, mit dem sich die Leistungsaufnahme entsprechend der vorhandenen Kühlmöglichkeiten zusätzlich begrenzen lässt. Im Falle des COM-Express-Moduls setzt Congatec auf ein Kühlkonzept mit Cooling-Pipes (Bild 3), das in den standardisierten Heatspreader der COM-Express-Spezifikation integriert ist. Durch das verbesserte Kühlkonzept ergibt sich eine niedrigere Prozessortemperatur, die maßgeblich ist für eine häufigere Aktivierung der »Turbo Boost 2«-Technik, um die maximale Leistung und Energieeffizienz der COMs zu erzielen.
Der Prozessor kann somit auf einem höheren Niveau arbeiten, als durch die maximal zulässige Verlustleistung TDP vorgegeben ist. Auf diese Weise entfällt die Gap-filler-Schicht, außerdem vereinfacht das Heatpipe-Prinzip kundenspezifische Kühlkonzepte. Gleichzeitig wird weniger mechanischer Stress ausgeübt, wobei auch sehr lokalisierte Hitze rasch abtransportiert wird. Das erhöht nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern verlängert auch die Lebensdauer des Moduls.
Das Heatpipe-Kühlkonzept von Congatec steht in verschiedenen Varianten zur Verfügung, und zwar als passive, aktive und kundenspezifische Lösung. Beispielsweise lässt sich die Heatpipe so gestalten, dass sie an kundenspezifische Kühlkörper angeschlossen werden kann. Zusammen mit entsprechend dimensionierten Kühlrippenoberflächen am Gehäuse sind lüfterlose Designs möglich. Die jeweilige Ausgestaltung hängt letztlich von der Anwendung ab. Die wesentlichen Merkmale des Konzepts lassen sich genauso bei anderen elektronischen Schaltungen einsetzen.
Die neue Kühllösung empfiehlt sich auch schon bei geringeren Verlustleistungen. Die Module bekommen eine größere thermische Reserve, wodurch Lebensdauer und Zuverlässigkeit steigen. Eine durchschnittliche Temperaturreduzierung von nur 5 K bis 10 K kann die Lebensdauer statistisch gesehen verdoppeln - ein durchaus überzeugendes Argument, wenn man die Gesamtkosten über die Lebensdauer eines Systems betrachtet. Das auf der Heatpipe-Technik basierende Kühlmodul »conga-TS77-cooling« ist als Luftkühler- oder Heatspreader-Version verfügbar.
Board mit Variationen
Das COM-Express-Modul kann mit den genannten neuen Quadcores »i7-3612QE« (4 x 2,1 GHz, 6 MByte L2-Cache, TDP 35 W) und »i7-3615QE« (4 x 2,3 GHz, 6 MByte L2-Cache, TDP 45 W) sowie mit diversen i3-, i5- und i7-Dualcore-Prozessoren bestückt werden. Das Modul weist darüber hinaus native USB-3.0-Unterstützung auf und verfügt über bis zu 16 GByte schnellen Dual-Channel-DDR3-Speicher (1600 MHz). Die integrierte HD4000-Grafik unterstützt das »Flexible Display Interface« (FDI), DirectX 11, OpenGL 3.1, OpenCL 1.1 sowie eine leistungsfähige MPEG-2-Hardware-Dekodierung. So kann sie auch mehrfach hochauflösende Full-HD-Videos parallel dekodieren.
Neben VGA und LVDS verfügt das Board über drei digitale Display-Schnittstellen, die jeweils für DisplayPort (DP), HDMI oder DVI ausgeführt werden können. Dadurch lassen sich beispielsweise bei Anwendungen der Medizin-, Automatisierungs- und auch Gaming-Industrie maximal drei voneinander unabhängige Displays unterstützen. Die native USB-3.0-Unterstützung des Moduls kann die Datenübertragung deutlich beschleunigen, den Stromverbrauch senken und gleichzeitiges Senden und Empfangen von Daten ermöglichen.
Insgesamt stehen acht USB-Ports bereit, von denen drei die Betriebsart »Superspeed« unterstützen. Sieben PCI-Express-2.0-Lanes, PEG-3.0-x16-Lanes für hoch leistungsfähige externe Grafikkarten, vier SATA-Schnittstellen mit bis zu 6 GBit/s und RAID-Unterstützung sowie jeweils eine EIDE- und eine Gigabit-Ethernet-Schnittstelle ermöglichen flexible Systemerweiterungen.
Lüfterkontrolle, LPC-Bus für die einfache Anbindung von Legacy-I/O-Schnitt-stellen und das High-Definition-Audio-Interface von Intel runden das Funk-tions-set ab. Zum schnellen Testen der neuen Funktionen mit bestehenden Applikationen bietet Congatec ein passendes Evaluation-Carrier-Board (Bild 4) mit COM-Express-Type-6-Pinout an.
Über den Autor:
Martin Danzer ist Produktmanager bei Congatec.