Evolution bei Computer-on-Modules

Applikationsfertig auf einem neuen Level

12. Juni 2024, 9:30 Uhr | Tim Henrichs, Congatec
Bislang galten COM- und Carrier-Bundles als applikationsfertig, wenn ein Betriebssystem installiert werden konnte
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Themen wie KI, Edge/IIoT, Cybersecurity und Virtualisierung erhöhen die Komplexität von Embedded- und Edge-Computing-Lösungen. Applikationsfertige Computer-on-Modules helfen OEMs, diese Herausforderung zu meistern. Doch was heißt applikationsfertig?

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Computer-on-Modules sind im Embedded und Edge Computing die am weitesten verbreitete Produktkategorie auf Board-Level, noch vor Motherboards, obwohl sie für den realen Systemeinsatz immer noch ein Carrier Board benötigen. OEMs von Geräten, Maschinen und Anlagen sowie von Robotern und autonomen Fahrzeugen können mit der fixen Anordnung und Positionierung des externen I/O-Shields zumeist wenig anfangen. Computer-on-Modules bilden daher seit vielen Jahren die Grundlage für industrielle Systemdesigns. Dies vor allem aus zwei Gründen:

➔ Zum Ersten, weil die Integration eines standardisierten Computer-on-Modules auf einem applikationsspezifischen Carrier wesentlich einfacher ist als die eines Prozessors auf einem Full-Custom-Design.
➔ Zum Zweiten sind Module über Prozessorsockel und Hersteller hinaus skalierbar. Es muss bei jedem Update also nicht das Rad neu erfunden werden. Vielmehr amortisiert sich die Investition in ein dediziertes Carrier Board für viele Jahre über den Lebenszyklus eines Prozessors hinaus.
Beide Aspekte sind für viele industrielle Designs entscheidend.

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Der Softwaresupport macht den Unterschied

Die Integration ist vor allem für Hardwaredesigner einfach. Schließlich gibt es Designguides und Reference Carrier, die den Entwicklern teilweise sogar als CAD-Daten für das Leiterplattendesign zur Verfügung gestellt werden. Die einzelnen Bausteine können so sehr effizient wiederverwendet werden. Etwas aufwendiger ist es allerdings, das eigene Design auch softwareseitig so aufzusetzen, dass am Ende des Tages die eigene Software nur noch installiert werden muss.

Die Hersteller von Computer-on-Modules versuchen seit jeher, den Integrationsaufwand durch Firmware- und hardwarenahe Low-Level-Softwareunterstützung über ihre Board-Support-Packages (BSP) auf ein Minimum zu reduzieren. Entwickler erhalten damit einsatzfertig alle Treiber für die dedizierten Schnittstellen des Moduls für unterschiedliche Betriebssysteme, die sie direkt installieren können. In diesem Zusammenhang hat sich auch der Begriff »applikationsfertig« etabliert, da ein Modul mit BSP und Carrier Board bereits applikationsfertig für Evaluierungszwecke vorbereitet ist. Es gibt sogar Modul- und Carrier-Bundles, die für die Serienfertigung eingesetzt werden können.

Die neuen aReady.COMs mit integrierem Hypervisor, OS und diversen Zusatztools sollen die Application-Readiness auf ein neues Niveau heben
Die neuen aReady.COMs mit integrierem Hypervisor, OS und diversen Zusatztools sollen die Application-Readiness auf ein neues Niveau heben.
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Die bloße Möglichkeit, ein Betriebssystem und eine OEM-Anwendung auf einem Modul- und Carrier-Bundle zu installieren, wurde deshalb bisher als applikationsfertig bezeichnet. Das ist im Vergleich zu Full-Custom-Designs auch richtig, wo Entwickler alle Hard- und Software-Building-Blocks mühsam zusammentragen müssen. Aus OEM-Sicht ist diese Kategorisierung aber nur bedingt richtig. Zum einen muss natürlich noch das individuelle Carrier Board entwickelt und gefertigt werden, zum anderen müssen OEMs nun auch funktionale Software für die IoT-Anbindung, KI, Virtualisierung und Security integrieren und testen. Vor allem durch den beschlossenen Cyber Resilience Act der EU und die damit verbundene Normenreihe IEC 62443 setzen OEMs in die Pflicht für die Cybersecurity ihrer Produkte zu sorgen. Aktuelle Treiber, die Integration und Härtung der spezifischen Firmware und Middleware und insgesamt die Softwarevalidierung und -tests sind aufwendig. Auch während der laufenden Serie bzw. des Betriebs beim Kunden sind Updates und Wartung der Software erforderlich.

Die Anforderungen steigen

Dominik Reßing von Congatec
Dominik Reßing von Congatec.
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Zwar unterstützen auch die COM-Anbieter laufend OS-Updates. Eine nahtlose Anbindung der Kundenapplikationen an die Modulplattform ist und bleibt aber eine große Herausforderung, die bisher den softwareseitigen Integrationsaufwand deutlich höher als den hardwareseitigen machte. »Je nach Carrier Board und Applikation lag der OEM-Aufwand bisher bei einem Faktor von durchschnittlich 3:1. Schätzungen zufolge hat sich dieses Verhältnis mit den gestiegenen Anforderungen an IIoT-Konnektivität, Cybersecurity, KI-Integration, Predictive Maintenance und neuen HMI-Funktionen wie Sprachsteuerung und Bilderkennung jedoch deutlich auf einen Faktor von derzeit etwa 10:1 erhöht«, so Dominik Reßing, CEO von Congatec, in einem Interview im April 2024.

Ein klassisches Computer-on-Module, selbst mit BSP, kann daher aus OEM-Sicht gar nicht mehr anwendungsreif sein. Schließlich gilt es, die in den Prozessoren integrierten Funktionen – etwa für KI – applikationsseitig transparent anzubinden. Zudem werden Applikationen zunehmend konsolidiert, da die nun vielfach verfügbaren Kerne auf einem Prozessor dies ermöglichen. In der Folge müssen auch mehrere Betriebssysteme integriert und gewartet werden. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Was also können Computer-on-Modules-Hersteller tun, um dem Wunsch und Anspruch der OEMs nach wirklich applikationsfertigen Lösungsplattformen noch besser gerecht zu werden?

Was applikationsfertig wirklich bedeutet

Die aReady.COM-Evaluierung ist auf COM-HPC-Mini- und COM-HPC-Client-Size-A-Modulen möglich, die auf der 13. Generation der Intel-Core-Prozessoren (Codename Raptor Lake) basieren
Die aReady.COM-Evaluierung ist auf COM-HPC-Mini- und COM-HPC-Client-Size-A-Modulen möglich, die auf der 13. Generation der Intel-Core-Prozessoren (Codename Raptor Lake) basieren.
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Congatec hat sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt und mit der erstmals auf der Embedded World vorgestellten Strategie »aReady.« eine deutlich höhere Wertschöpfung für Computer-on-Modules in Aussicht gestellt und teilweise auch schon realisiert. So sind bereits erste Computer-on-Modules mit Firmware-integriertem »Hypervisor-on-Module« verfügbar. Diese Virtualization-ready-Module erleichtern den OEMs die Konsolidierung von Hardwareplattformen am Edge enorm. Neben Ubunto Pro und RT Linux bietet Congatec darüber hinaus mit ctrlX OS von Bosch Rexroth ein Linux-basiertes IEC-62443-konformes Betriebssystem (Cybersecurity) direkt auf seinen Modulen an.
Mit der Unterstützung dieses IEC-62443-konformen Betriebssystems haben Kunden auch Zugriff auf den ctrlX Store mit seinen derzeit rund 60 Apps. Neben dem Linux-basierten Echtzeitbetriebssystem bietet das ctrlX OS Entwicklern den präzisen Support und die RoT (Root of Trust) eines deutschen Unternehmens. Darüber hinaus sind zahlreiche Apps, Services und Software-Development-Kits (SDKs) nur einen Klick entfernt. Entwickler haben auch Zugriff auf eine Vielzahl von IoT- und Cloud-Apps, einschließlich grundlegender Funktionen wie Firewalls und VPN-Clients.

Dieses Angebot bedeutet zwar nicht, dass der Entwickler nun wirklich alles mundgerecht und zu 100 Prozent applikationsfertig serviert bekommt und nur noch seine eigene Applikation entwickeln und integrieren muss. Aber das, was Application-Ready bei Computer-on-Modules bedeutet, ist mit dem Start der aReady.-Strategie von Congatec auf ein ganz neues Level gehoben worden und deutlich näher in diese Richtung gerückt. Darüber hinaus wurden auf der Embedded World bereits zahlreiche weitere Lösungsbausteine angekündigt, sodass die Integration zukünftig noch komfortabler und effizienter werden soll.

Integrationsaufwand reduzieren!

Was aber unterscheidet dieses Angebot von den Softwareangeboten anderer Hersteller? Es ist ein Angebot, das integraler Bestandteil der Computer-on-Modules ist. Es handelt sich also nicht nur um verlängerte Vertriebswege für Software, die dann im Projekt nochmals angepasst werden muss. Vielmehr sind die Basiskonfigurationen bereits vorvalidiert, sodass sich der Aufwand für den OEM wirklich reduziert. Man wird sicherlich nicht auf das Verhältnis 3:1 zurückgehen können. Dafür sind die Anforderungen zu komplex geworden. Ziel ist es aber, den OEMs ca. 10 – 20 % des Integrationsaufwandes zu ersparen und für die restlichen 80% möglichst viele begleitende Services bereitzustellen, damit der Integrationsaufwand reibungslos und ohne Projektverzögerung umgesetzt werden kann.

Zur Evaluierung des aReady.COM-Angebots stehen den Kunden derzeit zwei Computer-on-Modules auf Basis des COM-HPC-Standards zur Verfügung: das COM-HPC Mini-Modul conga-aCOM/mRLP sowie das leistungsorientierte COM-HPC Client-Size-A-Modul conga-aCOM/cRLP, beide auf Basis der 13. Generation der Intel-Core-Prozessoren (Codename »Raptor Lake«). Ihre Software-Building-Blocks sind anwendungsfertig und können frei kombiniert bzw. konfiguriert werden, sodass der Kunde ein maßgeschneidertes Subsystem erhält, das exakt seinen Anforderungen entspricht. Zur Auswahl stehen derzeit der Hypervisor zur Systemkonsolidierung, Ubuntu Pro als auch RT Linux sowie das komplette ctrlX-OS-Ecosystem von Bosch-Rexroth für sicheres Gerätemanagement und Cybersecurity. Weitere Informationen zur aReady.-Strategie und dem erweiterten Funktionsumfang der neuen »aReady.COMs« von Congatec gibt es online unter: https://www.congatec.com/de/aready/

 

Der Autor

 

Tim Henrichs von Congatec.
Tim Henrichs von Congatec.
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Tim Henrichs ist Vice President Marketing & Business Development bei Congatec.

 

 


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