Ein EMS-Dienstleister steht in Haftungsfragen zwischen Kunden und Lieferanten

»Wir müssen uns nach beiden Seiten absichern«

24. August 2010, 12:25 Uhr | Karin Zühlke
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Wie setzt man die Haftung gegenüber den Lieferanten durch?

 

Es dürfte bisweilen nicht einfach sein, diese Haftung gegenüber den Lieferanten auch durchzusetzen, zumal es eine Lücke gibt zwischen den Gewährleistungsverpflichtungen gegenüber Ihren Kunden und den Gewährleistungsansprüchen, die Sie als Kunde beim Hersteller oder Distributor einfordern können.
Das ist richtig: Die Gewährleistungsansprüche, die unsere Kunden fordern, liegen meist bei 36 oder 48 Monaten. Gesetzlich vorgeschrieben wären wie gesagt eigentlich „nur“ 24 Monate lt. § 438 BGB*. Der Hersteller oder Distributor hingegen räumt dem EMS häufig nur 12 Monate ein. Technisch betrachtet zeigt die Erfahrung, dass ein Defekt am Bauteil aber entweder relativ früh oder erst nach ein bis drei Jahren auftritt.  
Unsere  Herausforderung besteht darin, diese Spanne abzufedern und die Lücke zwischen der Gewährleistung durch den Lieferanten und unserer Gewährleistung gegenüber dem Kunden so klein wie möglich zu halten. Das versuchen wir mit einer intelligenten Vertragsgestaltung nach beiden Seiten. Mit unseren strategischen Distributoren haben wir vorsorglich umfassende Vereinbarungen mit detaillierten Haftungsregeln getroffen: Das heißt, wir haben mit einer ganzen Reihe von Lieferanten 36 Monate Gewährleistung vereinbart. Auch in Richtung der Kunden gelingt es uns bereits in vielen Fällen moderatere Gewährleistungsverpflichtungen zu treffen. Es gibt aber auch Kunden, die von uns eine deutlich längere Gewährleistungsverpflichtung fordern.

Sicherheitskritische wie die Luft- und Raumfahrt stellen traditionell deutlich höhere Ansprüche an die Haftungsverantwortung des EMS-Dienstleisters. Wie gehen Sie damit um?
In der Luftfahrt stehen wir bis zu vier Jahren in der Gewährleistungsverantwortung. Auch die Vertragsstrafen bei Lieferverzögerungen liegen hier deutlich höher. Wenn wir aufgrund von Verfügbarkeitsproblemen bei Bauelementen nicht liefern können, gibt es allerdings schon Kulanzregeln. Teilweise versuchen wir auch vorne herein entsprechende Klauseln mit einzubinden, die Fälle wie Allokation abdecken.

Lassen sich die Haftungsfälle eines EMS-Unternehmens grundsätzlich über Haftpflichtversicherungen abdecken?
Eine spezielle EMS-Versicherung gibt es nicht. Eine Rolle spielt die Produkthaftpflichtversicherung. Versichert sind hierbei gesetzliche Ansprüche aus konventionellen Produkthaftpflichtrisiken wie Personen- und Sachschäden, soweit diese durch vom EMS hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, erbrachte Arbeiten oder sonstige Leistungen verursacht wurden. Die Versicherung deckt zudem die Inanspruchnahme des EMS aus Haftpflichtrisiken aufgrund einer vertraglich vereinbarten Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist ab. Die Kunden lassen sich dazu gerne entsprechende Versicherungsbestätigungen vorlegen.  

*Anmerkung zur Gewährleistungsfrist:
§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB: regelmäßige Gewährleistungsfrist bei Sachmängeln: 24 Monate, sofern der Sachmangel nicht arglistig verschwiegen wurde (dann: regelmäßige Verjährungsfrist:: 3 Jahre)

Relevante Paragraphen:  
BGB
*    § 437 ff Sachmängelhaftung
*    § 433 ff Pflichten beim Kaufvertrag

HGB
*    § 377 kaufmännische Prüf- und Rügepflicht

Elektro-Gesetz
betrifft
*    verwendete Komponenten
*    produktionstechnische Seite
*    Stoffverbote

 
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