SEMI Europe: »Wir wollen nicht, dass Europa fabless wird«

23. März 2009, 9:52 Uhr | Engelbert Hopf, Markt&Technik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

SEMI Europe: »Wir wollen nicht, dass Europa fabless wird«

Zu den Aufgabe der SEMI zählt ja auch der politische Lobbying- Auftrag. Stoßen Sie damit in Brüssel auf taube Ohren? Ist die Halbleiterbranche zu zahm?

Die Verantwortlichen in Brüssel sind sich der Thematik durchaus bewusst und teilen unsere Meinung weitgehend, was den Erhalt der Konkurrenzfähigkeit der Halbleiterindustrie in Europa betrifft. Das Problem liegt darin, dass die Halbleiter-Industrie als Querschnittstechnologie viel schwerer zu erklären ist als zum Beispiel die Automobil- oder Flugzeugindustrie. Um mehr Druck bei der EU erzeugen zu können, brauchen wir ein koordiniertes Vorgehen der gesamten Wertschöpfungskette und der interessierten EU-Länder. Hier gibt es noch viel zu tun.

Mit Rusnano gibt es nun seit kurzem eine Organisation in Russland, deren Ziel die Ansiedelung von Halbleiterunternehmen ist. Wie beurteilen Sie die Chancen dieses Projekts?

Anders als etwa China hat Russland eine eigene Geschichte in der Halbleiterentwicklung. Inzwischen gibt es auch ein klares Bekenntnis der Duma zum Wandel des Landes vom reinen Rohstofflieferanten hin zu einem Energieund Technologiestandort. Man hat erkannt, dass natürliche Rohstoffressourcen nicht nur endlich sind, sondern Russland auch in eine starke Abhängigkeit von der Entwicklung des Rohstoffmarktes bringen. Die Regierung hat deshalb deutlich gemacht, dass das Land verstärkt in den Aufbau von Technologie- und Industrieaktivitäten investieren will. Mit Anatoly Chubais wurde ein erfahrener Mann als CEO für Rusnano gefunden. Im ersten Schritt werden nun 3 Mrd. Euro in die Nanotechnologie investiert. Weitere Initiativen wie der Ausbau der Polysilizium-Produktion in Russland sind bereits in Vorbereitung.

Im nahen Osten werden ähnliche Pläne vorangetrieben. Wie beurteilen Sie diese Pläne?

Anders als in Russland gibt es dort keiner Halbleiterhistorie. Der angestrebte Wandel von fast reinen Rohstoffwirtschaften zu Industriegesellschaften wird hauptsächlich mit finanziellen Mitteln vorangetrieben. Im Solarbereich könnte das interessant sein. Das Ende des Öls ist vorhersehbar, der Bruch mit der Vergangenheit und der Übergang zur Neuzeit wird von den dortigen Regierungen stark vorangetrieben. Es wird aber schwierig, den Nahen Osten als bedeutenden Industriestandort für High-Tech zu entwickeln, von Ausnahmen einmal abgesehen. Man sieht am Beispiel Chinas, wie lange es dauert, eine wirkliche High-Tech-Industrie aufzubauen. Obwohl das Land schon Milliarden in die Halbleiterindustrie investiert hat, beträgt der Weltmarktanteil an der Chip-Produktion nur gerade 2 Prozent.

Stichwort Photovoltaik: Wird die SEMI ihr Engagement weiter verstärken?

Mit der PVGroup hat die SEMI eine neue Division geschaffen, die sich ausschließlich dem Thema Photovoltaik widmet. Diese Aktivitäten werden mit Hochdruck vorangetrieben. Es geht hier in erster Linie um die Unterstützung bei der Industrialisierung und den Erhalt der Konkurrenzfähigkeit im Anlagen- und Materialbereich. Wir unterstützen die Industrie und Forschungseinrichtungen in den Bereichen Standardisierung, Technologie-Roadmaps, Industry Research und Statistik, Umwelt- Gesundheit-Sicherheit sowie Ausstellungen und Konferenzen. Zu diesem Zweck werden wir Mitte dieses Jahres einen PVGroup-Standort im Raum Leipzig eröffnen, um damit noch näher an dieser Industrie dran zu sein.


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