Deutsche Industrieproduktion

"Kein Angebotsproblem mehr, sondern ein Nachfrageproblem"

5. September 2022, 15:55 Uhr | Karin Zühlke
DRAM-Preise 2019
© Nupean Pruprong - 123RF

Die Nachfrage nach Industrieprodukten sinkt in Deutschland weiter. Der saisonbereinigte S&P Global/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) notierte im August bei 49,1 Punkten und damit etwas schlechter als im Juli (49,3).

Zudem blieb der EMI den zweiten Monat in Folge unter der psychologisch wichtigen Referenzlinie von 50,0, nachdem zuvor zwei Jahre Wachstum verzeichnet worden war.

Viele Hersteller reagierten auf den niedrigeren Auftragseingang und drosselten ihre Fertigung, während bei anderen die anhaltende Materialknappheit zu Verzögerungen führte. So schrumpfte die Produktion insgesamt abermals, allerdings weniger stark als im Juli und bei Weitem nicht so kräftig wie die Zahl der Neuaufträge.

„Der EMI hat im August seinen Negativtrend fortgesetzt und ist weiter – wenn auch nur gering – unter die Schwelle von 50,0 gesunken“, betont Gundula Ullah, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Montag in Eschborn. Offenbar führe die anhaltende Knappheit bei Rohstoffen und Produktionsmaterial bei einigen Unternehmen immer wieder zu empfindlichen Störungen ihrer Fertigungsprozesse. Gleichzeitig bleibe der Kostendruck in vielen Firmen aufgrund der steigenden Energiekosten hoch.

„Der EMI signalisiert, dass die nächsten Monate in der deutschen Industrie schwierig werden: steigende Kosten, rückläufige Nachfrage – Stagflation wird Realität. Wir erwarten im dritten und im vierten Quartal einen Rückgang des Bruttosozialprodukts um 0,3 Prozent zum Vorquartal“, kommentiert Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Montag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Damit ginge Deutschland in die Rezession. „Dies ist unser Basisszenario. Im Negativszenario mit einem kompletten Gas-Stopp wäre der Rückgang noch deutlicher ausgeprägter“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.

„Wir haben inzwischen kein Angebotsproblem mehr, sondern ein Nachfrageproblem. Alles in allem verdichtet sich das Bild, dass Deutschland in eine milde Rezession rutschen wird“, sagt Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.

Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise gab Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Montag dem BME folgende Einschätzung: „Auch wenn es vor allem bei etlichen Stahlsorten und einigen anderen Rohstoffen im August 2002 zu einem weiteren Preisrückgang kam, setzte doch bei einigen anderen wie Kupfer oder Zink eine deutliche Belebung ein. Teilweise ist es zu einer Bodenbildung gekommen, auch weil die unverändert geringen Börsenbestände den Preisverfall begrenzen. Zudem ist bei vielen Rohstoffen keine Versorgungssicherheit gegeben. Unverändert belasten auch Transportprobleme. Insgesamt ist eher ein leichter Preisanstieg bis Jahresende zu erwarten.“


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Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)