Welche Ziele verfolgt das Applikationszentrum?
Mit dieser Institution wollen wir eine Brücke von der Technologie zur Anwendung schlagen und die Industrie beim Einsatz neuer Aufbau- und Verbindungstechnik unterstützen. Denn besonders mittelständische Unternehmen haben vielfach gute Ideen, aber Schwierigkeiten bei der Anwendung und Umsetzung von Mikrotechnologien. Es gibt außerdem Firmen, die bislang noch nicht einmal mit Elektronik in Berührung gekommen sind, geschweige denn mit Mikroelektronik. Ein schönes Beispiel ist der Fleischhersteller, der die Qualität seiner Erzeugnisse überwachen möchte.
Gerade solche Firmen brauchen Information, was an Technik erforderlich und möglich ist. Daher haben wir uns mit dem Applikationszentrum das Ziel gesetzt, ganz neue Anwendungsbereiche aufzubauen, etwa Lebensmittelund Landmaschinentechnik oder Gebäudemanagement.
Wo steht Europa beim Packaging im Vergleich zu den USA und Asien?
In den USA versucht man recht erfolgreich und effizient, Kräfte zu bündeln und an wenigen Orten zu etablieren. In Europa sind wir mit Blick auf die Institute zwar hervorragend gerüstet und im Vergleich zu den USA gut aufgestellt. Wir müssen versuchen, neue Technologien, aber auch die Zusammenarbeit mit Firmen noch besser lokal zu konzentrieren. Ein gelungenes Beispiel dafür ist der Technologie-Cluster in Dresden. Dort sind die wichtigen Packaging-Firmen tätig. Die Fertigung ist allerdings sehr stark auf Asien konzentriert, die Rückkopplung mit diesen Firmen gestaltet sich schwierig. Was uns fehlt, ist eine große Packaging-Industrie in Europa. Daher müssen wir bestehende europäische Packaging-Firmen noch besser unterstützen.
Wohin bewegt sich die Mikrosystemtechnik innerhalb der kommenden Jahre?
Die Zeiten der Sensor- und Aktuatorkomponenten sind Vergangenheit. Wir denken in Mikrosystemen. Diese Systeme werden energieautark sein, also eigene Batterien haben und sich an beliebigen Orten einsetzen lassen. Energieautarke Sensoren werden sich stark verbreiten, in Sensorknoten überführt und kommunikationsfähig werden. Die Sensorelemente können unabhängig und an unterschiedlichen Orten eingesetzt werden.
Wir müssen versuchen, unsere Energieversorgung durch Energiewandlung aus der Umwelt zu tätigen. Auch in Kombination mit der LED-Entwicklung im Bereich der Beleuchtung werden sich interessante Entwicklungen ergeben. So müsste die Beleuchtung beispielsweise selbstständig erkennen, ob es überhaupt erforderlich ist, dass sie leuchtet und wen oder was sie beleuchtet. Das Prinzip ist immer dasselbe: Das Gerät muss klein sein und autark funktionieren: Man darf die Elektronik darin gar nicht sehen.
Wird der zunehmende Trend zur Miniaturisierung die Elektronikindustrie verändern?
Miniaturisierung hat alle Vorteile: kleiner, preiswerter, integrierbarer. Aber besonders in Europa wird es aufgrund der mangelnden Fertigungsinfrastruktur immer schwieriger werden. Wir benötigen diese Infrastruktur aber, um die Mikroelektronik voranzutreiben. Die Firmen, die wir hierzu brauchen, sitzen allerdings größtenteils in Asien. Es ist daher wichtig, dass wir eine industrielle Systemintegrationsinfrastruktur in Europa aufbauen.
Wir müssen versuchen, die Firmenansiedlung in Europa zu stärken. Auch die Anwenderindustrie muss aktiv werden und Anreize bieten, damit die Fertiger vor Ort sind und der Kontakt enger wird. Nur so kann die Überleitung neuer Technologien in neue Anwendungen beschleunigt werden. Die Mikrosystemtechnik ist zum System geworden. Das System ist zum Produkt geworden.
Wir stehen vor der Herausforderung, dass wir diese Produkte mit aufwändigeren Fertigungstechnologien produzieren müssen. Das heißt, wir müssen eine enge Beziehung zwischen Fertigung und Anwendung schaffen und versuchen, die Wertschöpfungskette in Europa zu halten und unser Innovationspotenzial voll ausspielen!