Die Wiederverwendung von Elektro- und Elektronikaltgeräten ist kein nationales Thema. Vielmehr werden wiederzuverwendende Geräte zum einen innerhalb der EU verbracht, zum anderen finden Exporte in Drittstaaten statt. Der Unterscheidung zwischen Wiederverwendung und Vorbereitung der Wiederverwendung kommt hier entscheidende Bedeutung zu, denn sie betrifft die Abgrenzung zwischen gebrauchten Produkten und Altgeräten, die rechtlich als Abfälle zu qualifizieren sind (Bild 1).
Während gebrauchte Produkte nicht der behördlichen Überwachung durch die Abfallbehörden unterliegen und darüber hinaus im Europäischen Wirtschaftsraum den Grundsätzen des freien Warenverkehrs unterfallen, können Abfälle nur unter Beachtung des EU-Abfallverbringungsrechts [12] innerhalb der Gemeinschaft verbracht werden. Die entsprechenden Notifizierungsverfahren verursachen einen hohen bürokratischen Aufwand und führen häufig dazu, dass sich die Vorbereitung der Wiederverwendung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht rechnet. Beim Export von Abfällen in Drittstaaten richten sich die jeweiligen Anforderungen der EU-Abfallverbringungs-Verordnung auch nach den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Basel Convention [13].
Die neue WEEE-Richtlinie sieht bezüglich Abfallverbringungen zukünftig in Art. 23 vor, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen haben, dass die Verbringung von gebrauchten Elektro- und Elektronikgeräten, bei denen es sich vermutlich um Altgeräte und somit Abfall handelt, unter Beachtung der in Anhang VI geregelten Mindestanforderungen erfolgt. Der Gerätebesitzer, der behauptet, er verbringe gebrauchte Geräte, aber gerade keine Altgeräte, muss danach folgende Belege zur Verfügung halten:
Durch diese Anforderungen wird dem jeweiligen Unternehmer, entgegen dem ansonsten im Verwaltungsrecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatz, eine detaillierte Darlegungs- und Beweislast aufgegeben, die einen hohen Dokumentationsaufwand verursachen wird. Misslich für eine einheitliche Umsetzung dieser Vorgaben durch die nationalen Gesetzgeber ist, dass einzelne Kriterien einen recht weiten Interpretationsspielraum lassen - „angemessener Schutz“, „ausreichende Verpackung“ etc.
Auch legt die neue WEEE-Richtlinie in Anhang VI Nr. 4 zukünftig zusätzlich fest, dass jeder Ladung gebrauchter Elektro- und Elektronikgeräte ein einschlägiges Beförderungsdokument - z.B. CMR-Frachtbrief - und eine Erklärung des Haftpflichtigen zu seiner Haftung beigelegt werden. Schließlich können nach Art. 23 Abs. 3 der neuen WEEE-Richtlinie in Zweifelsfällen zukünftig dem Hersteller oder demjenigen, der die Verbringung veranlasst hat, die Kosten für angemessene Analysen und Kontrollen durch die Behörden auferlegt werden. Eine Einschränkung dahingehend, dass dies nur gilt, wenn sich der behördliche Verdacht einer Verbringung von Altgeräten bestätigt, enthält die Vorschrift nicht.
Fehlen die geforderten Unterlagen und eine ausreichende Verpackung bzw. sind die Geräte nicht zum Transport geeignet verstaut, so regelt Anhang VI Ziffer 5, dass die Behörden der Mitgliedstaaten einen Gegenstand als Elektro- oder Elektronik-Altgerät betrachten und davon ausgehen, dass die Ladung eine illegale Abfallverbringung umfasst. Unter diesen Umständen wird die Ladung gemäß den Artikeln 24 und 25 der Abfallverbringungs-Verordnung behandelt, in denen das „Rückabwicklungsverfahren“ illegaler Abfalltransporte ausführlich geregelt wird.
Inverkehrbringen durch Wiederverwendung?
In fast allen produktbezogenen Umweltschutzgesetzen treffen den Hersteller des Produkts Rechtspflichten im Zeitpunkt des Inverkehrbringens, also zum Zeitpunkt der erstmaligen Bereitstellung jedes einzelnen Produkts auf dem EU-Markt. Wird daher ein gebrauchtes Gerät veräußert, wird es zwar auf dem Unionsmarkt bereitgestellt, dies geschieht jedoch nicht erstmalig, so dass die zu diesem Zeitpunkt geltenden Produktgestaltungspflichten der einzelnen produktbezogenen Gesetze keine Anwendung finden. Wird z.B. ein gebrauchtes Fernsehgerät verkauft, so hat dieses nicht die zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs geltenden Energieeffizienzanforderungen gemäß Verordnung 642/2009/EG zur Konkretisierung der Ökodesignrichtlinie einzuhalten.
Eine, wenn auch bedeutende Ausnahme hierzu bildet das Produktsicherheitsrecht, in dem geregelt ist, dass die sicherheitsrelevanten Anforderungen an Produkte, insbesondere von Verbraucherprodukten, bei jeder, also nicht nur bei der erstmaligen Bereitstellung einzuhalten sind, siehe § 3 Abs. 1 und 2 ProdSG.
Die entscheidende Frage lautet daher: Wann liegt im Rahmen einer Wiederverwendung ein neues Produkt vor, das in Verkehr gebracht werden kann? Denn wenn es sich bei dem wiederverwendeten Produkt um ein neues Produkt handelt, bzw. um ein Bauteil, das in ein neues Produkt eingebaut wird, wären alle rechtlichen Anforderungen im Zeitpunkt des Inverkehrsbringens, etwa aus dem ElektroG, dem BattG [14], dem EVPG [15], dem EMVG [16], dem FTEG [17] usw. einzuhalten.