Soweit das globale Bild von Sanmina, nun einen Blick ins deutsche Werk in Gunzenhausen: Rund 30 Kunden haben aktuell ihre Fertigungsaufträge bei Sanmina in Gunzenhausen platziert. »Wir haben fast kein Business mehr für unsere ehemalige Mutter Alcatel, lediglich noch etwas Repair-Geschäft«, schildert Guenther. Ursprünglich war Gunzenhausen ein Werk von Alcatel, dementsprechend ist auch die Fertigung auf das Telko-Business ausgelegt. Inzwischen ist das Portfolio hier strategiegemäß deutlich breiter, wie Guenther erläutert: »Wir bedienen hier zum Beispiel auch Commercial Aerospace und militärische Luftfahrtelektronik fürs Cockpit, Türsteuerungen und Kabinenbeleuchtung. Entsprechende Zertifizierungen können wir selbstverständlich vorweisen.«
Außerdem ist Gunzenhausen die so genannte Gateway Facility: »Das heißt, wir helfen unseren Kunden in Zentraleuropa, einen Zugang zu unseren Low Cost Facilities zu bekommen«, so Guenther.
An einem Kundenbeispiel aus der Luftfahrtindustrie erklärt, läuft der Transferprozess in etwa so ab: Nach der NPI-Phase in Gunzenhausen, die für Luftfahrtprojekte über mehrere Produktionsiterationen etwa zwei Jahre dauert, wird das Projekt dann für die Serie in ein Low-Cost-Werk zum Beispiel in Thailand übergeben. Guenther: »Wir legen das gemeinsam mit dem Kunden fest, und der endgültige Produktionsort wird bereits im NPI-Prozess berücksichtigt. Die ganze Supply Chain wurde in diesem besagten Beispiel parallel in Asien hochgezogen, so dass später kein Re-Sourcing mehr erfolgen muss. Wir haben hier fest definierte Prozesse und Modelle und bieten diese Prozesse natürlich auch Nicht-Aerospace-Kunden kann.«
Vielseitig ist ist Gunzenhausen allemal: Neben der Luftfahrtelektronik übernimmt das Werk auch die Systemintegration für High-End-Serversysteme. »Wir integrieren derzeit Serversysteme für einen großen globalen Kunden, der weltweit tätig ist und Datencenter betreibt. Wir beliefern ihn mit den gesamten Server-Racks, die in diesen Datencentern installiert werden – das läuft alles über Gunzenhausen«, führt Guenther aus. »Dieses Geschäft haben wir vor etwa dreieinhalb Jahren aufgebaut und verfügen dazu über die gesamte Infrastruktur, u.a. übernehmen wir für den Kunden den kompletten Burn-In-Test über 20 Stunden. Das Testkonzept haben wir in Gunzenhausen aufgebaut und entwickelt.«
Auch das Automotive-Business ist in Gunzenhausen weiterhin präsent – ein Beispielprojekt sind Gebläseregler, die für einen Automobilzulieferer in einer hochautomatisierten Fertigungszelle produziert werden, die gemeinsam mit dem Kunden entwickelt wurde. Betreut wird das Automotive-Geschäft dediziert von Bernd Enser, der nicht nur in Europa aktiv ist, sondern diese Feld global betreut. »Wir können einen sehr guten Footprint für Automotive weltweit vorweisen«, berichtet Guenther. Ein dediziertes Werk für diese Sparte betreibt Sanmina in Tatabanya in Ungarn. Dort sind etwa 1300 Mitarbeiter beschäftigt und fertigen auch High-Volume-Produkte für den Automotive-Markt.
High Volume in Europa, passt das zusammen? Ja, das ist nach den Worten von Dietmar Guen-ter in der Tat kein Widerspruch: »Der extreme Trend, dass alles Low Cost nach China verlagert wird, hat sich gedreht. Auch sehr große Kunden sind inzwischen davon abgekommen, u.a. weil die Lohnkosten in China exorbitant gestiegen sind. In China gab es Lohnerhöhungen weit im zweistelligen Bereich. Insbesondere
in der Shanghai-Gegend sind die Löhne in-zwischen so hoch, dass teils auch asiatische Standorte geschlossen werden.«
Im Trend liegt dagegen heute wieder die Strategie »Local for Local«, und so bestätigt Guenther, dass auch Produkte wieder rückverlagert werden. »Vieles, was in Europa ausgeliefert wird, wird wieder hier produziert, vorwiegend in Osteuropa.«
Dennoch bleibt nach seiner Überzeugung auch genügend Potenzial für Deutschland übrig. Das sprichwörtliche »Wald-und-Wiesen-Geschäft können wir hierzulande nicht halten. Damit meine ich High-Volume-Produktion für einfache Produkte. Wir sind gefordert, unsere Nischen zu finden.« Und das scheint Sanmina durch die Diversifizierung jedenfalls gut gelungen zu sein.