Meist nutzen elektronische Geräte ein passives Wärmemanagement. Allerdings lässt sich ein solches weder dynamisch anpassen noch hilft es gegen Kälte. Forschende der Purdue University haben nun einen Ansatz mit Graphenschaum vorgestellt, bei dem sich der Wärmefluss granular regeln lässt.
»Da elektronische Geräte immer kleiner und leistungsfähiger werden, rückt das Wärmemanagement immer mehr in den Vordergrund«, erklärt Xiulin Ruan, Professor für Maschinenbau an der Purdue University. »Die meisten Geräte nutzen ein passives Wärmemanagement, wie Wärmeleitung und Konvektion, um übermäßige Wärme abzuführen. Jedoch lässt sich ein solches System weder regulieren noch hilft es bei Kälte.«
Etliche Forscherinnen und Forscher haben verschiedene Formen von Thermoschaltern vorgeschlagen, die sich einschalten lassen, um Wärme abzuführen, oder ausschalten lassen, um die Wärme im Inneren zu halten. Da diese Systeme jedoch entweder komplett ein- oder ausgeschaltet sind, können sie sich nicht flexibel an wechselnde Temperaturen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Geräts anpassen. Die nun vorgeschlagene Lösung stammt von der Postdoktorandin Tingting Gu sowie den beiden Masterstudenten Zixin Xiong und Luis Delgado, unterstützt von Xiulin Ruan und Amy Marconnet, außerordentliche Professorin für Maschinenbau.
Graphenschaum ist ein kommerziell verfügbares Produkt, das aus nanoskaligen Kohlenstoffpartikeln besteht, die in einem bestimmten Muster aufgebracht sind und dazwischen kleine Luftporen aufweisen. Unkomprimiert wirkt der Schaumstoff durch die Lufttaschen wie ein Dämmstoff. Sobald der Schaumstoff jedoch physisch komprimiert wird, entweicht die Luft, und mehr Wärme gelangt durch den Schaumstoff nach außen. Je nachdem, wie stark der Schaumstoff komprimiert wird, desto mehr Wärme wird abgeleitet (Bild 1).
Die Forschenden ermittelten die Wärmeleitfähigkeit des Schaums im Birck Nanotechnology Center der Purdue University. Dazu klemmten sie eine 1,2 mm dicke Probe des Graphenschaums zwischen einem Heizelement und einem Kühlkörper. Dann platzierten sie das System unter einem Infrarotmikroskop, um die Temperatur und den Wärmefluss zu ermitteln. Wurde der Schaumstoff vollständig auf eine Dicke von 0,2 mm komprimiert, stieg die Wärmeleitfähigkeit um den Faktor 8. »Er verhält sich wie ein regelbarer elektrischer Widerstand in einem Stromkreis«, so Marconnet. »Aber anstatt die Stärke des Stroms zu regulieren, variiert er die Wärmemenge, die er durchlässt.«
Außerdem experimentierten sie in einer Kammer im Flex Lab der Universität, in der sich verschiedene Umgebungsbedingungen emulieren lassen. Dort erzielten sie ähnliche Ergebnisse bei Umgebungstemperaturen von ±0 °C bis +30 °C. Sie platzierten den Graphenschaum über einer Wärmequelle, die einen elektronischen Baustein emulierte, und verwendeten Thermoelemente, um die Temperatur zu messen.
»Das ist wichtig, denn unser Thermoregler passt sich an die Temperaturen sowohl innerhalb als auch außerhalb der zu entwärmenden Komponente an«, so Ruan. »Bei sehr hohen Umgebungstemperaturen kann er Wärme nach außen leiten, beispielsweise um eine Batterie zu kühlen. Bei zu niedrigen Umgebungstemperaturen kann unser Thermoregler die Wärmeübertragung unterbinden, um die Wärme in einer Batterie zu halten.«
Auch wenn es sich bei dem Experiment nur um eine Machbarkeitsstudie handelt, hat diese Form des dynamischen Wärmemanagements potenzielle Anwendungen, die über Mobiltelefone hinausgehen. Sie könnte in größeren elektronischen Geräten, Batterien von Elektrofahrzeugen, Raumfahrzeugen und sogar biomedizinischen Geräten eingesetzt werden. »Unser Ziel ist es, mithilfe von Thermoschaltern dafür zu sorgen, dass all diese Geräte in unterschiedlichen Umgebungen effektiv arbeiten, und ihre Energieeffizienz insgesamt zu verbessern«, so Ruan.
Gu, T., Xiong, Z., Delgado, L. et al., Wide range continuously tunable and fast thermal switching based on compressible graphene composite foams. Nat Commun 12, 4915 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-25083-8