Hersteller spezifizieren die Ableitströme ihrer Filter in den Datenblättern. Die Filternorm IEC 60 939 legt allerdings nicht fest, wie diese Spezifikation zu erfolgen hat. Dies führt dazu, dass die verschiedenen Filterhersteller den Ableitstrom nicht zwingend nach derselben Methode bestimmen. Somit sind auch die Angaben in den Datenblättern der unterschiedlichen Hersteller nicht direkt vergleichbar.
Auf der anderen Seite legen die Gerätenormen – z.B. IEC 60 950 für Bürogeräte, 60 601-1 für medizinische Geräte oder die IEC 60 335-1 für Haushaltsgeräte – im Detail fest, welche Grenzwerte einzuhalten sind und nach welchen Verfahren gemessen werden muss. Geräte- und Anlagenbauer stehen nun vor dem Problem, dass sie für die Einhaltung ihrer geltenden Norm-Komponenten verschiedene Hersteller evaluieren müssen, deren Angaben betreffend Ableitstrom nur mit Vorbehalten verglichen werden können.
Für die Bestimmung des Ableitstromes werden Berechnungsmodelle herangezogen. Diese Modelle beruhen auf idealisierten Bedingungen. So werden die Toleranzen der Kapazitäten und der Netzspannung berücksichtigt. Auf der anderen Seite werden die parasitären Effekte vernachlässigt.
Allerdings führen die im idealisierten Modell gemachten Vereinfachungen zu vernachlässigbaren Fehlern, verglichen zu den doch relativ großen Toleranzen, die in die Berechnung einfließen. So werden z.B. die Kondensatoren mit ±20 % Toleranz der Kapazität spezifiziert. Die Erfahrung zeigt, dass die Kapazitäten in der Realität viel kleineren Toleranzen unterliegen.
Bei der Bestimmung der Ableitströme muss zudem zwischen 1- und 3-Phasen-Filtern unterschieden werden.
Ableitstrom bei 1-Phasen-Filtern
Bei den 1-Phasen-Filtern liegen im Regelfall Neutral- und Schutzleiter auf dem gleichen Potential. Aus diesem Grund wird das Schaltbild des Filters (Bild 3a) durch ein vereinfachtes Ersatzschaltbild (Bild 3b) dargestellt.
Der Ableitstrom lässt sich gemäß folgender Gleichung berechnen:
Den größten zu erwartenden Ableitstrom erhält man bei 10 % Netzspannungstoleranz, 20 % Kondensatortoleranz sowie 60 Hz Netzfrequenz.
Ableitstrom bei 3-Phasen-Filtern
Ein idealer 3-Phasen-Filter hätte unter der Voraussetzung einer symmetrischen Belastung keine Ableitströme – auch bei großen asymmetrischen Störungen.
Bild 4 zeigt den Ausschnitt der Y-Kondensatoren in einem 3-Phasen-Filter. In der Realität ist ein 3-Phasen-Filter aber aus folgenden Gründen immer asymmetrisch belastet durch:
Bei 3-Phasen-Filtern werden die Ableitströme der einzelnen Phasen vektoriell zu einem resultierenden Ableitstrom addiert (Bild 5).
Klassifizierung von Ableitströmen
Um den verschiedenen Anforderungen betreffend Ableitstrom Rechnung zu tragen, klassifizieren Filterhersteller ihre Produkte. Dabei gibt es Filter für Standard-, Medizin-, Industrieanwendungen etc.
Gerade im medizinischen Bereich gelten für Ableitströme erhöhte Anforderungen, da Patienten in direkten Kontakt mit Geräten kommen können. In diesem Bereich werden noch kleinere und in vielen Fällen sogar keine Y-Kondensatoren eingesetzt, damit die Grenzwerte eingehalten werden können. Schurter bietet die M5-Filter mit einem Ableitstrom von maximal 5 μA (keine Y-Kondensatoren) oder die M80-Filter mit einem Ableitstrom von maximal 80 μA an.
Es gibt jedoch keine Norm, die vorschreibt, welche Klassen es gibt, wie diese heißen und welche Grenzwerte jeweils gelten. Trotzdem helfen diese Einteilungen dem Anwender, schnell das für seine Anwendung passende Produkt zu finden.