Geschäftsentwicklung bei Farnell

»Multichannel noch weiter ausbauen«

27. April 2022, 10:12 Uhr | Karin Zühlke
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Beispiel EMS

Bleiben wir beim Beispiel EMS: In welchen Stückzahlen bewegt sich Farnell bei der Belieferung?

Es kommt auf die Seriengröße an: Bei den großen EMS werden wir sicherlich keine Serienproduktion beliefern, weil die Serien dort in der Regel zu groß für uns sind. Aber grundsätzlich ist das Volumengeschäft auch ein anderes Geschäftsmodell, welches von den anderen Avnet-Geschäftsbereichen abgedeckt wird.

Anders beim KMU-EMS, der seinen Kunden ähnlich wie Farnell einen hohen Mix anbietet und der vielleicht sogar auf bestimmte Branchen spezialisiert ist; da kann es schon mal sein, dass wir auch für die mittleren Serien, also 3000 bis 5000 Stück oder auch mal 10.000 Stück von einem Bauteil liefern.

Umgekehrt ist es aber auch ein bisschen schade, dass häufig gerade die großen EMS-Dienstleister davon ausgehen, dass der Volumendistributor immer günstiger sein muss. Dabei gibt es durchaus auch die Möglichkeit, dass der High-Service-Distributor dann und wann sehr gute Preise bieten kann. Leider verstehen es einige Firmen nicht, die Vorteile der jeweiligen Geschäftsmodelle — Kleinmengen- und Volumendistribution — für sich zu nutzen, sondern drücken stattdessen die Volumendistributoren weiter im Preis und bringen die Kleinmengen-Distributoren dadurch ums Angebot. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass wir die Vorteile nicht klar genug kommunizieren.

Was ist aus dem Recycling-Programm geworden, das Farnell vor einiger Zeit eingeführt hat?

Leider mussten wir das Programm bedingt durch den Brexit und die Inbetriebnahme des neuen Lagers unterbrechen. Wir werden dies aber mit unserem Lager in Lüttich wieder aufnehmen.

Ein Dauerbrenner unter den Produkten von Farnell ist der Raspberry Pi. In diesem Jahr feiert Farnell die zehnjährige Partnerschaft mit der Raspberry Pi Foundation. Ist der Raspi inzwischen eher »nice to have« oder ist das wirklich ein Umsatztreiber oder Neukunden-Generator für Farnell?

Ich glaube beides; natürlich ist es schön und wichtig für uns, diese Partnerschaft zu haben. Und ja, der Pi ist durchaus ein Türöffner, über den wir Neukunden für vielfältige andere Produktgruppen identifiziert haben.

Viele Kunden setzen den Pi inzwischen bei Eigenentwicklungen in Serie ein. Auch wenn es im Moment relativ schwierig ist, da wir aufgrund der gegenwärtigen Rohstoffknappheit Lieferverzögerungen beim Chip, der auf den meisten Pis verbaut ist, haben. Aktuell kann es daher sein, dass Kunden, die beispielsweise auf ältere Pi-Versionen in ihren Lösungen setzen, ihre Produkte entweder redesignen müssen, um neuere Pis, die in höherer Auflage produziert werden, einzusetzen, oder sie müssen leider warten, bis der entsprechende Pi wieder verfügbar ist.

Wenn wir schon bei den Lieferschwierigkeiten sind: Wie ist die Lage aus Ihrer Sicht – auch vor dem Hintergrund der geopolitischen Probleme?

Auswirkungen aufgrund des Konfliktes in Osteuropa zeigen sich bei Rohmaterialien, da Russland unter anderem einer der größten Paladium-Lieferanten ist. Wir gehen davon aus, dass es mit der Verknappung der Bauteile im Halbleiter-Segment noch einige Zeit so weitergehen wird. Im IP&E-Bereich schaut es so aus, als würde sich das Ganze zumindest ab dem zweiten Halbjahr leicht entspannen.

Das Thema »New Work« ist derzeit in aller Munde. Wie setzt Farnell das um?

Wir sind kürzlich am Standort Poing in das Avnet-Gebäude gezogen und setzen dort auf ein Desk-Sharing-Modell. Das heißt, wir setzen auf einen Mix von Büro- und Homeoffice-Tagen und haben daher vor Ort weniger Arbeitsplätze eingerichtet,  als wir Mitarbeiter haben. Das ist allerdings nichts Farnell-Spezifisches, sondern eine Initiative der Avnet-Gruppe, die europaweit ausgerollt wurde. Natürlich mit Berücksichtigung der regionalen Besonderheiten und Regularien.

Ich bin davon überzeugt, dass dieses Konzept wertvoll für das Unternehmen und die Mitarbeiter ist. Neben den Homeoffice-Tagen tut es gut, auch wieder im Büro zu sein und sich mit Kollegen direkt auszutauschen. Wir unterstützen das, indem wir Team-Tage eingeführt haben, an denen sich jeweils die unterschiedlichen Teams im Büro treffen.

Parallel dazu haben wir unter dem Aspekt »Mental Health« viele Aktionen laufen, weil wir sehen, dass die Pandemie-Situation natürlich schon psychosoziale Auswirkungen auf die Mitarbeiter hat und wir auch hier Anlaufstellen und Unterstützung bieten wollen.

Abschließend: Welche weiteren Neuerungen wird es bei Farnell in diesem Jahr geben?

Es werden noch einige organisatorische und strukturelle Änderungen stattfinden, die es Farnell ermöglichen werden, zum einen den Kundenservice weiter zu optimieren, zum anderen wird Farnell weiter in den Ausbau der Digitalisierung investieren. Zusätzliche digitale Self-Serve Tools sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung der Benutzerfreundlichkeit unserer Website, um so das Kundenerlebnis zu verbessern, stehen ganz oben auf der Agenda.

Zudem haben wir noch ein paar interessante Projekte, wie unsere zweite Podcast-Serie zum Thema Industrie 4.0, die im Sommer startet. Auch wird unsere Kundenzeitschrift »Tech Journal« neu aufgelegt. Ansonsten können sich unsere Kunden auf weitere neue und innovative Produkte von den führenden Test&Messtechnik-Herstellern freuen.

Schlussendlich geht es uns darum, dass wir den stetigen Wandel nutzen und so Kundenbedürfnisse optimal begleiten und unsere Kunden dabei unterstützen, sich der dynamischen Lage anzupassen.


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  2. Beispiel EMS

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