Wie können Sie die Halbleiterhersteller motivieren, Verträge mit Conrad abzuschließen; wohl wissend, dass diese Hersteller schon lange mit ihren direkten Wettbewerbern vertraglich liiert sind?
Ruban: Wir haben nicht nur eine große Kundenbasis, sondern kennen auch genau deren Bedürfnisse. Wir haben zum Beispiel eine riesige Basis junger Menschen, die uns während ihrer Ausbildung bzw. ihres Studiums sehr geschätzt und bei uns eingekauft haben. Diese Kundenbasis ist für viele Hersteller elektronischer Bauteile insofern wichtig, als diese Menschen ja die Kundenbasis von morgen sind, wenn sie bei ihrem Arbeitgeber als Entwickler, Servicepersonal oder Einkäufer tätig sein werden. Für diese Klientel bieten wir eine Vielzahl an Evaluations-Boards und Entwicklungs-Kits an, die wir zusammen mit den Halbleiterherstellern an diese jungen Kundenschichten als Einstiegs- und Lernhilfen zur Verfügung stellen können. Darüber hinaus haben wir bereits verschiedene Key-Accounts mit Kunden abschließen können, die bis dato noch mit unseren Wettbewerbern gearbeitet hatten und nun mit Conrad Business Supplies intensiv zusammenarbeiten werden.
Wenngleich Sie die Lieferanten kennen, mit denen Sie künftig zusammenarbeiten werden und/oder wollen, so müssen Sie immer noch klären, ob Sie ihre kommerziellen Ziele mit den bestehenden Strukturen erreichen können. Der Zukauf von SOS electronic s.r.o. sowie Rapid electronics in den vergangenen Monaten könnte demnach bedeuten, dass die ehrgeizigen Ziele aus eigener Kraft wohl nicht zu schaffen wären?
Ruban: Firmenzukäufe sind Risiko und Chance zugleich. Sie dürfen sich sicher sein, dass wir als inhabergeführtes Unternehmen sehr genau prüfen, ob ein Unternehmen unser Anforderungsprofil für einen Zukauf genau erfüllt oder nicht. Andererseits müssen wir nicht quartalsweise Rechenschaft darüber ablegen, warum eine Akquise nicht sofort zu dem gewünschten Umsatzzuwachs geführt hat. SOS electronic hat reichlich Erfahrung dahin gehend, wie Fertigungsdienstleister professionell unterstützt werden müssen, um als Kunden für unser Portfolio gewonnen werden zu können. Diese Erfahrung hat uns gefehlt, und folglich passt das Unternehmen hervorragend in unsere Zukunftspläne. Der Betrieb wird uns vor allem in Osteuropa und den dort ansässigen EMS-Betrieben stärken, und wir werden das Unternehmen auch völlig eigenständig fortführen. Wir werden von diesem Unternehmen noch sehr viel lernen können. Bei Rapid electronics sieht die Lage ganz anders aus: Dort haben wir einen Distributionspartner übernommen, der in Großbritannien schon lange tätig war und uns damit den Einstieg in den britischen Markt massiv erleichtern wird. Wir sehen auch, dass der Betrieb durch die Übernahme sehr profitiert, da wir den britischen Partner nun mit einem deutlich breiteren Bauteile-Portfolio ausstatten können.
Wie bekommen Sie potentielle Kunden dazu, dass sie nicht mehr beim Wettbewerber xy sondern bei ihnen bestellen?
Ruban: Diese Frage stellen wir uns natürlich jeden Tag neu, und wir haben auch gute Argumente. Zu erwähnen ist dabei unser Kabelkonfektionierungs-Service und unser Leiterplatten-Service, der intensiv genutzt wird wird. Ebenso wird unser eProcurement-Angebot sehr gut angenommen, und wir werden auch unsere Webseiten noch weiter verbessern. Einen ersten Schritt gehen wir mit dem Re-Design von www.conrad.biz und installieren parallel dazu auch Microsites und Produktkonfiguratoren, so zum Beispiel den Mikrocontroller-Entwicklungs-Kits-Finder auf www.conrad.biz/Mikrocontrollerkitsfinder. Im Zeitalter des World Wide Web darf man zudem nicht vergessen, dass es sehr einfach geworden ist, sich das gewünschte Produkt oder Bauteil irgendwo auf der Welt zu besorgen. Eine Kreditkarte genügt, und das gewünschte Teil liegt binnen weniger Tage auf ihrem Schreibtisch. Langfristige Kundenbeziehungen verlieren an Stellenwert, und dies kann für ein Unternehmen mit gutem Service und fairen Preisen immer auch eine große Chance sein.
Wenn wir uns in ein und in zwei Jahren wiedersehen: In welcher Phase der Erfolgsleiter wird sich Conrad Business Supplies dann womöglich befinden?
Ruban: In zwölf Monaten wollen wir auf jeden Fall unsere internen Strukturen soweit ausgebaut haben, dass wir alle Vorhaben kurzfristig werden umsetzen können. Auch das anvisierte Produktportfolio wollen wir bis dahin komplett aufgefüllt bzw. noch existierende Lücken geschlossen haben. Und in zwei Jahren wollen wir zu den Marktführern europaweit aufgeschlossen haben und zu den Top Drei gehören. Wir reden hier über den Bereich, den Katalogdistributoren bis dato beliefern und dort werden wir auch in Zukunft unsere Kundenbasis haben. Diese Ziele in der genannten Zeitfrist zu erreichen ist ambitioniert, aber zu schaffen!