Gleichzeitig hat sich die Wertschöpfungskette in signifikantem Umfang verändert, denn es gibt viele neue Unternehmen, die im Automotive-Markt mitmischen. »Wer hätte beispielsweise noch vor zehn Jahren gedacht, dass ein Unternehmen wie Tesla zu den Top-Firmen in diesem Marktsegment zählen wird?«, gibt Staudinger zu bedenken. »Hinzu kommen die zuvor erwähnten kleineren Unternehmen, die mit ihrem spezifischen Know-how und ihrer besonderen IP für viele der großen Player attraktiv sind. Diese kleinen Unternehmen werden in der Regel entweder aufgekauft, oder ihre Lösungen werden in eine größere Gesamtlösung integriert. Exakt an dieser Stelle spielt die Distribution eine zentrale Rolle, denn Distributoren wie EBV müssen die entsprechenden Start-ups und potenziellen Stars von morgen erkennen und unterstützen.«
Schon heute entwickeln und fertigen die großen Tier-1s längst nicht mehr alle Elemente im eigenen Haus, sondern sie vertrauen vielmehr auf Entwicklungs- und Fertigungs-Dienstleister, die durchaus höchstspezialisiert arbeiten und eher zu den kleineren Unternehmen gehören.
Ein großer Teil der neuen Entwicklungen findet in Europa statt, die EBV und NXP gemeinsam angehen. Freeman: »EBV hilft uns auch dabei, Kunden zu gewinnen, die wir heute noch nicht sehen. Dabei hilft EBVs starke technische Unterstützung in Kombination mit dem guten Marktverständnis und einer ausgeprägten Kenntnis von NXPs Produkt-Portfolio. Weil darüber hinaus auch noch unsere Teams sehr gut zusammenarbeiten, läuft diese Kooperation reibungslos, so dass der NXP-Umsatz von EBV jedes Jahr zweistellig wächst.«
Über die gesamte Entwicklungs- und Lieferkette hinweg muss eine extrem hohe Qualität gewährleistet bleiben. An dieser Stelle spielt die Distribution sowohl in logistischer als auch in technischer Hinsicht eine zen-trale Rolle. Weil die Automobilbranche global agiert, bedarf es auch bei den Halbleiterherstellern und Distributoren einer globalen Ausrichtung. Auch dafür ist die Partnerschaft laut Russ bestens gerüstet: »Obwohl EBV Elektronik nur in EMEA aktiv ist, können wir unsere Kunden dennoch weltweit unterstützen.« EBV gehört zum weltweiten Avnet-Netzwerk und ist in der Lage, das Design in allen Stufen und von allen Standorten aus zu unterstützen: von der Entwicklung bis zur Fertigung.«
Auch das Timing hat sich in der Automobilindustrie entscheidend verändert. »Früher betrug die Entwicklungszeit eines Fahrzeugs mindestens acht Jahre, aber schon jetzt liegt sie nur noch bei etwa drei Jahren«, merkt Russ an. »Daher müssen die ausgewählten Lösungen jetzt von Anfang an passen, weil zum Experimentieren keine Zeit mehr bleibt.«
NXP-Produkte für das Auto und sein Umfeld
Im Bereich Infotainment ist NXP mit seinen Autoradio-Tunern und seinen ICs zur Audio-Signalverarbeitung der weltweit führende Lieferant. Auch bei den Lösungen für den Zugang zum Auto sowie den Start ohne mechanischen Schlüssel ist NXP mit seinen Hochfrequenz-Schnittstellen die weltweite Nummer 1 – genauso wie bei den fahrzeug-internen Netzwerklösungen von LIN über CAN bis FlexRay. Derzeit arbeitet NXP intensiv daran, Ethernet ins Fahrzeug zu bringen. Im Rahmen der Connectivity gewinnt ein Aspekt zunehmend an Bedeutung, den Staudinger nicht nur im vertikalen Segment Automotive für sehr wichtig hält: »Das Auto wird auch zu einem Teil des Internet-of-Things. Mit dem Einzug des IOT in die Fahrzeuge gibt es massive Schnittpunkte mit einem Markt, in dem die Europäer traditionell sehr stark aufgestellt sind. Gerade im Bereich Car-to-x-Kommunikation mit Cloud-Unterstützung ergeben sich hier große Potenziale, die wir in Europa auch nutzen und nicht in andere Regionen abwandern lassen sollten. Diese Chance sollten wir ergreifen.«
Vor allem im Bereich der Connectivity bieten sich zudem zusätzliche Applikationsmöglichkeiten jenseits der reinen Automotive-Branche an. »Auch Verkehrsmanagement-, Car-to-x- und Mautsysteme sowie die quasi nahtlose Verzahnung mit dem öffentlichen Nahverkehr etc. benötigen als Gegenstück zur entsprechenden im Auto verbauten Einheit die passenden Connectivity- und Sicherheitslösungen«, stellt Staudinger segmentübergreifend fest. Daher erweitert sich der Einsatzbereich diverser ICs auch auf den traditionellen Industriemarkt, in dem EBV schon immer sehr stark war. Mit dem passenden Verkehrsmanagement-System lassen sich zum Beispiel Verkehrsstaus oft ganz vermeiden. Dabei erkennt ein solches System über die anonyme elektronische Anbindung des Fahrzeugs an die Cloud einen sich entwickelnden Verkehrsstau, um dann von der Standardstrecke abweichende Routenempfehlungen an einen Teil der Fahrzeuge zu senden oder die zulässige Höchstgeschwindigkeit rechtzeitig zu senken.
Zusätzlich zum Geschäft mit Standardkomponenten spielen im Automobilgeschäft zunehmend komplexere Lösungen eine Rolle, z.B. NFC-Systeme. »In Bereichen jenseits des Autos wie Produktidentifikation und kontaktlosen Bezahlsystemen auf NFC-Basis kooperieren NXP und EBV bereits seit vielen Jahren«, unterstreicht Staudinger. »Mit der zunehmenden Nutzung von NFC im und um das Fahrzeug dehnen unsere Unternehmen ihre Zusammenarbeit aus. Des Weiteren sind wir in der Lage, durch die technologieorientierte Ausrichtung des Marktssegmentes ’Identification’ auch der Automobilbranche einen umfassenden Design-In-Support liefern.« Ein Beispiel hierfür ist ein Projekt, an dem EBV und NXP gerade arbeiten: Es gab Vorfälle, in denen Kunden bei Mietwagenfirmen ihr Mietauto mit anderen, qualitativ weniger hochwertigen Reifen wieder abgaben. Die Autovermieter brauchen aus diesem Grunde ein System, mit dessen Hilfe sich jeder einzelne Reifen eindeutig identifizieren lässt. Ein kleiner RFID-Tag, der im Reifen integriert wird, kann hier für Abhilfe sorgen. (zü)