Interview mit Susanne Ertl, Farnell

»Der deutsche Markt ist oft Vorreiter«

29. Oktober 2020, 11:46 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Bewährungsprobe für die Lieferkette...

Für die Lieferkette war die Pandemie eine harte Bewährungsprobe. Hat sich die Lage inzwischen entspannt?

Da die Pandemie jeden betrifft, hätten die Auswirkungen wesentlich größer sein können, als sie es tatsächlich waren. Die enge Beziehung zu unseren Lieferanten hilft uns außerdem, die Situation gut zu bewerkstelligen. Wir haben darüber hinaus den Vorteil, dass wir auf mehrere Lager zugreifen können und so unseren Kunden die nötigen Bauteile in der Regel auch beschaffen können. Es gab natürlich eine erhöhte Nachfrage für bestimmte Komponenten, aber die konnte in Rücksprache mit den Herstellern relativ schnell gedeckt werden. Zudem wurden Bestellungen entsprechend priorisiert, z.B. Lösungen für Medizintechnik. Der starke technische Support hilft darüber hinaus, Lösungen zu identifizieren oder auch bestehende Designs zu modifizieren.

Im Moment gibt es aber aus meiner Sicht keine besorgniserregenden Engpässe. Wir sehen auch, dass die Hersteller inzwischen flexibler geworden sind und an verschiedenen Standorten produzieren. Wir haben bei Farnell aber sowieso ein Team, das die Liefersituation ständig, also auch pandemieunabhängig beobachtet. Auch durch unsere Zugehörigkeit zu Avnet findet natürlich eine entsprechende Kommunikation statt.

Erwarten Sie Auswirkungen durch den Brexit auf Farnells Lieferfähigkeit in DACH, da mit dem Lager in UK ja ein deutliches Bekenntnis zum Standort UK getroffen wurde?

Ja richtig, das neue Lager ist in UK. Aber für die DACH-Region haben wir noch ein Lager in Belgien. In der Regel werden unsere Kunden aus Belgien beliefert, und nur wenn dort keine Ware verfügbar ist, greifen wir auf Bestände aus UK zurück. Insofern erwarte ich keine negativen Auswirkungen für unsere Kunden. Die Entscheidung für das Lager in UK wurde bewusst getroffen, da wir mit dem neuen Lager viele verbesserte und neue Services bieten können. Zudem können Kunden mit globaler Präsenz besser und schneller bedient werden.

Vor einiger Zeit begann man bei Farnell beim Sales für Mitteleuropa auf Call Center in Krakau zu setzen. Wie ist aktuell der Stand der Dinge?

Krakau ist immer noch ein wichtiger Standort für uns. Wir betreuen beispielsweise Osteuropa nach wie vor aus Krakau und auch verschiedene Back-Office-Funktionen sind hier vertreten.

Die Outbound-Aktivitäten sind aber in Deutschland angesiedelt. Das heißt, die Ansprechpartner für Deutschland, Österreich und Schweiz sind hier in Poing. Unsere Devise lautet: Zentralisieren, wo es sinnvoll ist, und lokal vertreten wo notwendig.

Farnell ist im Gegensatz zum einen oder anderen Mitbewerber naturgemäß sehr UK/US-geprägt. Welche Akzente wollen Sie aus und für DACH setzen?

Wir sind ein globales Unternehmen mit globaler Ausrichtung, aber dennoch mit Fokussierungen auf regionale Marktanforderungen. Es geht also darum, die Akzente zu setzen, die der jeweilige, in diesem Fall der deutschsprachige Markt braucht.

Bei Ihrer medialen Vorstellung war von der Verbesserung des Multichannel-Service- und Vertriebsangebots von Farnell zu lesen – was genau möchten Sie bzw. Farnell verbessern?

Wir sind sehr gut aufgestellt, aber es gibt immer etwas zu verbessern. Die Kundenanforderungen verändern sich rasant, und deshalb geht es darum, dass man sehr flexibel auf solche Anforderungen reagieren kann. Es ist also nie „gut genug“. Wir bringen inzwischen so viel aus unserem Privatleben mit ins geschäftliche. So prägt z.B. unser privates Bestellverhalten im Internet auch unsere berufliche Erwartung dahingehend, dass man einfach mit einem Mausklick eine Bestellung tätigen kann.

Wie soll die Gewichtung zwischen den Channels – Stichwort Multichannel – künftig aussehen?

Ich möchte die Gewichtung der Channels nicht verändern, weil ich glaube, dass die Kunden es sind, die das steuern. Wir bekommen auch immer noch Bestellungen per Fax oder Post. Die Kunden sollen die Möglichkeiten haben, die für sich passenden Kanäle auszuwählen. Ich glaube schon, dass man an Channels arbeiten muss und stetiger Verbesserungsprozess stattfinden muss, z.B. innerhalb der Website. Nichtsdestotrotz sollten Kunden auch weiterhin anrufen oder ein E-Mail schreiben können.

Ihre Mitbewerber betonen immer wieder, dass der Faktor Mensch im Vertrieb weiterhin eine wichtige Rolle spielt – wie sehen Sie das?

Ich bin überzeugt davon, dass der Mensch im Vertrieb immer eine wichtige Rolle spielt, glaube aber, dass sich der Mensch im Vertrieb verändern muss, weil sich das komplette Umfeld verändert. Es wird alles schnelllebiger und es gibt immer mehr Informationen. Der Mensch im Vertrieb muss flexibler werden und sich schneller entwickeln, damit er seiner Rolle gerecht wird. Nicht zuletzt zeigt das die Pandemie. Sie betrifft den Menschen und nicht die Maschine. Deshalb bin ich der Ansicht, dass es künftig mehr auf die richtige Balance zwischen Mensch und Maschine ankommt.

 


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