Nicht alles, was online steht, ist sinnvoll

Ersetzt das Internet künftig den FAE?

18. Juli 2012, 16:11 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Wird die persönliche Beratung überflüssig?

Welche Bedeutung hat das Medium Internet nun für die Volumendistribution? »Das Internet spielt schon jetzt eine tragende Rolle. Momentan sehe ich eine Tendenz der Volumendistribution, Konzepte für den Kleinmengenvertrieb a là Katalogdistribution zu erarbeiten, um hier auch an den Leads zu partizipieren«, schildert Dietmar Jäger, Senior Director Distribution von TDK-EPC. Der Verkauf von Kleinmengen war lange Zeit bei der Volumendistribution verpönt, mittlerweile wollen sie aber auch dieses Geschäft nicht mehr ausschließlich den Katalogdistributoren überlassen.

Dennoch, inwieweit ein Volumendistributor das Internet in seine Strategie einbindet, hängt von der Philosophie des Unternehmens ab: So sieht Roberto Dobrilla, Vertriebsleiter von MSC, das Internet mit gemischten Gefühlen: »Als Plattform, um Informationen schnell über Communities zu bekommen, um sich technisch über ein Produkt auszutauschen, ist es durchaus sinnvoll. Aber als Produktpräsentationsplattform ist das Internet für uns eher nachrangig.« Nach Ansicht von Karlheinz Weigl, Central Europe von Silica, hängt es aber auch stark von der Wertigkeit der Bauteile ab, inwieweit sich der Entwickler bei der Produktauswahl alleine durch die Informationen im Internet leiten lässt: »Ein Kunde wird jedenfalls nicht eine Entscheidung für oder gegen eine Cortex-Architektur basierend auf Internetinfos treffen. Aber bei Bauteilen, die weniger wertig sind, wird sich das Internet als Informationsgeber weiterhin durchsetzen.« Ganz so einfach dürfte es allerdings auch für den Entwickler nicht sein, sich unreflektiert seine Bauteile in den Weiten des Internets auszusuchen. Denn normalerweise haben zumindest größere Unternehmen einen internen Produktkatalog, der genau vorschreibt, welche Produkte der Entwickler verwenden darf, gibt Waldemar Christen zu bedenken, Leiter Vertrieb und Marketing bei der BMK Group. Das Augsburger EMS-Unernehmen beschäftigt selbst rund 60 Entwickler. »Ein einzelner Entwickler alleine entscheide noch nicht, ob das Produkt in die Bill-of-Material aufgenommen wird, so Christen. Ein Entwickler könne aber ein neues Produkt empfehlen. Alleine das reicht nach Ansicht von van Remmen aber schon aus, um die Produktauswahl in die falsche Richtung zu lenken. Denn wenn der Entwickler aufgrund seiner Internetrecherche die falschen Vorschläge macht, schränkt er die Entscheidung von vorne herein ein.

Aber jenseits von Produktpräsentationen und Communities nutzen die klassischen Distributoren das Internet mittlerweile, um dem Kunden nützliche Helferlein an die Hand zu geben, die den Schritt von der Produktidee zum Design einfacher machen sollen: Future zum Beispiel hat über die Webseite seiner Future Lighting Solutions ein umfassendes Angebot rund um die Entwicklung von Solid State Lighting Systemen gebündelt: von Simulation-Software, die dabei hilft, die richtige Anzahl an LEDs für die vorgegebenen Spezifikationen zusammenzustellen, bis hin zu Selektionshilfen für LED-Treiber. Ein solches Angebot ist zwar im ersten Schritt der Entwicklung sinnvoll und hilfreich, aber den FAE wird die »Beratung« über das Internet auch in Zukunft nicht ersetzen. Denkanstöße könne das Internet auf alle Fälle geben. Die finale Entscheidung für oder gegen ein Produkt wird aber auch in Zukunft auf der persönlichen Beratungsebene stattfinden müssen, wie Claus Knoblauch, Sales Director North von Arrow Central Europe, betont: »Es wird für uns extrem wichtig sein, im Internet präsent zu sein. Ich glaube aber nicht, dass wir mit dem Internet den klassischen FAE ersetzen können.« Die Distribution könne mit ihrer Anzahl an FAEs die Vielzahl an – potenziellen – Kunden ja gar nicht so erreichen wie über das Internet, so Knoblauch weiter. Hier steige die Bedeutung des Online-Kanals auf alle Fälle in der Erstansprache des Kunden. »Aber im Nachgang werden trotzdem Applikationsspezialisten vor Ort sein, die Systeme noch mal mit den Entwicklern im Detail besprechen.«

Denkbar wäre aber auch, dass sich die Wertschöpfung in der Beratung verschieben wird, und damit sind vielleicht in Zukunft auch andere Beratungsmodelle in der Distribution gefragt, wie Weigl erklärt: »Wir begleiten den Kunden derzeit von der NPI-Phase bis zum Prokjekt. Der NPI-Teil wird in Zukunft aber meines Erachtens sehr stark über die Communities abgedeckt werden. Dann brauchen wir eine andere Art von technischer Betreuung.« Der Schwerpunkt der Volumendistribution werde dann eher darin liegen, ähnlich einem »Support Center« jederzeit schnell erreichbar zu sein, um spezifische Probleme mit dem Kunden zu besprechen.
Einen anderen Aspekt des Internets greift Johann Weber auf, Vorstandsvorsitzender von Zollner Elektronik: Jenseits der Diskussion um das Internet als Präsentationsplattform für Informationen und Produkte ist es laut Weber ein probates Medium, um die Kommunikation mit dem Kunden und in der Lieferkette zu vereinfachen, beispielsweise über die Plattformen Pool-for-Tool oder WebEx. Das sind Möglichkeiten, jenseits des teuren EDI, die, optimal genutzt, die Zusammenarbeit in der Lieferkette wesentlich transparenter machen würden, so Weber.


  1. Ersetzt das Internet künftig den FAE?
  2. Brand-Awareness über das Internet ist kostengünstig
  3. Wird die persönliche Beratung überflüssig?

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