Distributionsmarkt unter Druck

16. April 2009, 10:25 Uhr | Carmen Skupin
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Distributionsmarkt unter Druck

Wie stark der Umsatz der einzelnen Distributoren und Hersteller einbricht, hängt vom Engagement in den jeweiligen Marktsegmenten ab. ST Microelectronics beispielsweise, stark im Automotivesegment verankert, musste im ersten Quartal 2009 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres im Segment Distribution einen Rückgang von rund 35 Prozent hinnehmen. Karlheinz Weigl, Silica, schätzt den Rückgang im ersten Quartal 2009 auf rund 20 Prozent gegenüber Q1 2008. Der Auftragseingang, schätzt Martin Meier, MSC Gleichmann, dürfte im ersten Quartal 2009 um rund 30 Prozent zurückgegangen sein. »Die Auftragseingänge sind gegenüber den rechnungsgestellten Auslieferungen deutlich im Hintertreffen.«

Nicht alle Segmente sind tiefrot
 
Die EMS-Industrie wartet mit ähnlichen Zahlen auf: In der Netzwerktechnologie sind die Umsätze in den ersten drei Monaten des Jahres gegenüber 2008 um 35 Prozent eingebrochen, in der Telekommunikation um 20 Prozent, im Automobilsegment ebenfalls um 35 Prozent. Weniger drastisch, so Johann Weber, Zollner Elektronik, sieht es bei der Datentechnik mit -5 Prozent aus sowie in der Mess- und Medizintechnik mit einem Minus von 7 Prozent. »Für sich betrachtet, schneidet die Medizintechnik allerdings positiv ab«, sagt Weber, »diese Branche hat die Talsohle bereits im letzten Jahr durchschritten und rechnet 2009 wieder mit einem Wachstum von 5 Prozent«. Und noch weitere Bereiche trotzen dem Abwärtstrend: So sei die Nachfrage aus den Sektoren Bankautomaten, generell das Handling von Banknoten wie zum Beispiel Ticketautomaten, Schienen- und Wasserfahrzeuge sowie die Luftfahrt positiv. Belohnt wird, wer sich breit aufgestellt hat.

Wie lange die Durststrecke noch dauern wird, ist im Moment zwar nicht abzusehen. »Aber nach meinem Empfinden haben wir die Talsohle erreicht. Es gibt Anzeichen, dass es wieder nach oben geht, auch wenn diese im Markt noch nicht spürbar sind«, meint Johann Weber. Das mag für die EMS-Branche in einzelnen Segmenten gelten - die Distributoren müssen sich wohl noch auf eine längere Dürreperiode einstellen. »Für uns als Distributor ist die Talsohle sicherlich noch nicht erreicht. Wir rechnen damit, dass unsere Kunden die Läger weiter nach unten fahren und erst einmal ihre Endprodukte abverkaufen, bevor wieder Material bestellt wird«, meint Bernd Pfeil, EBV Elektronik. Da das erste Quartal traditionell stärker als das zweite und das dritte ausfällt, müsse man erwarten, dass die Buchungen und damit die Umsätze im Lauf des Jahres weiter einknicken. »Wir rechnen damit, dass es noch ein Stück weit nach unten gehen wird, aber nicht mehr so dramatisch, wie wir es in den letzten Wochen gesehen haben«, meint Gerald Meier, Future Electronics. Peter Grolms, Acal, beobachtet, dass Kunden neben Stornierungen vor allem Verschiebungen Richtung September vornehmen. Erst dann rechneten viele Firmen offenbar wieder mit steigendem Bedarf.

Der Sommer dürfte für die meisten Distributoren also noch einmal schwer werden, wenngleich ein Silberstreif am Horizont sichtbar ist. »In einigen Produktbereichen sehen wir bei unseren Distributionspartnern zwar einen gewissen Abbau der Lagerbestände, aber insgesamt sind bei ihnen noch sehr hohe Bestände vorhanden«, so Dietmar Jäger, Epcos. »Die Endkunden halten sich mit Aufträgen nach wie vor zurück und bestellen immer noch sehr kurzfristig. Wer allerdings sein Lager jetzt zu knapp oder falsch bestückt, kann künftig zu den Verlierern gehören.« Karlheinz Weigl warnt zudem vor Sondereffekten. Da sowohl die Lager als auch die Fertigungskapazitäten dramatisch nach unten gefahren wurden, könnte es kurzfristig in einigen Bereichen zu Engpässen kommen. »Die Sicherheitsläger von Kunden wurden bereits abgebaut, die Halbleiterhersteller fahren teilweise mit einer Kapazitätsauslastung von 50%. Das bedeutet, dass noch nicht einmal ein Aufschwung nötig ist, sondern lediglich eine Stabilisierung der Lage ausreicht, um es punktuell zu Engpässen kommen zu lassen.« Niemand disponiert momentan langfristig, weil ja alles verfügbar ist, während die Lagerumschläge seit September dramatisch steigen. Aufträge werden erst geschoben - dann kurzfristig abgerufen. »Dieses Verhalten kann relativ schnell zu Problemen führen«, warnt Weigl.


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