Das laufende Jahr wird für die Distribution keinen Trend zum Positiven bringen - doch gibt es erste Anzeichen, dass sich die Lage Ende des Sommers zumindest stabilisieren könnte. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass heruntergefahrene Kapazitäten und fehlendes Planungsverhalten der Kunden zu Engpässen führen könnten.
Der Erdrutsch, der den Distributionsmarkt im vierten Quartal 2008 und in den ersten drei Monaten 2009 ereilt hat, dürfte in der Branchengeschichte einmalig sein: Der Auftragseingang ist teilweise um 30 Prozent eingebrochen. Der Sog, der sich anfangs vor allem auf den Automotive-Bereich konzentrierte, hat nun auch weitere europäische Schlüsselindustrien fest im Griff.
»Einbrüche hat es natürlich auch in der Vergangenheit gegeben, aber noch nie ist der Markt in so kurzer Zeit von einer Hochphase in die Rezession gestürzt«, schildert Bernd Pfeil, EBV Elektronik, das derzeitige Szenario. Zyklisch war das Halbleitergeschäft schon immer. »Nichtsdestotrotz«, schildert Martin Meier, MSC Gleichmann, »ist das erste Quartal in der Distribution erfahrungsgemäß immer das stärkste Quartal des Jahres. Das heuer die ersten drei Monate sowohl beim Auftragseingang als auch bei den Billings deutlich hinter dem vierten Quartal zurückliegen, ist besorgniserregend.«
Und noch ein weiteres »Naturgesetz« scheint ausgehebelt: Zyklische Ausschläge - nach oben wie nach unten - haben den Distributionsmarkt in der Vergangenheit weitaus weniger betroffen als den OEM-Markt. Eine breite Kundenbasis kleiner und mittelgroßer Industriebetriebe sowie eine Vielzahl von Marktsegmenten hatten dafür gesorgt, dass auch in konjunkturell schlechten Zeiten ein wirtschaftliches Grundrauschen zu vernehmen war. So zeigten sich noch im November letzten Jahres viele Distributoren zuversichtlich, dass die klassischen Schlüsselmärkte der Distribution wie Industrie, Automatisierung oder der Maschinenbau nur überschaubare Einbrüche vorweisen würden. Doch es blieb bei dem Wunsch.
»Mittelständische Industriekunden und auch der Maschinen- und Anlagenbau waren noch lange in der Hoffnung, die Krise ohne große Einbußen zu überstehen, weil diese Branchen in den letzten Jahren kontinuierliches Wachstum gezeigt hatten«, sagt Andreas Mangler, Rutronik. Doch auch diese Firmen mussten überrascht feststellen, dass es die europäischen Schlüsselindustrien ebenso heftig und plötzlich erfasst hat wie die übrige Wirtschaft. Die Distribution wurde mit Verzögerung getroffen. Genauso wie der Mittelstand, der ja vor allem über die Distributoren beliefert wird. »Das Außergewöhnliche an der jetzigen Situation ist, dass sämtliche Marktsegmente von der Rezession erfasst wurden. Während in der Vergangenheit einige Segmente verzögert oder gar nicht reagiert haben, bröckelt es nun auf breiter Front«, schildert Norbert Siedhoff, Microchip.