Zur konkreten Erprobung der Einsatzmöglichkeiten einer elektronischen Sicherung hat der Halbleiterhersteller und Sensorspezialist ams verschiedene IP-Blöcke, die zur Realisierung einer intelligenten Sicherung notwendig sind, als Demosystem aus diskreten Bauelementen zusammengestellt. Gleich ein hoch integriertes Bauteil anzubieten wäre nicht sinnvoll gewesen, da ams die verschiedenen möglichen Funktionsblöcke zunächst mit OEMs und Tier Ones diskutieren will. Ein hochintegrierter Baustein soll nicht nur eine möglichst ideale Anzahl an Kanälen, sondern auch eine möglichst optimale Schnittmenge an Funktionen und die gewünschte Performance aufweisen. Nach Abschluss der Diskussionen soll der Baustein dann zügig realisiert werden. Das Blockschaltbild des Demosystems ist in Bild 1 dargestellt. Eine intelligente Sicherung besteht in erster Linie aus einem Schaltelement und einer Strommessung, wie die folgende Übersicht zeigt.
MOSFET-Treiber
Die eigentlichen Schaltelemente werden als externe MOSFETs realisiert. Die Treiber hierfür müssen sehr schnell durchschalten können, da damit zu rechnen ist, dass hohe Lasten häufiger zu schalten sind. Die starken Treiber dabei im ungünstigen linearen Bereich zu halten würde zu unnötig hohen Verlusten führen. Die Schalter müssen – wie traditionelle Sicherungen – in der Zuleitung, also High-Side, eingebaut werden. Daher ist es auch erforderlich, dass die Treiber mittels einer eingebauten Ladungspumpe die nötige Spannung oberhalb der Batteriespannung bereitstellen.
Strommessung
Die Strommessung muss ebenfalls im Zuleitungspfad eingebaut werden. ams hat hierfür eine Technologie entwickelt, die direkt an Kupferleitungen messen kann, ohne temperaturstabile, aber auch teure legierte Shunts zu benötigen. Die entsprechenden Bausteine werden hierzu direkt auf den Zuleitungen platziert, um die Temperatur genau messen zu können, ohne auf externe Sensoren zurückgreifen zu müssen (Bild 2). Dies ist notwendig, um den Temperaturkoeffizienten des Kupferwiderstands kompensieren zu können. Hierfür wird eine hinreichend genau definierte Leiterbahn als Shunt benutzt. Dass die Strommessung ebenfalls High Side ausgeführt werden muss, bringt die Notwendigkeit mit sich, entsprechende Level Shifter einzubauen. Als Strommessgenauigkeit sind etwa 2 % vorgesehen, diese Vorgaben können aber – je nach Anforderung – noch verbessert werden. Eine direkte Abschaltung per Hardware ist ebenfalls vorgesehen. Hierfür wird ein Schwellwert in einem Komparator direkt eingegeben, um die gewünschten 20 µs Abschaltzeit zu erreichen.
Mehrere Strompfade werden so zusammengeführt, dass die thermische Kopplung für alle Shunts dieselbe Temperatur ergibt. Der temperaturabhängige Widerstand wird dann im Mikrocontroller kompensiert. Der Analog-Digital-Umsetzer selbst ist mit einer Chopper-Architektur ausgeführt, um keinen Offset bei den kleinen Stromsensor-Signalen berücksichtigen zu müssen. Level Shifter bringen das Signal in den Messbereich des Analog-Digital-Umsetzers. Das notwendige Dechopping wird im digitalen Filter der Sigma-Delta-Architektur durchgeführt. Damit wird jeglicher Offset im gesamten Signalpfad eliminiert. Als Auflösung sind 16 bit vorgesehen; die notwendigen Referenzen bzw. Oszillatoren sind ebenfalls vorhanden. Das Prinzip des analogen Chopping und digitalen Dechopping ist in Bild 3 dargestellt.
Temperaturmessung
Zur Temperaturmessung der MOSFETs sind Temperatursensoren vorgesehen. Auch hier ist es notwendig, eine zusätzliche schnelle Abschaltung per Hardware vorzusehen, damit bei einem plötzlichen dramatischen Anstieg der Temperatur nicht zuerst eine Messung ausgelöst werden muss, sondern eine analoge Schaltung direkt ein Abschalten auslösen kann.
Mikrocontroller
Auf dem Test-Board befindet sich auch ein Mikrocontroller, der für eine Reihe von Aufgaben vorgesehen wurde. Dazu gehören u.a.
digitales Dechopping für den Strommesspfad Widerstandskompensation der Kupfer-Shunts Analog-Digital-Umsetzer-Vorgabe für die Abschaltschwelle Software zur Weiterleitung der Strommess-Daten Kommunikationsschnittstelle Management der Schutzfunktionen
Den Mikrocontroller wird es in einem finalen Baustein sicherlich nicht mehr geben. Der Grund dafür ist, dass die entsprechenden Funktionen einfach und kostengünstiger per State Machine (Zustandsautomat) realisierbar sind. Eine aufwändige Software-Entwicklung ist dann im Einzelfall nicht mehr notwendig; außerdem sind fest verdrahtete Schaltungen nicht anfällig gegen Software-Fehler, Fehler im Compiler und Interrupt-Konflikte. Die möglichen Betriebszustände sind überschau- und damit beherrschbarer. Im Sinne langjähriger Betriebssicherheit wird eine solche Auslegung bevorzugt.
Funktionale Sicherheit
Die Betrachtung der funktionalen Sicherheit dieser Schaltung ist noch sehr vorläufig. Insgesamt wird im Augenblick überlegt, ASIL A vorzusehen und ggf. höhere Ansprüche über Redundanzen bzw. Software-Überwachung zu realisieren. Falls es notwendig ist, für eine große Anzahl von Anwendungen einen höheren ASIL zu realisieren, hat ams genügend Erfahrung, um dies umzusetzen. Letztlich sollte dabei allerdings nicht aus den Augen verloren werden: Eine Schmelzsicherung hat keinen ASIL!
Die Autoren
Dipl.-Ing. Martin Jaiser |
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hat sich nach dem Studium der Elektrotechnik an der Uni Karlsruhe bei Analog Devices in verschiedenen Positionen im Vertrieb intensiv mit Analogtechnik beschäftigt. Nach einem kurzen Abstecher in die Konsumelektronik bei Rambus arbeitet er nun als Field Application Engineer im Bereich Automobilelektronik bei ams |
Dipl.-Ing. Manfred Brandl |
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wurde an einer Ingenieurschule für Elektrotechnik ausgebildet und hat einen TU-Diplomabschluss in Maschinenbau. Seit 2000 ist er in der Automotive-Marketing-Abteilung von ams mit Fokus auf Energy-Storage-Anwendungen tätig. Aktuell arbeitet er als Produktmanager für das Geschäftsfeld Mobility Sensors. |