Aktuell ist die Anzahl der installierten Ladestationen jedoch überschaubar. »Wir befinden uns noch in der Pilotphase, bei der wir einerseits überprüfen wollen, wie zuverlässig unsere Lösung mit den sehr unterschiedlichen baulichen Gegebenheiten von Bestandsimmobilien zurecht kommt«, sagt Häse. So behalten sich die Stadtwerke in dieser Phase vor, gegebenenfalls technische Komponenten kostenlos durch bessere Lösungen zu ersetzen. Andererseits soll auch die generelle Akzeptanz des gewählten Vertragsmodells überprüft werden. Seit Ende 2017 gehen die SWM aktiv auf potenzielle Kunden zu und haben bereits Ladelösungen sowohl in privaten Mehrfamilienhäusern als auch bei Unternehmen installiert. Entwickelt und erprobt wurde die Ladelösung bei den Stadtwerken selbst: Zum SWM-Fuhrpark gehören inzwischen 11 Elektroautos, weitere 50 werden noch hinzukommen.
Umdenken erforderlich
Mit Erreichen einer zweistelligen Zahl von Ladeprojekten soll der Übergang von der Pilotphase zum Regelbetrieb erfolgen. Laut Häse ist damit noch dieses Jahr zu rechnen. Auf Anfrage erhalten alle Interessierten bereits jetzt ein Angebot von den SWM. Aktuelle Projekte beruhen aber vor allem auf Hausverwaltungen, die mit dem Ladewunsch der Bewohner konfrontiert werden. »Bei den Erstkontakten sind dann viele positiv überrascht, weil sie gar nicht damit rechnen, dass es ein solches Angebot überhaupt gibt.« Gleichzeitig erfordert das Münchner Modell bei den Kunden ein gewisses Umdenken: »Manche wollten etwa ursprünglich nur wenige zentrale Ladestellplätze in der Tiefgarage einrichten«, so Häse. Doch das hätte ein häufiges und damit lästiges Umparken zur Folge. Stattdessen können mit der SWM-Lösung beliebige Stellplätze individuell nachgerüstet werden. Die Kunden müssen sich allerdings an den Gedanken gewöhnen, dass eben nicht immer die volle Ladeleistung vorhanden ist.
Für Häse ist das neue Angebot etwas, das sich nicht über bunte Kataloge, sondern vor allem über einen kurz gefassten und verständlichen Gestattungsvertrag verkaufen lässt: »Eine Wohneigentümergemeinschaft schaut sich vor einer Entscheidung immer den Vertragstext an. Je länger der Text ist, umso schwieriger wird es, eine Zustimmung zu erhalten.« Der SWM-Vertrag sei deshalb nur ein Drittel so lang wie sonst übliche Vereinbarungen und beruhe auf einem grundsätzlichen Vertrauen zum Kunden. »Wir sichern uns da nicht gegen jede Eventualität ab.«
Einer weiten Verbreitung der SWM-Ladelösung steht zumindest technisch nichts im Wege. Die Gesamtkapazität des Münchner Stromnetzes reicht laut Häse für eine 30- bis 50-prozentige Abdeckung der vorhandenen Parkkapazitäten aus. In einer späteren Ausbaustufe soll es dann zudem möglich sein, bei der Steuerung der Ladevorgänge neben der Gebäudesituation auch die Auslastung des Gesamtnetzes zu berücksichtigen. Eine Umstellung auf echte Verbrauchsmessungen statt einer pauschalen Abrechnung ist ebenfalls angedacht. Momentan ist dies aufgrund eichrechtlicher Probleme noch nicht möglich. Solche Vertragsdetails dürften bei der Entscheidung für oder gegen ein Elektroauto allerdings keine große Rolle spielen. Viel entscheidender ist, dass sich ein Stellplatz überhaupt mit einer Lademöglichkeit ausstatten lässt.