Mieten statt kaufen: Beim „Münchner Modell“ gehen die Stadtwerke in Vorleistung und rüsten auch Tiefgaragenplätze nachträglich mit Lademöglichkeiten aus. Eine clevere Tarifstruktur macht dieses Angebot sowohl für Eigentümergemeinschaften als auch für Stellplatzmieter interessant.
Für viele Stadtbewohner bedeutet der Umstieg auf ein Elektrofahrzeug den regelmäßigen Verzicht auf ein meist teuer bezahltes Privileg: das Parken auf dem eigenen Stellplatz. Denn bislang lassen sich private Tiefgaragen- oder Hofplätze einfach zu selten mit einer Lademöglichkeit ausstatten. Zum einen ist dafür die Zustimmung der Wohneigentümergemeinschaft bzw. des Vermieters erforderlich. Zum anderen lohnt sich gerade bei nur vorübergehend gemieteten Stellplätzen der finanzielle Aufwand oft nicht. Die Aussicht, stattdessen immer wieder eine der noch raren und nicht unbedingt in direkter Nachbarschaft befindlichen öffentlichen Ladestationen aufsuchen zu müssen, erschwert die Entscheidung für ein Elektrofahrzeug doch erheblich.
Genau an dieser Stelle wollen die Stadtwerke München (SWM) mit einem ausgeklügelten Ladelösungs-Mietmodell speziell für Stellplätze in Mehrfamilienhäusern und Bürogebäuden ansetzen: Der Eigentümergemeinschaft bzw. dem Vermieter entstehen beim sogenannten „Münchner Modell“ überhaupt keine Kosten. Der Nutzer oder Mieter des Stellplatzes zahlt in der Pilotphase für die erste Bereitstellung der Ladelösung einmalig 1450 Euro sowie pro Monat eine Nutzungspauschale von 45 Euro. Dazu kommt eine monatliche Ökostrom-Verbrauchspauschale zwischen 24 und 54 Euro je nach vorhandener Akkukapazität im Auto. Wichtig für Mieter: Bei einem Wohnungswechsel oder Verkauf des Elektrofahrzeugs besteht ein Sonderkündigungsrecht. Grundsätzlich läuft der Vertrag zunächst drei Jahre und verlängert sich danach jeweils um ein Jahr, sofern er nicht gekündigt wird.
Minimierte Risiken
Damit sind zwei wesentliche Hindernisse bei der Nachrüstung von Ladestationen entschärft: Einer Eigentümergemeinschaft fällt die erforderliche Gestattung erheblich leichter, wenn diese nicht mit Kosten verbunden ist. Und mit dem Sonderkündigungsrecht minimiert sich das Risiko für alle, die kurzfristig Wohnung oder Auto wechseln müssen. Doch wie funktioniert das Nachrüsten technisch – und wo ist der Haken bei der Sache?
»Wir arbeiten mit ungenutzten Kapazitäten des vorhandenen Hausanschlusses und müssen daher keine teure zusätzliche Leitung legen«, sagt Marcus Häse, der als sogenannter „Product Owner“ bei den SWM für das Projekt Miet-Ladelösung verantwortlich ist. Jeder Hausanschluss ist so ausgelegt, dass er auch den Spitzenverbrauch in den Morgen- und Abendstunden bewältigt. Diese Reserve kann in den übrigen Zeiten mit geringerem Stromverbrauch zum Laden genutzt werden. Im Mittel ist ein Hausanschluss im Mehrfamilienhaus mit 2 kW pro Wohnung dimensioniert. Laut Häse lassen sich damit maximale Ladeleistungen von bis zu 22 kW per Typ-2-Stecker bzw. bei Bedarf auch individuell angepassten Steckerlösungen realisieren – allerdings nicht rund um die Uhr. Wer wann wieviel Strom erhält, regelt ein intelligentes Lastmanagementsystem.
Bedarfsabängige Ladeleistung
Daraus ergeben sich zwei Einschränkungen: So ist das Münchner Modell nicht mit anderen Ladelösungen wie z.B. den Wall-Boxen der Autohersteller kompatibel, da sich diese nicht vom Lastmanagement steuern lassen. Aufgrund der geringen Verbreitung solcher Lösungen in Mehrfamilienhäusern spielt das in der Praxis allerdings kaum eine Rolle. Die zweite Einschränkung ist da schon relevanter: Während der Spitzenverbrauchszeiten kann die Ladeleistung einige Minuten bis auf null herunter gehen. Wer also sein Fahrzeug abends nach Büroschluss abstellt, muss schon etwas Geduld mitbringen. Angesichts der typischen Nutzungsdauer eines Autos von durchschnittlich einer Stunde pro Tag bleibt allerdings in der Regel genügend Zeit, um die Akkus wieder aufzufüllen. Dies gilt umso mehr, da die SWM-Lösung auch für die Stellplätze von Büros und Unternehmen konzipiert ist. Im Idealfall könnte ein Elektroauto so nahezu rund um die Uhr geladen werden.