Pilotprojekt BLD Next

So wird bidirektionales Laden massentauglich

22. November 2023, 10:17 Uhr | Irina Hübner
Bidirektional ladendes Elektroauto.
© FfE

Das Forschungskonsortium BDL Next führt einen mehrstufigen Feldversuch zur Erprobung der Massentauglichkeit und Massenintegration des bidirektionalen Ladens von E-Fahrzeugen durch. Das Ziel: bidirektionale Serienfahrzeuge in das Energieökosystem zu integrieren.

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Träger des Verbundprojekts ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Nach drei Jahren Projektlaufzeit sollen bidirektionale Serienfahrzeuge mithilfe standardisierter Technologien vollständig in energiewirtschaftliche Marktprozesse, den Netzbetrieb und das Energieökosystem der Kund:innen integrierbar sein.

Das Vorgängerprojekt BDL hat gezeigt, dass Elektrofahrzeuge ein vielfältiges Potenzial für markt-, netz- und systemdienliche Zwecke sowie für Anwendungen im Interesse der Letztverbraucher bieten. Beispiele dafür sind die Eigenverbrauchsoptimierung bei privaten PV-Anwendungen oder die Bereitstellung von Energie zum Ausgleich von Frequenzschwankungen im Stromnetz. Voraussetzung hierfür ist, dass die Fahrzeuge Strom sowohl intelligent beziehen als auch rückspeisen können.

Weiterentwicklung technischer Lösungen

Zum aktuellen Zeitpunkt bestehen weiterhin sowohl technologische als auch rechtlich-regulatorische und prozesstechnische Lücken, die eine nahtlose Überführung in den massenfähigen Realbetrieb von bidirektionalen Ladestrategien bislang verhindern. Genau hier setzt BDL Next an: Kern des Projekts ist die Weiterentwicklung technischer Lösungen, um die Systeme stärker mit etablierten Prozessen der Energiewirtschaft bei der Vermarktung von Energiemengen an der Strombörse oder Systemdienstleistungen zu verzahnen.

Gleichzeitig wird auch am netzorientierten Betrieb bidirektionaler Fahrzeuge gearbeitet, damit diese zukünftig integraler Bestandteil unseres robusten und intelligenten Stromnetzes werden. Mit einem mehrstufigen Feldversuch sollen die Erfahrungen aus dem Realbetrieb genutzt werden, um Schwachstellen der Konzeption und technischen Entwicklung offenzulegen, ökonomische und ökologische Mehrwerte des bidirektionalen Ladens weiter zu steigern und die Integration der Technologie aus Kundenperspektive weiter zu vereinfachen.

Mehrstufiger Pilotbetrieb

Zur Erprobung und Demonstration der neuentwickelten Lösungen wird ein dreistufiger Pilotbetrieb angestrebt. Im ersten Schritt werden virtuell die Vermarktungs- und Betriebsstrategien weiterentwickelt und getestet. Anschließend kommen einige Pilotfahrzeuge des Vorgängerprojekts zum Einsatz, um die Prozesse zu implementieren und zu prüfen. Abschließend findet ein Wechsel auf bidirektionale Serienfahrzeuge statt, um die Massentauglichkeit der Technologie zu demonstrieren.

Die Leitung des dreijährigen Forschungsprojektes übernimmt die Forschungsstelle für Energiewirtschaft FfE aus München. Am Projekt beteiligen sich außerdem der Automobilhersteller BMW, die Netzbetreiber Bayernwerk Netz und TenneT und das Energieunternehmen E.ON. KEO und Compleo decken die Bereiche EEBUS-Kommunikationstechnik und Ladeinfrastruktur ab. Komplettiert wird das Konsortium mit dem KIT, der Universität Passau und der EBZ Business School, die sich im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung beteiligen.

Gefördert wird das dreijährige Vorhaben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit über 11 Millionen Euro.

Fünf Projektschwerpunkte

Neben dem gemeinsamen Pilotbetrieb arbeiten die beteiligten Partner in verschiedenen Arbeitspaketen an der technologischen Weiterentwicklung der benötigten Schnittstellen und Prozesse, um die verschiedenen Use Cases des bidirektionalen Ladens nahtlos in bestehende Systeme zu integrieren:

  • Die beteiligten Unternehmen entwickeln eine Aggregations-Plattform, die es ermöglicht, Elektrofahrzeuge und andere Flexibilitäten effizient zu verbinden und zu steuern. Ziel ist es, dass diese im alltäglichen Betrieb sowohl zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen als auch auf Marktanforderungen reagieren können.
  • Die gesammelten Anforderungen der Use Cases werden detailliert in technischen Dokumentationen der einzelnen unterschiedlichen Kommunikationsstrecken beschrieben und an die entsprechenden Standardisierungsgruppen überführt. Aus den jeweiligen technischen Dokumentationen werden Software-Lösungen für die einzelnen Endgeräte entwickelt, mit dem Ziel der interoperablen Kommunikation.
  • Im Rahmen der Netzintegration werden die Entwicklung, der Aufbau und der Betrieb einer konzeptionellen Niederspannungsnetzleitwarte, aufbauend auf Erkenntnissen und Ergebnissen der Vorgängerprojekte, umgesetzt. Der Fokus liegt dabei auf Monitoring, Bewertung, Prognose sowie auf der Steuerung von Flexibilitäten.
  • Unter dem Titel Marktintegration streben die Partner eine Anbindung der Aggregationsplattform an die Energiemärkte an. Dabei werden Handelsstrategien zur Vermarktung der verfügbaren Flexibilitäten eines Aggregators über die verschiedenen erschließbaren Marktkanäle entwickelt und ein transparentes und effizientes Abrechnungs- und Messkonzept aufgestellt. Zudem sind eine einfache, verständliche Integration sowie die Bereitstellung der Soft- und Hardware beim Nutzer wichtige Bausteine, welche ebenfalls innerhalb dieses Arbeitspakets untersucht werden.
  • Im Arbeitspaket Systemintegration werden Prozesse entwickelt, die eine skalierbare Integration von bidirektionalen Elektrofahrzeugen in das Energiesystem zur Erbringung von Regelleistung und Redispatch ermöglichen – unter Beachtung und ggf. Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens.

Begleitend forschen die beteiligten Hochschulen und Institute zu den Themen Kundenerlebnis, Nutzerverhalten, Optimierungspotenzialen des Energiemanagements, sowie zu Rückwirkungen der Technologie auf die Stromnetze und das Energiesystem. Aufbauend auf den Potenzialen der Elektrofahrzeuge werden im Rahmen der Begleitforschung unterschiedliche Use Cases sowie Multi Use Anwendungen, auch unter Verwendung eines Heim-Energiemanagementsystems aus Nutzersicht, umfassend analysiert.

 


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