Bei einem für die Elektromobilität so wichtigen Thema wie dem zügigen Ausbau der Ladeinfrastruktur sollte es eigentlich Rechtssicherheit geben. Doch momentan sieht es so aus, dass es beim eichrechtskonformen Laden zu einer rechtlichen Hängepartie kommt.
Viele Betreiber von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge werden sich ab dem 1. April 2019 wohl in einer ähnlichen Situation befinden wie die Käufer einer geringen Menge Haschisch: Sie verhalten sich zwar illegal, doch die Behörden können von einer strafrechtlichen Verfolgung absehen. Klingt absurd, ist aber aktueller Stand der Dinge in Sachen eichrechtskonformes Laden – und ein warnendes Beispiel dafür, was passiert, wenn staatliche Vorgaben technische Sachzwänge einfach ignorieren.
Denn wie die Markt&Technik bereits berichtete, ist insbesondere bei Schnellladesäulen eine fristgerechte Umrüstung auf die ab dem 1. April in Deutschland vorgeschriebene eichrechtskonforme Abrechnung des Ladevorgangs in Kilowattstunden schon allein deshalb nicht möglich, weil entsprechende Gleichstrom-Messeinrichtungen erst im Laufe des Jahres in ausreichender Zahl verfügbar sein werden. Etwas besser sieht es bei den langsameren Wechselstromladern aus. Hier gibt es inzwischen eichrechtskonforme Lösungen, doch die notwendige Umrüstung bereits bestehender Ladesäulen wird deutlich länger als bis Ende März dauern. Zudem ist bei einer größeren Anzahl von Ladestationen aus Altersgründen überhaupt kein Update möglich.
Laut einem Bericht des Tagesspiegel hat die Politik für diesen Schlamassel nun eine sehr spezielle Lösung gefunden: Eine weitere offizielle Fristverlängerung für die Aussetzung des Eichrechts und der Preisangabenverordnung über den 31. März hinaus lehnt das Bundeswirtschaftsministerium ab. Dafür sollen die Landeseich- und Preisbehörden unter bestimmten Bedingungen ein Auge zudrücken. Konkret wird voraussichtlich die Abgabe einer Absichtserklärung sowie eines Nachrüstplans reichen, um ein Ordnungswidrigkeitsverfahren mit entsprechenden Bußgeldern zu vermeiden. Dies legt zumindest das Protokoll eines Treffens zwischen Vertretern aus Wirtschaft, Politik und den Eichbehörden am 18. Januar 2019 nahe.
Solche mit heißer Nadel gestrickten Ausnahmeregelungen bedeuten allerdings immer auch eine Rechtsunsicherheit, die sich Deutschland gerade bei einem für die Elektromobilität so wichtigen Thema wie dem zügigen Ausbau der Ladeinfrastruktur nun wirklich nicht leisten sollte. Hier ist eine Unterstützung durch den Gesetzgeber gefragt und keine zusätzliche Hürde durch Vorgaben, die an der technischen Realität vorbeigehen.