Neben Supersportwagen und den allgegenwärtigen SUVs sind auf dem Genfer Autosalon auch erste Vorboten einer elektrischen und digitalen Zukunft zu sehen. Ausgerechnet eine deutsche Traditionsmarke bricht dabei mit branchenüblichen Regeln.
In den USA gibt es eine klare Arbeitsteilung: Wer sich bei Zukunftsthemen wie autonomes Fahren, Elektromobilität oder Vernetzung auf den neuesten Stand bringen will, fährt im Januar nach Las Vegas zur CES. Traditionalisten werden dagegen auf der direkt im Anschluss stattfindenden NAIAS in Detroit fündig, wo immer noch kraftstrotzende Boliden und riesige Pick-ups das Messebild bestimmen.
In Europa versucht der bis zum 18. März geöffnete Genfer Autosalon einen Spagat: Petrolheads dürfen sich an PS-Preziosen wie einem McLaren Senna (800 PS), einem Ferrari 488 Pista (720 PS) oder einem Porsche 911 GT3 RS (520 PS) delektieren. Doch Porsche bedient nicht nur die Fans des klassischen Saugmotors, sondern präsentiert mit dem seriennahen Konzeptfahrzeug Mission E Cross Turismo seinen zweiten Stromer. Der Elektro-Crossover leistet satte 600 PS und soll ohne Ladestopp bis zu 500 km weit kommen. Darüber hinaus wollen die Zuffenhausener mit ihrer 800-Volt-Technik sogar ins Geschäft mit Ladeelektronik einsteigen.
In Genf sind neben verschiedensten Prototypen indes auch E-Autos zu sehen, die bereits in diesem Jahr auf den Markt kommen werden, etwa der iPace von Jaguar oder die elektrische Version des Hyundai Kona. Dem Thema autonomes Fahren wiederum widmen sich u.a. die noch sehr futuristisch wirkenden Studien I.D. Vizzion und Sedric School Bus von VW. Wie stark die Digitalisierung des Autos schon jetzt traditionelle Entwicklungskonzepte auf den Kopf stellen kann, zeigt die neue Mercedes-A-Klasse: Wurden Innovationen bislang meist streng von oben nach unten eingeführt, spendiert Daimler nun ausgerechnet dem Brot-und-Butter-Modell den ersten Touchscreen in einem Mercedes-Cockpit und sogar eine bessere Sprachsteuerung als der S-Klasse. Für die Generation Smartphone dürften solche Ausstattungsmerkmale einfach wichtiger sein als jegliche PS-Rekorde.
So weht also zumindest ein Hauch von Disruption durch den Genfer Autosalon. Tatsächlich befindet sich die Branche in einem weitaus tieferen Wandel, als es die Mehrheit der Messeneuheiten vermuten lässt. Noch stechen zwar bloß einzelne Modelle als Vorboten einer elektrischen und digitalen Zukunft hervor. Doch diese kommen nun endlich auch von den etablierten Herstellern – und nicht mehr nur aus Kalifornien oder China.