Griechenland hat als erstes Land der Europäischen Union ein elektronisches Mautsystem in Betrieb genommen, bei dem die Pkw-Fahrer auf der Autobahn nur noch für tatsächlich gefahrene Kilometer zur Kasse gebeten werden. Wird die traditionelle Abschnittsbezahlung damit zum Auslaufmodell?
Das so genannte »Hybrid Multi-Lane-Maut-System« von Kapsch TrafficCom ergänzt das traditionelle Bezahlsystem, das in der griechischen Bevölkerung über Jahre für Unmut gesorgt hatte: Bisher mussten Autofahrer immer für einen ganzen Streckenabschnitt bezahlen, selbst wenn sie die Autobahn schon bei der ersten Ausfahrt nach einer Mautschranke verlassen hatten.
»Der kilometerbasierten Mautabrechnung gehört die Zukunft«, kommentiert Michael Weber, Strategic Sales Manager von Kapsch TrafficCom. »Die Europäische Union sieht die traditionelle Abschnittsbezahlung als unfaires Auslaufmodell und drängt darauf, künftig nur noch tatsächlich gefahrene Kilometer zu berechnen. Für neue Mautstrecken wird das verpflichtend vorgeschrieben – für bestehende Mautrouten empfohlen. Damit ist die Umstellung auf der A8 von Athen nach Patras seit Dezember 2020 nicht nur für Griechenland wegweisend, sondern dürfte EU-weit Schule machen.«
Technisch werden die Pkw mit On-Board-Units ausgestattet, die vergleichbar mit einer Vignette an der Windschutzscheibe des Fahrzeugs befestigt werden. Wenn der Pkw damit in einen Maut-Checkpoint einfährt, bucht das System die Mautkosten vom Kundenkonto des Halters automatisch ab und die Schranke gibt den Weg auf die Autobahn frei. Sobald das Fahrzeug die Strecke an einer Abfahrt verlässt, findet eine kilometergenaue Abrechnung statt. Zu viel gezahlte Kosten für den Gesamtabschnitt werden auf dem Konto des Fahrers wieder gutgeschrieben.
Mehrere Bürgermeister von Städten und Gemeinden, die an der Autobahnstrecke Athen-Patras gelegen sind, haben sich für die Einführung des Hybrid-Multi-Lane-Maut-Systems eingesetzt. Der Hauptgrund: Häufig wollten Autofahrer die Kosten für einen gesamten Streckenabschnitt der Autobahn 8 vermeiden und sind deshalb auf den Landstraßen und Ortsdurchfahrten geblieben. Das führte zu einer erheblichen Belastung mit Lärm und Emissionen. Die kilometergenaue Abrechnung der Straßennutzung mit dem neuen System wird jetzt als eine Rabatt-Lösung verstanden, bei der zu viel gezahlte Streckennutzung nach der tatsächlich gewählten Abfahrt gutgeschrieben wird. Die Fahrer haben dadurch einen neuen Anreiz, die Autobahn zu nutzen.
»Weitere Mautstrecken in Griechenland, aber auch in anderen Ländern wie Spanien oder Italien dürften sich an dem neuen Hybrid Multi-Lane-Maut-System ein Beispiel nehmen«, glaubt Michael Weber. »Die Abrechnungstechnik sorgt nicht nur für eine faire Kostenbelastung im Sinne der Europäischen Union, sondern lässt sich darüber hinaus mit weiteren Services ausbauen. So ist es beispielsweise möglich, die Maut für Fahrzeuge nach verschiedenen Umweltstandards festzulegen: E-Fahrzeuge könnten dann beispielsweise weniger zahlen als Benziner oder Diesel.«