Wasserstoff als Antrieb, der klimaneutrale Zug als Zukunftsvision – vier Jahre nach der letzten InnoTrans haben sich die Rahmenbedingungen weltweit für den Personen- und Güterverkehr deutlich verändert. Knapp 2800 Aussteller präsentieren ihre Antworten auf brennende Fragen der Verkehrstechnik.
Nach dem pandemiebedingten Ausfall im Jahr 2020 kehrt die Weltleitmesse für Verkehrstechnik wieder zu ihrer regulären zweijährigen Veranstaltungsabfolge zurück. Nach insgesamt vier Jahren ohne internationale Austauschmöglichkeit auf diesem Niveau ist den Ausstellern anzumerken, dass sie einiges nachzuholen haben.
»Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen und jüngsten Entwicklungen haben wir den aktuell hohen Buchungsstand nicht erwartet«, gibt InnoTrans-Direktorin Kerstin Schulz erfreut zu; »umso mehr freuen sich alle Beteiligten auf den persönlichen Austausch«.
Thematisch unterteilt ist die InnoTrans 2022 in fünf Messesegmente: Railway Technology, Railway Infrastructure, Public Transport, Interiors und Tunnel Construction.
So werden in den 42 Messehallen – die InnoTrans 2022 belegt das komplette Messegelände in Berlin inklusive der neuen Messehalle hub27 – über 2770 Aussteller aus 56 Ländern ihre Neuentwicklungen und Zukunftsvisionen für den Personen- und Güterverkehr präsentieren.
Wie sehr das Thema Wasserstoff inzwischen im Schienenverkehr angekommen ist, zeigt die nächste Generation von Wasserstoffzügen, die Siemens Mobility und Stadler auf der Messe präsentieren. So verbindet der Mireo Plus H von Siemens Mobility innovatives Desgin und neueste, nachhaltige Technologie. Er zeichnet sich durch eine hohe Antriebsleistung von 1,7 MW für bis zu 1,1 m/s2 Beschleunigung und eine Reichweite von bis zu 1000 km aus.
Um eine absolute Premiere handelt es sich bei der Vorstellung des Flirt H2 von Stadler. Die Schweizer stellen ihren Wasserstoffzug in Berlin zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor. Beim Flirt H2 für die San Bernardino County Transportation Authority (SBCTA) handelt es sich um den ersten mit Wasserstoff betriebenen Personenzug für die USA. Er trägt wesentlich dazu bei, Null-Emissions-Technologie für den Schienenverkehr in die USA zu bringen.
In den vielen Neuvorstellungen auf der Messe dürfte sich die anstehende Transformation der Städte hin zu Smart Cities widerspiegeln. Bei allen Comfort- und Interconnectivity-Bemühungen, um das Reisen für den Kunden so angenehm und abwechslungsreich wie möglich zu machen: Die Sicherheit der Fahrgäste wird weiterhin weltweit an erster Stelle stehen.
Um diese zu gewährleisten, werden weltweit durchaus unterschiedliche Ansätze und Lösungswege verfolgt. Hingewiesen sei an dieser Stelle auf das australische Unternehmen 4Tel Horustm und die israelische Firma Rail Vision.
So erkennt und klassifiziert Rail Vision Hindernisse auf und in der Nähe der Gleise mithilfe von künstlicher Intelligenz und fortschrittlichen elektrooptischen Sensoren.
4Tel Horustm hingegen hat eine alles sehende KI für die Objektanalyse in Echtzeit entwickelt, die dem Bahnpersonal ein besseres Situationsbewusstsein für den Bahnbetrieb bietet.
Um Sicherheit geht es auch bei einer Weltpremiere von Piper Networks. Es handelt sich dabei um das erste SIL-4-sicherheitszertifizierte Ultra-Breitband(UWB)-Zugpositionierungssystem. Mit dieser Technologie ist es möglich, Züge, Fahrzeuge, andere Schienenanlagen und Gleisarbeiter in Echtzeit bis auf wenige Zentimeter genau zu verfolgen. Möglich ist dies dank der UWB-Technologie sogar in anspruchsvollen Umgebungen wie unterirdischen U-Bahn-Tunneln oder Hochgleisen.
Predictive Maintenance ermöglicht eine neue Entwicklung des französischen Unternehmens Crouzet SAS. Es hat Motoren mit künstlicher Intelligenz kombiniert. Dadurch sind diese Motoren in der Lage, eine Eigendiagnose durchzuführen, um Ausfälle zu vermeiden und die Zuverlässigkeit von Eisenbahnsystemen weiter zu verbessern – ein Aspekt, der letztlich ebenfalls zur verbesserten Sicherheit der Fahrgäste beitragen dürfte.
Mobilität, so die These, wird in Zukunft flexibel, vernetzt und verkehrsträgerübergreifend erfolgen. Mit dem neuen Ausstellungsbereich Mobility+ bietet die InnoTrans dazu Anbietern von ergänzenden Mobilitätsangeboten eine Plattform.
Wie solche Ansätze in Zukunft aussehen könnten, zeigt beispielsweise das Berliner Unternehmen Zeitmeilen. Es präsentiert auf der Messe seine Software, die Verkehrsströme entzerren und gutes Mobilitätsverhalten belohnen soll. »Die Mobilitätsbranche muss sich schneller und engagierter hin zu einer gemeinwohlkonformen Mobilität entwickeln; die Messe wird hier einen wichtigen Impuls geben können«, ist sich Kai Horn, Leiter Vertrieb & Marketing bei Zeitmeilen und dem Schwesterunternehmen highQ, sicher.
Zu einem Besuchermagnet dürfte wieder das Frei- und Gleisgelände werden. Über 100 Exponate werden dort live zu erleben sein. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der Ideenzug City, die S-Bahn der Zukunft von DB Regio mit insgesamt zwölf Themenwelten wie etwa automatisch konfigurierbaren Sitz- und Stehmöglichkeiten, flexiblem Raumkonzept, interaktiven Fenstern, oder E-Scooter-Halterung, um hier nur einige zu nennen.
Am letzten Veranstaltungstag der InnoTrans, am 23. September, wird auf der Messe auch zum ersten Mal die Hyperloop Conference stattfinden. Es handelt sich dabei um die erste internationale Konferenz zum Thema Hochgeschwindigkeitsverkehr weltweit. Bestandteil der Konferenz sind auch zwei Diskussionsforen, die sich den Herausforderungen des Hyperloop-Ökosystems in den Bereichen Personenbeförderung und Güterverkehr widmen.