Open Industry 4.0 Alliance

»Wir sehen uns als Community der Praktiker«

29. August 2023, 7:30 Uhr | Andreas Knoll
Ekrem Yigitdöl, Geschäftsführer der Open Industry 4.0 Alliance: »Wir wollen die europäische und deutsche Industrie bei der digitalen Transformation unterstützen.«
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Die 2019 gegründete Open Industry 4.0 Alliance will KMUs zur Digitalisierung motivieren und ihnen den Transformationsprozess vereinfachen. Geschäftsführer Ekrem Yigitdöl erläutert, mit welchen Maßnahmen und Initiativen dies geschieht und was die Allianz in diesem und den kommenden Jahren vorhat.

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Markt&Technik: Welche Ziele verfolgt die Open Industry 4.0 Alliance?

Ekrem Yigitdöl: Wir wollen die europäische und deutsche Industrie bei der digitalen Transformation unterstützen und sehen uns vor allem als Community der Praktiker. In ihren technischen und branchenbezogenen Arbeitsgruppen setzt die Allianz ganz konkret Projekte um. Sie definiert keine neuen Standards, sondern arbeitet mit den Standardisierungsgremien zusammen und nutzt etwa IO-Link, OPC UA, ECLASS, NAMUR oder die AAS für eine durchgängige Kommunikation zwischen Maschinen. Unterschiedliche Softwarelösungen von Mitgliedern und deren Kunden bindet die Allianz neutral und vorwettbewerblich in den Gesamtprozess ein. Auch Nichtmitglieder wollen wir unterstützen, wenn sie als Kunde eines Allianzmitglieds ihr Digitalisierungsvorhaben auf den Tisch bringen.

Was wurde bisher erreicht?

Seit Gründung im April 2019 ist die Open Industry 4.0 Alliance auf mehr als 100 Mitgliedsunternehmen angewachsen und etabliert sich zunehmend in der europäischen Industrie als »Praktiker- und Umsetzungsallianz«. Zentraler Baustein ist die weitere Internationalisierung, um die europäische Industrie bei den globalen Herausforderungen zu unterstützen. Ob EU Data Act, resiliente Lieferketten, die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks oder die Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft – die drängendsten Themen für Industrie und Wirtschaft lassen sich nur gemeinsam, international und im Verbund adressieren.

Was sind die nächsten Schritte?

In diesem Jahr wollen wir besonders die Internationalisierung der Allianz vorantreiben. Dabei fokussieren wir uns erstmal auf Europa. In den Niederlanden hatten wir schon einen erfolgreichen Launch; jetzt gehen wir Dänemark, Belgien und Italien an. Abgesehen von der weiteren Internationalisierung wollen wir auch die Zusammenarbeit mit deutschen Regierungsorganisationen, Vereinen und Verbänden stärken.

Was tut die Open Industry 4.0 Alliance, um Industrie-4.0- und IIoT-Techniken unter KMUs stärker zu verbreiten?

KMUs erzielen innerhalb der Allianz durch ihre projektbezogene Arbeit schnell Fortschritte und können so mit der Industrie 4.0 besser Schritt halten. So beschreiten auch und vor allem mittelständische Mitglieder der Allianz zügig den Weg von Asset und Application über den Prozess in einer Fabrik bis hin zum Unternehmen insgesamt und schließlich zu einer gemeinsamen Semantik »cross-enterprise«, also in einer »Maschinensprache« über alle Unternehmen einer Branche hinweg.

In welcher Beziehung steht die Open Industry 4.0 Alliance zu den Initiativen Gaia-X, Catena-X und Manufacturing-X?

Ob Gaia-X, Catena-X oder Manufacturing-X – wir sehen in allen derzeitigen X-Initiativen enormes Potenzial, um die Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland und Europa branchenübergreifend auf ein neues Niveau zu heben. Viele Mitglieder der Alliance profitieren von durch Gaia-X gesetzten Grundlagen. Die Idee, über die X-Initiativen ein Daten-Ecosystem vom Standpunkt eines Datenproduzenten oder Dateneigentümers und -anwenders als Souverän über die Daten zu denken und einen offenen, einheitlichen Zugang zu einem Data-Space zu schaffen, ist ganz im Sinne der Allianz.

Auch bei Manufacturing-X bringen wir uns aktiv ein. So wurde die Open Industry 4.0 Alliance Anfang des Jahres frühzeitig als fester Bestandteil der Industrie-4.0-Community in einen großen Workshop des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz eingebunden. Das BMWK will ja bestehende Strukturen und Standards mit einbinden und ist deshalb explizit auch auf uns als Praktiker-Allianz zugegangen. Der Wunsch kommt aus der Politik, dass wir uns hier als neutrale Instanz und mit unserer branchenübergreifenden Industrieexpertise einbringen. Zudem können wir bestehende Communities und Konsortien miteinander verbinden, egal ob in Deutschland oder zunehmend international.

Wie schätzen Sie die Potenziale von Manufacturing-X ein? Wird Manufacturing-X den Durchbruch der Industrie-4.0- und IIoT-Techniken bei KMU bringen?

Manufacturing-X ist eine Initiative, die von der Bundesregierung, den großen Verbänden wie VDMA, ZVEI, VDI und Bitkom sowie einigen führenden Unternehmen vorangetrieben wird. Das Ziel ist, den Datenraum der Industrie 4.0 und die Transformation zu einer digital vernetzten Industrie in der ganzen Breite zu realisieren. Unternehmen sollen Daten über die gesamte Fertigungs- und Lieferkette souverän und gemeinsam nutzen können. Das macht digitale Innovationen für mehr Resilienz, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsstärke möglich. Durch Manufacturing-X wird es auch möglich sein, neue Geschäftsmodelle für eine nachhaltige Wirtschaft zu schaffen, Wertschöpfungsnetzwerke neu zu organisieren und schneller auf Störungen zu reagieren sowie mit digitalen Innovationen die globale Führungsposition der deutschen Industrie auszubauen.

Wir sind der Meinung, dass Manufacturing-X sowohl für große als auch für kleine und mittlere Unternehmen einen Evolutionsschritt im Bereich ihrer Digitalisierungsinitiativen bedeuten wird. Allerdings ist Manufacturing-X noch ganz am Anfang. Daher sollten sich die Unternehmen gründlich darüber informieren, damit sie mit Beginn auch startklar sind und dann beispielsweise auch an den Datenräumen partizipieren können.

Auf welche Resonanz stoßen die Open Industry 4.0 Alliance und Manufacturing-X bei KMUs? Inwieweit sind KMUs aktuell an den Initiativen beteiligt?

KMUs sind der Motor der deutschen Industrie und werden von der Open-Industry-4.0-Alliance-Community aktiv unterstützt. Es ist wichtig, dass die KMUs ohne hohe Kosten und mit wenig Zeitaufwand indirekt über die bestehende Open-Industry-4.0-Alliance-Community, aber auch direkt im Entwicklungsprozess mit eingebunden werden. Die Resonanz ist positiv, weil Wege gefunden wurden, um die KMUs strukturiert und ohne großen Kapazitätsaufwand über die bestehenden Communities mit einzubinden. Mit Initiativen wie der Open Industry 4.0 Alliance können wir dabei einen Unterschied machen.


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