Die „informelle Gruppe“ besteht ja aus wenigen Firmen und damit nur aus einem Teil der Plattform Industrie 4.0, die insgesamt deutlich weiter gefasst ist. Was gab den Ausschlag zur Gründung dieser Gruppe? Verspricht man sich durch weniger „Köche“ mehr Erfolge?
Das entspricht einfach der Lebenserfahrung. Wie häufig bespricht man eine Zusammenarbeit zunächst in einer kleinen, wenn Sie so wollen „informellen Gruppe“. So haben wir es auch bei der Plattform Industrie 4.0 gehalten, und Gleiches gilt – soweit ich informiert bin – für das IIC. Die Ergebnisse dieser kleinen „informellen Gruppe“ wurden dann in den jeweiligen Lenkungskreisen – bei Plattform Industrie 4.0 und IIC – besprochen und verabschiedet. Bei den nächsten Schritten werden nun aber deutlich mehr Gruppen involviert – an dem zuvor bereits genannten Mai-Treffen werden rund 40 Personen teilnehmen, die in drei Workstreams die Themen gemeinschaftlich vorantreiben – und das ist wirklich mehr als nur „eine kleine informelle Gruppe“.
Welche weiteren Ziele hat diese Gruppe, und was sind die nächsten Schritte?
Wie angedeutet, werden wir das gemeinsam im Mai besprechen. Solange bitte ich Sie um Geduld.
Industrie 4.0 muss in jedem Fall länderübergreifend funktionieren: Verhandelt die Plattform auch mit anderen Initiativen – zum Beispiel mit Industrie du Futur in Frankreich, der japanischen Organisation „Industrial Value Chain Initiative“ oder mit China – über eine Zusammenarbeit?
Der Austausch mit internationalen Initiativen und Ländern war uns in der Plattform von Beginn an sehr wichtig – übrigens nicht nur mit dem Industrial Internet Consortium, sondern auch mit der OPC Foundation und dem World Wide Web Consortium, um nur einige zu nennen. Auch auf Ebene der Länder sind wir aktiv, etwa mit Frankreich und der französischen Initiative „Industrie du Futur“, wo wir auf der Hannover Messe den Ministern Sigmar Gabriel und Emmanuel Macron einen „Shared Action Plan“ übergeben haben. Im Austausch stehen wir ferner mit China und auch mit Japan. Sie sehen also: Kooperation über Ländergrenzen und über verschiedene Plattformen hinweg findet statt – und zwar in einem sehr friedlichen und interessengeleiteten Ansatz.
Ihre Einschätzung: Wo stehen wir in Deutschland bei Industrie 4.0? Welche Hürden gibt es noch zu meistern, etwa beim Breitbandausbau?
Grundsätzlich haben wir in Deutschland eine sehr gute Ausgangsposition, vor allem dank eines technologisch führenden Maschinen- und Anlagenbaus, einer ausgeprägten Hardwarekompetenz und einer gut entwickelten Industriesoftware. Doch natürlich haben wir auch noch einige Hausarbeiten zu erledigen. So müssen wir das Thema Breitbandausbau angehen, und auch die Einbindung von KMUs. Gemeinsame Standards und die IT-Sicherheit bleiben ganz oben auf der Agenda. Bei all diesen Punkten kommen wir aber bereits gut voran.
Wichtig ist, dass wir auf unseren bisherigen Hard- und Softwarekompetenzen so aufbauen, dass wir die Nutzung der Daten und die damit verbundenen neuen Geschäftsmodelle dauerhaft besetzen können. Deutschland muss seine Stärken im industriellen Bereich weiter ausbauen und mit der Entwicklung von innovativen Dienstleistungen verbinden – oder kurz gesagt: diese Stärken als Basis der Digitalen Transformation nutzen.
Wie schätzen Sie aus Sicht der Plattform den Einfluss von Industrie 4.0 auf die Arbeitswelt ein?
Es gab in den 1980er-Jahren auf dem Gipfel der Automatisierungswelle schon einmal eine vergleichbare Diskussion. Es hieß, dass es Heerscharen von Arbeitslosen geben würde. Und genau das ist nicht eingetroffen. Ich bin Optimist in dieser Frage, denn die Digitalisierung wird viel weniger Einfluss auf die Mitarbeiter in den Fabriken haben, als befürchtet. Der Grund: Sie hat – zumindest in der Fertigung – schon längst stattgefunden. Jobs könnten eher in einfachen Tätigkeiten wegfallen, die Sie innerhalb weniger Wochen erlernen können: Schwer haben wird es etwa ein Disponent, der Lagerbestände überprüft und beim Lieferanten anruft, um nachzubestellen – das wird künftig eher der Kollege Computer übernehmen. Insgesamt jedoch wird sich die Digitalisierung in meinen Augen nicht negativ auf die Arbeitswelt auswirken, vorausgesetzt, wir alle begreifen, dass lebenslanges Lernen mehr ist als eine Floskel. Sie ist die Lebenswirklichkeit des 21. Jahrhunderts! Und das empfinde ich überhaupt nicht als negativ.