Ein häufiges Mantra lautet, der deutsche Mittelstand verschlafe die Digitalisierung. Mein Eindruck ist ein anderer. Ich erlebe bei Geschäftsführern in Deutschland seit etwa drei Jahren einen Wandel: Es herrscht hohe Sensibilität für die digitale Herausforderung. Allein der Mut, größere innovative Schritte zügig zu gehen, hat noch keine Mehrheit.
Dennoch: Das Glas ist halb voll. Erstens geht es für die fertigende Industrie darum, unternehmensweite Prozesse in Management und Produktion einzuleiten. Solche organisatorischen und technologischen Transfers benötigen Zeit, laufen aber nach meinem Eindruck in viel mehr Unternehmen an als gemeinhin angenommen. Gleichwohl werden wir 2016 eine deutliche Beschleunigung der Industrie-4.0-Bewegung erleben, denn die Sensibilität ist hoch.
Jüngste Umfragen stützen diesen Eindruck. Laut einer Dreiländer-Studie des internationalen IT-Beratungshauses CSC gibt eine deutliche Mehrheit von 68 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz an, dass die digitale Transformation den Wettbewerb bereits verändert. 39 Prozent der Befragten haben eine »Digitale Agenda« aufgestellt. Und: Knapp jedes dritte Unternehmen will in zwölf Monaten nachziehen. Bei einer digitalen Agenda liegt demnach die Schweiz (48 Prozent) vorne, gefolgt von Österreich (42) und Deutschland (35).
Die Industrie-4.0-Bewegung wird sich durch den Wettbewerb beschleunigen, aber auch, weil sich die Erfolge der Digitalisierung herumsprechen: »Produktivität um 20 Prozent gesteigert«, »absolute Kostentransparenz«, »Fehlerhäufigkeit unter 10 Prozent«, »Wettbewerbsfähigkeit ausgebaut«, »Arbeitsplätze gesichert«. Der digitale Standort Deutschland hat noch keine blühenden Landschaften, aber in den ersten Regionen blühen Knospen kräftig auf.