Das Geschäftsmodell von Digitalstrom besteht also darin, die Infrastruktur zu schaffen, auf deren Basis sich das Haus einfach vernetzen lässt?
Genau. Dort, wo keine Hardware für die Vernetzung vorhanden ist, können wir die Geräte einfach über unser Powerline-Protokoll verbinden. Wo es schon IP gibt, benutzen wir IP. Darin sehen wir die Zukunft. Zwar wird es auf Teilstücken im Smart Home weiter die unterschiedlichsten Protokolle geben, übergreifend wird aber alles über IP vernetzt werden. Damit muss man sich auf dieser Ebene über Interoperabilität auch keine Sorgen mehr machen. Sowohl was die Vernetzung über Digitalstrom als auch was die Vernetzung auf IP-Ebene angeht, liegt die Betonung auf »einfach«. Wir vernetzen alles, vom Toaster und Lichtschalter bis zur Entertainment-Anlage. Wir orchestrieren das Ganze – ohne dass dazu Integratoren oder sonstige Spezialisten erforderlich wären. »Übergreifend und einfach« ist unsere Devise.
Wie sicher ist das bezüglich äußeren Einflüssen?
Wir bieten eine professionelle und robuste Plattform für den Alltag. Nach einem Stromausfall beispielsweise fährt unser System selbständig wieder hoch, die eingebundenen Geräte erkennen sich und die Steuerung funktioniert, sobald der Strom wieder zur Verfügung steht. Das ist unserer Ansicht nach eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Kunden Smart Home Systeme überhaupt nutzen werden.
Gibt es für potenzielle Kunden eine Mindestvoraussetzung für den Einstieg?
Weil Digitalstrom ein offenes System ist, gibt es den einen Weg für den Einstieg gar nicht. Wer beispielsweise heute schon die Hue von Philips verwendet, dann aber feststellt, dass es doch ganz schön wäre, das Licht statt nur über das Smartphone auch bequem über Taster an der Wand schalten zu können, der kann dies mit Digitalstrom einfach umsetzen. Ein schöner Nebeneffekt dabei: Um die Geräte – vom Taster bis zum Fernseher – einzubinden, sind mit Digitalstrom keine Zwischenstecker erforderlich, die ja nicht wirklich schön aussehen. Digitalstrom ist in diesem Sinne „designfrei“. Mittlerweile finden viele Anwender über solche Gadgets den Einstieg in Digitalstrom.
Der klassische Einstieg besteht darin, dass die Anwender beispielsweise ihre Lichtsteuerung über Digitalstrom regeln. Man kann einfach mal im Wohnzimmer und in der Küche anfangen. Die Investitionen sind dann sehr überschaubar. Weil das System modular erweiterbar ist, kann der Kunde Schritt für Schritt das gesamte Haus automatisieren und seine unterschiedlichen Geräte einbinden. Die Hausautomatisierung wächst flexibel mit den Bedürfnissen und den Möglichkeiten der Anwender. Und wenn man umzieht, nimmt man Digitalstrom einfach mit.
Digitalstrom hat bisher vor allem Elektriker und den Einzelhandel als Vertriebsweg benutzt. In der Schweiz geht Digitalstrom jetzt auch direkt auf Bauherren zu, die große Mietobjekte errichten. Ist das auch ein Modell für Deutschland?
Ja, in der Schweiz klappt das recht gut und wir wollen dieses Modell künftig auch nach Deutschland übertragen. Denn die Wohnungsbaugesellschaften wollen sich gar nicht erst mit den verschiedenen Einzelaspekten des Smart Home und mit den jeweiligen Firmen, die bestimmte Teilaspekte abdecken, befassen. Mit unserem Know-how können wir mit den Planungs- und Installationspartner kooperieren und sie unterstützen. Wir haben in der Schweiz sogar ein Smart-Home-Informationszentrun gegründet. Gegenüber den Wohnungsbaugesellschaften können wir so ein durchgängiges Konzept anbieten – einschließlich der entsprechenden Wartungsverträge.
Ist die Datenübertragungsrate von Digitalstrom ausreichend, um die Vernetzung über alle Bereiche zu realisieren?
Um über IP vernetzen zu können, ist neben dem WLAN eine zweite Infrastruktur sinnvoll, über die sich hohe Datenraten übertragen lassen. Für diese Infrastruktur setzen wir auf Lichtwellenleiter auf Basis von Plastikfasern und haben uns über den Zukauf einer Firma das Know-how dazu verschafft. Wir gehen davon aus, dass es im Wohnzimmer und in der Küche künftig sechs Ethernet-Anschlüsse geben wird, in den übrigen Räumen drei. Die LWL-Infrastruktur wollen wir ganz analog zu der Powerline-Infrastruktur auf Basis unserer „Lego“-Klemmen aufbauen. Es muss nichts konfiguriert werden, der Endanwender muss sich nicht um Updates kümmern, alles geschieht im Hintergrund, ohne dass der Kunde etwas merkt.
Dazu müssen die Leitungen aber im Haus verlegt werden. Widerspricht dies nicht dem ursprünglichen Ansatz von Digitalstrom, auf neue Installationen für den Aufbau der Infrastruktur zu verzichten?
Beim Thema Breitband sprechen wir sicher zunächst von Neubauten. In einigen Ländern – so in der Schweiz – findet man aber in Bestandsbauten Leerrohre vor. In diesem Fall können wir unser Produkt natürlich anbieten und hier gibt es auch eine entsprechende Nachfrage. Im Bestandsbau haben viele Kunden häufig auch schon eine gewisse Vernetzung, zum Beispiel WLAN. POF hat natürlich einige Vorteile, kann mit Stromleitung verlegt werden und benötigt nur sehr wenig Platz. Man kann die sehr dünnen POF-Kabel sogar hinter Fußleisten oder unter dem Teppich verlegen. Damit sind sie auch im Bestand anwendbar.
Was würden Sie sich an Rahmenbedingungen für die Zukunft wünschen?
Wir brauchen in Deutschland eine flächendeckende Breitbandanbindung. Dass bei uns der Strom mit hoher Zuverlässigkeit und in mehr als ausreichender Stärke jedem Haushalt zur Verfügung steht, das sehen wir als selbstverständlich an. Für die Dateninfrastruktur müsste dasselbe gelten.
Digitalstrom auf der IFA 2014: Halle 11.1/Stand 9