Wie ein 115-kV-HTSL-Strombegrenzer im Hochspannungsnetz aussehen kann, hat Wolfgang Schmidt von Siemens Erlangen am Beispiel eines Begrenzers vorgestellt, der in Zusammenarbeit mit AMSC, bei der die Produktleitung lag, Nexans und Southern California Edison im Rahmen eines Förderprojekts des US Department of Energy durchgeführt wurde. Die Spezifikationen sehen einen Nennstrom von 1.200 A vor, der größte prospektive Kurzschlussstrom liegt bei 63 kA, der erforderliche begrenzte Kurzschlussstrom bei 40 kA. Auslösestrom ist der 1,6-fache Nennstrom. Der erforderliche begrenzte Strom wird mit einer externen Drossel eingestellt. Damit reduziert sich die Spannung über den Begrenzer deutlich auf 31 kV. Das Kühlsystem arbeitet mit unterkühltem Stickstoff (72 bis 74 K) bei einem Druck von 5 bar. Das Gerät muss im Unterschied zu den Mittelspannungs-SFCLs komplett mit dem flüssigen Stickstoff gefüllt sein. Für den Kryostaten ist innerhalb des Projekts AMSC zuständig, für die Zuführungen Nexans.
Die Spulen und das Supraleitermodul hat Siemens entwickelt. Das Schaltmodul besteht aus je drei mal 21 bifilaren Spulen aus zwei parallelen HTS-Bändern (von AMSC) mit 27 m Länge pro Spule, so dass die Gesamtlänge der Bänder 3,4 km beträgt. Der kritische Strom liegt bei 250 A (77 K). Das Modul mit den 63 Spulen ist insgesamt 5,5 m lang.
An der Anlage wurden umfangreiche Tests durchgeführt, unter anderem zeiget sich bei zwei aufeinanderfolgenden Kurzschlüssen innerhalb von 62 s kein Unterschied im Stromverlauf oder Widerstandsanstieg. Das Fazit von Wolfang Schmidt: »Resistive Strombegrenzer sind für den Einsatz bei Hochspannung geeignet. Die Technologie der bifilaren HTS-Spulen für Strombegrenzer ist einsatzbereit, wir können für jeden Netzbetreiber die entsprechenden Spulen zusammen stellen.« Entwicklungsbedarf sieht er darin, die Geräte kompakter auszulegen (höhere Kritische Ströme im Leiter, Isolationsabstände im flüssigen Stickstoff) und darin, die Kosten für die Kryotechnik zu reduzieren, die derzeit über 50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen.
Was sind die Voraussetzungen, um Energieversorger und Netzbetreiber davon überzeugen zu können, dass sich der Einsatz neuer Techniken lohnt? »Wer den Betreibern eine neue Technik schmackhaft machen will, der muss sich genau mit der Technik der Netze auskennen, er muss mit den Netzwerkkomponenten eng vertraut sein, die Standards und die Anforderungen der Netzwerkbetreiber kennen und – ganz wichtig – er muss verstehen, wie die neuen Komponenten sich sicher ins Netz einbauen lassen – ohne großen Aufwand. Nur dann kann das Unternehmen seine neue Technik verkaufen«, sagt Herbert Piereder.
Er muss es wissen, denn sein Unternehmen hat sich auf die Entwicklung von Strombegrenzern auf Supraleitungsbasis spezialisiert. Derzeit arbeiten 11-kV/100-A-, 11-kV/400-A- und 11-kV/1250-A-Typen im Feld. »Vor der ersten Installation hatten wir über zwei Jahre aufwändig simuliert, dabei aber eine Menge gelernt«, erinnert sich Piereder. Derzeit arbeitet das Unternehmen an einem Demonstrations-Fehlerstrombegrenzer vom resistiven Typ (11 kV, 1250 A), der auf Basis von MgB2 als Supraleiter arbeitet.
Welchen Strombegrenzer-Typ favorisiert er für die Zukunft? »Wir haben bewusst auf verschiedenen Techniken für verschiedene Anwendungen gesetzt. Ob induktiv oder resistiv, wir brauchen beide Techniken, keine Technik kann für sich alle Probleme lösen.«
Einen konkreten Einsatz für die Fehlerstrombegrenzer sieht er in Windenergieanlagen. Die Betreiber müssen für den Anschluss dieser Anlagen die in neue Transformatoren, Verkabelung und Installationen investieren, um höhere Fehlerströme schalten zu können. »Damit lösen sie aber das eigentliche Grundproblem noch nicht einmal«, sagt Piereder. Diese Investitionen könnten sich die Betreiber sparen und gleichzeitig das Grundproblem lösen, »die Techniken dazu haben wir, wir müssen sie nur noch demonstrieren.«
Doch über eines ist er sich sicher: »An supraleitenden Strombegrenzern geht mittelfristig kein Weg vorbei – zumal für die Preise der SFCLs noch viel Spielraum nach unten besteht.«