Onshore- und Offshore-Windenergie stehen sich nicht entgegen, sondern ergänzen sich

Windenergie: zu Lande oder zu Wasser?

23. Februar 2012, 11:19 Uhr | Andreas Knoll
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Fortsetzung des Artikels von Teil 4

Künftige Wachstumschancen von Onshore und Offshore

Prognose: onshore, offshore
Gesamt-WEA-Leistung in Deutschland: Prognose für 2020 und 2030, onshore und offshore
© VDMA

Die Entwicklung der Offshore-Windenergie steht noch fast am Anfang und dürfte in den kommenden Jahren zumindest in Deutschland zu einer regelrechten Aufholjagd gegenüber der Onshore-Windenergie geraten. Aber auch Onshore hat weiterhin große Marktpotentiale: »In Deutschland wird der Offshore-Zuwachs in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen«, formuliert Bernd Neddermann. »An Land gibt es derzeit in vielen Bundesländern Bestrebungen, neue Gebiete für die Windenergie auszuweisen. Auch das Repowering, also das Ersetzen alter Windturbinen durch moderne leistungsfähige Anlagen, wird in den kommenden Jahren zunehmen.« Somit sei auch Onshore künftig ein weiterer Zuwachs zu erwarten.

Prognose für Europa
Gesamt-WEA-Leistung in Europa: Prognose für 2020 und 2030, onshore und offshore
© VDMA

International wird die Offshore-Windenergie laut Neddermann ebenfalls an Bedeutung gewinnen. »Der Zuwachs der Windenergie insgesamt wird aber auch künftig weiter von der Onshore-Entwicklung bestimmt werden, weil immer mehr Länder in die (Onshore-)Windenergienutzung einsteigen«, führt er aus.

Norbert Giese ruft dazu auf, »die Offshore-Windindustrie – wie es der Realität entspricht – als eigene Regenerative-Energien-Industrie zu begreifen.« Man könne hier »aufgrund der bereits getätigten Aufträge in den nächsten vier Jahren von einem starken Wachstum ausgehen – mit gewissen Schwankungen, wie die Erfahrungen der Onshore-Windindustrie gezeigt haben.« Nordwesteuropa werde »der große Offshore-Treiber sein, wobei Großbritannien und Deutschland etwa 75 Prozent Anteil daran haben werden«, wie Giese betont. »Aber auch Belgien, Dänemark, die Niederlande und später auch Schweden und Frankreich werden zu den ’Offshore-Windländern‘ zählen.«

Lokale Protestbewegungen als Hemmnis für Onshore?

Besonders in Deutschland setzen sich trotz des angekündigten Ausstiegs aus der Atomkraft immer häufiger lokale Protestbewegungen gegen WEA-Projekte ein. Inwieweit könnte dies den weiteren Ausbau der Onshore-Windenergie hemmen – und WEA-Hersteller wie Enercon oder Fuhrländer, die sich auf Onshore spezialisiert haben, in Bedrängnis bringen? Thorsten Herdan setzt für die Onshore-Windenergie auf Bürgerbeteiligung: »Der weitere Ausbau der Windenergie an Land wird nur gemeinsam mit der Bevölkerung gelingen«, führt er aus. »Wir sind uns sicher, dass die intensive Beteiligung der Bürger an den Entscheidungen für neue Windparks der Schlüssel für den Erfolg sein wird. Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Wachstums erwarten wir nicht.« Auch Bernd Neddermann betont, dass es »bei der regionalen Ausweisung neuer Gebiete für die Windenergie entscheidend darauf ankommt, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung für den weiteren Ausbau der Onshore-Windenergie sichergestellt wird.«

Gefahr für die Onshore-WEA-Hersteller sieht Thorsten Herdan »definitiv nicht, weil die WEA-Hersteller den Weltmarkt bedienen und nicht ausschließlich auf die Projekte ‘vor ihrer Haustür‘ angewiesen sind«. Außerdem seien die Widerstände deutlich geringer als oftmals angenommen. »Natürlich bietet der Offshore-Markt neben den globalen Onshore-Märkten zusätzliche Absatzpotentiale für Hersteller, die beide Technologien anbieten; der Entwicklungsaufwand ist aber entsprechend hoch«, legt Herdan dar. »Für die deutsche Windindustrie insgesamt bieten beide Technologien auf absehbare Zeit ähnliche Umsatzpotentiale und sollten daher keinesfalls alternativ diskutiert werden.«

Bernd Neddermann wittert ebenfalls keine Gefahr für die Onshore-WEA-Anbieter: »Angesichts der hohen Investitionen für moderne Anlagen und der gestiegenen Anforderungen für den Planungsprozess werden vorwiegend professionelle Planungsbüros neue Standorte erschließen und dort Windparks realisieren«, führt er aus. »Die unternehmerische Tätigkeit eines Projektierers wird in der Regel aber nicht davon abhängig sein, dass ein einzelnes Vorhaben wegen des Widerstands vor Ort eventuell nicht realisiert werden kann.« Auch Walter Lutz sieht sein Unternehmen auf der sicheren Seite: »Lokale Protestbewegungen hat es immer schon gegeben – sie wirken sich teilweise verlängernd bei den Planungen und Genehmigungen aus«, sagt er. »Aber auch hier gibt es – nach Fukushima – ein Umdenken in der Bevölkerung. Weil die Welt viel größer ist als Deutschland, können uns wenige Protestbewegungen hierzulande kaum negativ beeinflussen.«

Für sein Unternehmen kommt der Einstieg in Offshore nicht in Frage: »Das technische Risiko ist zu groß, die Kosten für die Infrastruktur sind zu hoch, und das Ganze ist entgegen unserer Philosophie, nicht große zentrale Energiestrukturen voran zu bringen, sondern dezentrale bürgernahe Energieversorgung« resümiert er. »Die Onshore-Welt ist groß genug für Fuhrländer.«


  1. Windenergie: zu Lande oder zu Wasser?
  2. Onshore und Offshore: Pro und Contra
  3. Investitionskosten onshore und offshore
  4. Netzanschlusskosten onshore und offshore
  5. Künftige Wachstumschancen von Onshore und Offshore

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