Dass Offshore-WEA höhere Investitionskosten verursachen als Onshore-WEA, steht außer Zweifel. Abgesehen von den seespezifischen Kosten für Fundamente, Netzanschluss oder Wartungsaufwand haben Offshore-WEA auch deshalb einen höheren Preis, weil viele ihrer Komponenten besonders robust, sprich: salzwasserresistent, ausgelegt sein müssen. »Derzeit rechnen wir stark abhängig von Standort, Turmhöhe, Anlagentechnologie und Auftragsvolumen mit etwa 950.000 Euro/MW Onshore und 1,5 Mio. Euro/MW Offshore für die WEA und mit Investitionsnebenkosten von 30 Prozent bei Onshore und 100 Prozent bei Offshore – mit entsprechendem Kostensenkungspotential«, erklärt Thorsten Herdan.
Bernd Neddermann nennt für Onshore Gesamtkosten von etwa 1,5 Mio. Euro/MW (Quelle: Forschungbegleitvorhaben zum EEG-Erfahrungsbericht 2011) und für Offshore von zirka 3,6 Mio. Euro/MW (Quelle: Offshore-Windparks in Europa, Marktstudie 2010). Laut Walter Lutz ist der Abstand zwischen den Onshore- und den Offshore-Investitionskosten noch größer: »Bei Onshore sind die Investitionen deutlich niedriger, zum Beispiel 4 Mio. Euro/MW Offshore und 1 Mio. Euro/MW Onshore«, sagt er. Norbert Giese erwähnt einen interessanten Aspekt: »Sowohl offshore als auch onshore sind die Investitionskosten projektspezifisch und unterscheiden sich von Projekt zu Projekt sehr stark«, führt er aus. »So findet man in Europa küstennahe Offshore-Windprojekte, die so günstige Bedingungen haben, dass sie mit den teuren Projekten an Land mithalten können. Sind an Land die Nabenhöhe und der Netzanschluss die größten Variablen, so sind dies auf See die Küstenentfernung und die Wassertiefe sowie der Seeuntergrund.«
Amortisieren sich die höheren Kosten für Offshore-WEA?
Es bleibt also festzuhalten, dass der Wind über dem Meer stärker und konstanter bläst als an Land und damit für höheren Stromertrag sorgt, aber die Investitionskosten pro MW WEA-Leistung offshore deutlich höher sind als onshore. Werden sich also nach dem jetzigen Wissensstand die Investitionen in Offshore-Windparks überhaupt rechnen? Damit sie dies tun, hat der Gesetzgeber nachgeholfen: Die Einspeisevergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind für Offshore- deutlich höher als für Onshore-WEA. Auf diese Weise soll der Offshore-Markt Schub bekommen: »Das Ziel ist es, bei ähnlichen Vergütungen eine ähnlich lange Amortisationszeit bei Offshore und Onshore zu erreichen«, legt Thorsten Herdan dar. »Letztlich muss der Return of Investment bei Offshore langfristig etwas höher sein als bei Onshore, weil das Risiko auch größer ist. Das vergleichsweise frühe Stadium der Technologie und die Vorteile der Offshore-Windenergie im Versorgungssystem begründen die vergleichsweise höheren Vergütungssätze.« Langfristig würden sich die CoE im Versorgungssystem annähern.
Auch Bernd Neddermann ist davon überzeugt, dass »sich die höheren Investitionskosten für Offshore-Windparks durch die hohe EEG-Vergütung amortisieren«. Als Einschränkung fügt er aber hinzu, dass »pauschale Aussagen zum Vergleich zwischen Onshore- und Offshore-Projekten aufgrund unterschiedlicher projektspezifischer Bedingungen und fehlender Erfahrungen für deutsche Offshore-Projekte nicht möglich sind«.
Was sich bei der Onshore-Windenergie gezeigt hat, nämlich dass die Kosten pro erzeugter kWh im Laufe der Jahre sinken, wird Norbert Giese zufolge bei der Onshore-Windenergie ebenso der Fall sein: »Die Offshore-Windindustrie mit Projekten im Stil von ’alpha ventus‘ ist ungefähr auf einem Entwicklungsstand wie die Onshore-Windindustrie in Deutschland vor etwa 20 Jahren, also noch sehr am Anfang«, sagt er. »Auch onshore ist es uns gelungen, die Kosten pro kWh von ungefähr 30 Pfennig 1990 auf rund 8 bis 9 Euro-Cent 2010 zu senken. Offshore haben wir – höhere Kosten und besseren Wind berücksichtigt – in den oben genannten Projekten kWh-Kosten von zirka 15 Euro-Cent.« Die Industrie sei sehr zuversichtlich, auch bei Offshore-Wind die Kosten senken zu können. Dazu bedürfe es allerdings mehr Erfahrung mit mehr Projekten.