Von Verschlimmbesserungen und Hirngespinsten bis zur Verdummung

Hausautomatisierung: Viele offene Fragen

23. November 2010, 11:48 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Hirngespinste – und viele offene Fragen

Verfolgt man die Diskussion zu diesem Thema, fällt einem auf, dass hier bisher viel Euphorisches geschrieben wurde, was alles mit einer Vernetzung und einer Internet-Anbindung möglich ist. Der Kühlschrank bestellt beim Online-Discounter selbsttätig nach, geht etwas zur Neige. Die Kaffeemaschine lässt sich über das I-Phone vom Bett aus einschalten und von der Küche aus starten Waschmaschine und Trockner im Keller und melden zurück sobald sie fertig sind. Über ein Display in der Kühlschranktür sieht man fern und geht auch Online. Die Heizung lässt sich von Ferne übers Internet steuern bevor man nachhause kommt und man erhält automatisch Alarm übers Handy, falls Einbrecher ins Haus eindringen, wobei man die Ganoven dann über eine Webcam aus dem Urlaub im Display des Smart-Phones live beobachten kann. Welch schöne neue Welt.

Leider drängt sich der Verdacht auf, dass die Mehrheit dieser tollen Features mangels sinnvoller Anwendungen krampfhaft erfunden wurden, nur um aufzuzeigen, was mit einer Vernetzung alles so möglich ist, obwohl man sie zum bequemen Leben eigentlich nicht wirklich braucht.  

Langfristig wird sicher eine Vernetzung der Elektro- und Elektronik-Geräte stattfinden, schon um im Haus der Zukunft die elektrische Verkabelung zu vereinfachen und auch flexibler zu gestalten nach dem Motto, hier noch eine zusätzliche Steckdose oder dort einen zusätzlichen Schalter für die neue LED-Steh- oder Deckenlampe. Ein einheitlicher Kommunikationsstandard ist die Voraussetzung, dass eine Vernetzung überhaupt Chancen hat. Sie wird aber keine Initialzündung für einen lawinenartigen Aufstieg sein, wie viele zu glauben geneigt sind. Dafür ist die Vernetzung vermutlich für Otto Normalverbraucher, der beim Haus-Neubau scharf rechnen muss, immer noch viel zu teuer.

Was wäre wirklich nützlich und was sind eher Hirngespinste?

Ich denke Hirngespinste sind die bereit genannten Anwendungen. Was aus meiner Sicht eher nützlich wäre, ist den Verbrauch von Gas, Öl, Strom und Wasser und den Ertrag der Photovoltaikanlage in Grafikform am PC abrufen zu können, im Vergleich zu den Vorjahren. Hier könnte man sehen, ob sich Verhaltensänderungen, Energiesparmaßnahmen und sonstige Einsparungen gelohnt haben, also ein echter Mehrwert als Live-Information.

Sollten je tageslastabhängige Stromtarife kommen, könnte man noch signifikante Stromverbraucher wie Spülmaschine, Trockner, Waschmaschine und Wärmepumpen-basierende Heizungssysteme mit einbeziehen, die sich bei Niedertarifzeiten nach Vorprogrammierung bevorzugt einschalten. Es stellt sich auch noch die Frage der Sicherheit. Funkbasierende Systeme sind zwar bequem und schnell zu installieren, aber auch störanfällig. Zudem könnte sich jemand den Spaß machen sich in mein Heimnetz einzuhacken, oder es mit einem Jammer (Störsender) lahm zu legen, wie es sie bereits für Alarmanlagen gibt. Eine Kabel-basierende Vernetzung ist hier sicherer aber auch wesentlich unflexibler und vermutlich in der Installation auch kostspieliger. Es sind also noch viele offene Fragen zu beantworten, bis diese Technologie wirklich Verbreitung finden könnte.

 

Herbert Sax 

Herbert.Sax@t-online.de


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