Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik

Geothermisches Informationssystem im Internet

28. März 2012, 9:41 Uhr | Carola Tesche
Geothermie kann in Deutschland einen Beitrag zum Mix der erneuerbaren Energien leisten.
© Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG)

»Die Zielgröße für Geothermie im Mix der erneuerbaren Energien liegt im einstelligen Prozentbereich«, sagt Dr. Rüdiger Schulz, Direktor und Professor am Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) im Geozentrum Hannover.

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Das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik bietet umfangreiche Basisdaten zum Potenzial der tiefen Geothermie in Deutschland über das Informationssystem www.geotis.de an.

Energie & Technik: Sie bieten im Internet das Informationssystem GeotIS an – welche Informationen bietet das Portal?

Dr. Rüdiger Schulz: Geothermie kann in Deutschland einen Beitrag zum Mix der erneuerbaren Energien leisten. Für die Erschließung der Ressourcen stellt das allgemein zugängliche Portal allen Interessenten wie beispielsweise politischen Entscheidungsträgern, Investoren, Projektentwicklern, aber auch Studenten Basisdaten und themenbezogene Informationen zur Verfügung.

Und wie hoch ist die Akzeptanz?

Die Zugriffsrate liegt bei etwa 1000 Hits im Monat. Planer haben über das Portal schnellen Zugriff auf deutschlandweite geologische und geophysikalische Daten. Auch wenn die bereitgestellten Informationen eine lokale Machbarkeitsstudie nicht ersetzen können - das Potenzial einer Tiefenbohrung an einem bestimmten Standort lässt sich mit Hilfe von GeotIS wesentlich genauer einschätzen.

Auf welche Regionen genau beziehen sich die erfassten Daten?

Der Datenbestand bezieht sich überwiegend auf das süddeutsche Molassebecken, also das Gebiet zwischen Donau und Alpen, auf den Oberrheingraben und auf das Norddeutsche Becken.

Für diese Bereiche findet der Nutzer umfangreiche Daten zur Art und Durchlässigkeit der Gesteinsschichten sowie zur Struktur und Temperatur. Beispielsweise gibt es in Süddeutschland vor allem karstiges, klüftiges Gestein aus dem Erdmittelalter. In Tiefen bis zu 5000 m findet man in dem aus Kalkstein bestehenden Malmschichten Thermalwasservorkommen, die in Tiefen von 1500 bis 4500 m eine Wassertemperatur zwischen 60 und 140 Grad C aufweisen; gute Voraussetzungen für die hydrothermale Geothermie. Im Vergleich dazu befinden sich die norddeutschen Thermalwasservorkommen in verschiedenen Sandsteinformationen in Tiefen von 1300 bis ca. 5000 m mit Temperaturen zwischen 55 und 170 Grad C.

Welche Art der Geothermie ist zu bevorzugen?

Es eignet sich sowohl die Hydrothermie als auch die Petrothermie zur Wärmeversorgung und zur kombinierten Stromerzeugung. Bei hydrothermischen Anlagen, die wegen der natürlichen Warmwasservorkommen hauptsächlich im süddeutschen Raum zu finden sind, wird vorhandenes Grundwasser an einer Stelle entnommen und durch eine zweite Bohrung wieder in die selbe Schicht zurückgepumpt.

Petrothermale Systeme nutzen dagegen heißes dichtes Gestein, das mit dem sogenannten Hot-Dry-Rock-Verfahren in einer Tiefe von einigen tausend Metern durch eine Bohrung erschlossen und mit unter hohem Druck einströmenden Wasser aufgebrochen wird. Es entsteht ein unterirdischer Wärmetauscher. Das heiße Wasser wird durch eine weitere Bohrung nach oben geleitet, über einen Wärmetauscher wird die Energie auf einen sekundären Kreislauf übertragen, der entweder eine Turbine zur Stromerzeugung antreibt oder zur direkten Wärmenutzung dient.

Jedoch kann das petrothermale Verfahren im Untergrund durch Bruchvorgänge Knackgeräusche und kleinere Erschütterungen verursachen - messbar mit hochempfindlichen seismologischen Geräten bis hin zu leicht spürbaren Erdbewegungen wie beispielsweise 2006 in Basel.

Und wie hilft hier GeotIS?

Mit Hilfe der datenbankgestützten Zusammenfassung komplexer Daten ist es möglich, individuelle Fragen gezielt zu recherchieren. 3D-Modelle und geologische Profilschnitte, die sich zwischen beliebigen Punkten aufziehen lassen, geben einen guten Überblick. Außerdem stehen Längs- und Querschnitte für den Oberrheingraben Verfügung. Hilfreiche Informationen um die Nutzungsmöglichkeiten am Standort abzuwägen.

Gehen Sie davon aus, dass sich die Geothermie verstärkt durchsetzen wird?

Der Anteil der Geothermie am Mix der erneuerbaren Energien wird wohl auch weiterhin im einstelligen Prozentbereich liegen. Jedoch werden sich zukünftig auch die großen Versorger vermehrt mit der Technik beschäftigen. Wichtig ist aber auf jeden Fall, die Kommunen in die Planung von vornherein mit einzubeziehen.


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