Die zentrale Top-Down-Energieversorgung von Städten wird zum Auslaufmodell. »EnEff:Stadt – Verbundvorhaben Hybrides Planungsverfahren zur energieeffizienten Wärme- und Stromversorgung von städtischen Verteilnetzen (HYPV)« identifiziert Strukturen für Versorgungsnetze, die der regenerativen Erzeugung gerecht werden.
Die zentrale Top-Down-Energieversorgung von Städten wird zum Auslaufmodell. BHKW, PV- und Windenergieanlagen von Kunden wollen in das Netz eingebunden werden. Die dezentrale und stark schwankende Stromeinspeisung stellt die Verteilnetze vor große Herausforderungen, die jetzt in einem Forschungsprojekt entschärft werden sollen. Ziel des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojektes ist es, ein spartenübergreifendes Optimierungsmodell zu entwickeln, das die optimale Netzstruktur für ein Stromnetz sowie der ergänzenden Gas- und Wärmenetze unter den Bedingungen volatiler dezentraler Einspeisung identifiziert.
Projektteilnehmer des auf drei Jahre angelegten Forschungsprojektes mit einem Projektvolumen von mehr als einer Million Euro sind die beiden Konstanzer Hochschulen und die Stadtwerke Konstanz und Sindelfingen sowie die Netzgesellschaft Düsseldorf als hundertprozentige Tochter der Stadtwerke Düsseldorf.
Der Impuls für dieses Forschungsprojekt mit dem Titel »EnEff:Stadt – Verbundvorhaben Hybrides Planungsverfahren zur energieeffizienten Wärme- und Stromversorgung von städtischen Verteilnetzen (HYPV)« ging vom Ingenieurbüro »Rechenzentrum für Versorgungsnetze Wehr GmbH« (RZVN) mit Sitz in Düsseldorf und Konstanz aus. Hier arbeiten Ingenieure, Wirtschaftswissenschaftler und Techniker zusammen, um Wasser-, Gas-, Fernwärme- und Stromnetze zu analysieren und bedarfsgerecht zu bewerten. Die Aufgabe ist sehr komplex und wird noch an Komplexität gewinnen.
»Wir können nicht allein ein einzelnes Versorgungsnetz betrachten, sondern müssen die hybride Brille aufsetzen«, erläutert Dr. Dirk König, Mitarbeiter des RZVN Konstanz. Die spartenübergreifende Betrachtung sei sowohl aus ökonomischer als auch ökologischer Sicht notwendig. Die Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen und Stadtwerken von Städten unterschiedlicher Größe ist dabei ein Gewinn. »Im ersten Schritt können wir Forschungspartner auf die Datenbasis der Stadtwerke zurückgreifen, die uns Realdaten zur Verfügung stellen. Später werden die Stadtwerke unsere Simulationen anwenden«, erläutert Koordinator Dr. König. Das beinhaltet folgende Arbeitspakete: Nach der Entwicklung von Schnittstellen zur Übernahme der Daten sollen die parallelen Netzstrukturen Strom, Gas sowie Nah- und Fernwärme für die Optimierungsaufgabe mathematisch abgebildet werden. Dann schließlich erfolgt die Lösung und Prüfung unterschiedlicher Optimierungsmethoden für die Netze der beteiligten Stadtwerke.
An der HTWG Konstanz wird Prof. Dr. Thomas Göllinger (Arbeitsgruppe Energiewirtschaft) konkret die Situation von Gebäuden und Stadtteilen untersuchen. Ziel ist die Entwicklung eines Simulations- und Optimierungsmodells, das die Nachfrage- und Angebotssituation jedes einzelnen Gebäudes berücksichtigt. Dabei spielen gebäudespezifische und sozioökonomische Kennwerte eine Rolle, wie z.B. Baujahr und -weise oder Eigentümer- und Nutzerstruktur. »Dies ermöglicht eine Differenzierung der Art und des Umfangs energetischer Gebäudesanierungen sowie die Abschätzung der wahrscheinlichen Technologiewahl bei der Gebäude-Energieversorgung durch die Eigentümer«, so Thomas Göllinger.
An der Universität Konstanz wird der Mathematiker Prof. Dr. Stefan Volkwein mathematische Methoden zur Berechnung kommunaler Verteilernetze entwickeln. Sie sollen einerseits effiziente Lösungsstrategien bieten, aber auch in der Lage sein, die nichtlinearen physikalischen Zusammenhänge zu berücksichtigen.
Niemand weiß, wie der Kraftwerkspark 2050 tatsächlich aussehen wird. Wie groß wird der Anteil fossiler, wie groß der Anteil erneuerbarer Energien sein? Wie stark der Grad der Dezentralisierung? Dr. König wiegelt ab: »Wir können natürlich nicht exakt die Zukunft vorhersehen. Aber wir können uns besser darauf vorbereiten. Und wir können zeigen, was passiert, wenn nichts passiert, und welche Anreizsysteme nötig sind, um Veränderungen zu ermöglichen.«