Den Stromverbrauch einzelner Stromkreise und sogar einzelner Verbraucher in den Stromkreisen detailliert zu analysieren, von einem Punkt im Schaltkasten aus und ohne weitere technische Ausrüstungen – diese Idee hat die Firma Smarten in die Realität umgesetzt.
»Damit lassen sich schnell Energieeinsparungen bis 30 Prozent realisieren«, sagt Nico Höper, Geschäftsführer von Smarten, im folgenden Interview.
Energie & Technik: Mit dem Messsystem von Smarten ist es möglich, Verbräuche in einzelnen Stromkreisen und sogar an einzelnen Geräten zu messen. Warum ist es sinnvoll, so weit in die Einzelheiten zu gehen?
Nico Hoeper: Es genügt nicht, in Industrieunternehmen, Gewerbebetrieben und Haushalten den Gesamtverbrauch zu erheben, das hilft den Versorgern, aber nicht den Endanwendern. Will der Endanwender seinen Verbrauch optimieren, dann ist es wichtig, den Stromverbrauch genau aufschlüsseln zu können, erst dann erschießen sich die Einsparpotenziale. Außerdem können nur so defekte Geräte und Stromfresser identifiziert werden.
Können Sie dazu ein Beispiel geben?
Wir hatten beispielsweise den Verbrauch in einem Restaurant mit Kegelbahn analysiert. Dabei konnten wir zu unserer Überraschung feststellen, dass ab morgens um 5 Uhr plötzlich eine Lastspitze auftrat, die gegen 9 Uhr wieder zurückging. Es stellte sich heraus, dass die Putzkolonne die Kegelbahn während der Reinigungszeit voll eingeschaltet hatte.
Wie funktioniert die Messeinrichtung?
Wir haben ein Board entwickelt, auf dem im wesentlichen Strommess-ICs, ein Prozessor und ein Modem für die Kommunikation sitzen. Pro Messeinheit können bis zu 24 kontaktlose, von der Leitung galvanisch isolierte Stromwandler verwendet werden. Das Board kann also bis zu 24 Stromkreise mit ihren jeweiligen Verbrauchern analysieren. Es misst maximale, durchschnittliche und aktuelle Werte der Spannungen und Ströme sowie der Wirk-, Blind- und Scheinleistung. Die Daten sendet die Messeinrichtung dann über LAN, WLAN oder UMTS und GMS weiter, so dass wir sie in unserem Internet-Portal auswerten und aufbereiten können. Wer seine Daten nicht weitergeben will, dem richten wir ein System ein, um sie lokal vorhalten und auswerten zu können.
Sogar einzelne Geräte lassen sich analysieren
Wie kann die Messeinrichtung die verschiedenen Geräte in einem Stromkreis unterscheiden?
Jedes Gerät hat ganz charakteristische Eigenschaften, an denen man es erkennen kann, etwa den Verlauf des Einschaltstroms. Die Charakteristika können wir auswerten und zuordnen, das System ist lernfähig. Neue Geräte lassen sich ohne Schwierigkeiten integrieren.
Wir können also an einem zentralen Punkt – meist dem Sicherungskasten – messen und dennoch in beliebigen Stromkreisen des Niederspannungsnetzes (bis 380 V) die Verbrauchsgrößen einzelner Verbraucher messen. Neue Geräte lassen sich ohne Schwierigkeiten integrieren. Die Messpunkte an den Leitungen müssen natürlich zweckmäßig ausgesucht werden. Bei Bedarf ist es möglich, mehrere Messeinheiten hintereinander zu schalten, so dass grundsätzlich beliebig viele Verbraucher gemessen werden können.
Wie genau sind die Messungen?
Das System ist in der Lage, von Kleinstverbrauchern bis zu großen Maschineparks exakte Messungen durchzuführen. Mit einem Klappwandler misst es den Absolutwert der Wirkleistung auf 1,5 Prozent genau, wird ein geschlossener Wandler verwendet, so liegt die Genauigkeit um 0,5 Prozentpunkte besser.
Genügt es, die Messungen über einen gewissen Zeitraum durchzuführen oder sollten die Messeinrichtungen fest installiert werden?
Je nach Anforderungen ist beides möglich. Wir bieten komplette Messkoffer für Energieberater an. Außerdem führen wir die Energieberatung auch selber durch. Typischerweise installieren wir die Messeinrichtungen für sieben Tage, nehmen die Werte auf und analysieren das Ganze. Auf dieser Basis erstellen wir einen Leitfaden für den Kunden. Das fördert übrigens die KfW zu 80 Prozent, der Eigenanteil für den Kunden liegt dann bei 320 Euro. Das ist für uns ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit, denn wir lernen viel über die Anwendungen unserer Produkte und können sie so weiter optimieren.
Unter welchen Bedingungen lohnt es sich, die Geräte fest zu installieren?
Vor allem Stadtwerke und Industrieunternehmen zählen zu unserem Kundenkreis, die die Geräte fest installieren. Sie erhalten damit einen genauen Einblick in ihre Verbrauchsstruktur, sie können beispielsweise die Herkunft von Lastspitzen, die ihnen sehr teuer kommen, genau analysieren. Meist ist es nämlich nicht möglich, ohne genaue Messungen zu erkennen, wie die Lastspitzen zustande kommen.
Außerdem können die Stadtwerke mit unserem System beispielsweise Bierkühler oder Kühlhäuser von Restaurants für ein paar Stunden abschalten, das bringt schon einiges. Ein anderes Beispiel: Wir waren mit einem Unternehmen in Kontakt, das in 20 Blockheizkraftwerken dezentral Energie erzeugt. Diese Firma wollte alle dezentralen Erzeuger mit ihren jeweiligen Werten auf einem Bildschirm zusammen führen. Und sie wollten wissen, wann und wie viel Strom sie von Dritten zukaufen müssen. Mit unserem System können wir diese Anforderungen erfüllen.