Das PRP-Redundanzverfahren lässt Rekonfigurationszeiten bei Netzwerkfehlern der Vergangenheit angehören

Industrial-Ethernet-Kommunikation ohne Unterbrechungen

16. April 2012, 13:52 Uhr | Andreas Knoll
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Kommunikation über PRP-Netzwerke

Redundante Netzwerkstruktur mit »Scalance Softnet IE RNA« und »Scalance X204RNA« in Applikationen mit hohen Anforderungen an die Netzwerkverfügbarkeit
Redundante Netzwerkstruktur mit »Scalance Softnet IE RNA« und »Scalance X204RNA« in Applikationen mit hohen Anforderungen an die Netzwerkverfügbarkeit
© Siemens

Wenn also ein Netzwerkteilnehmer ein Telegramm aussenden möchte, muss das Telegramm verdoppelt und mit einem Zusatz versehen werden. Die Verdopplung des Telegramms und die Vorbereitung für das Senden in zwei parallelen Netzwerken können im Endgerät oder in einer vorgeschalteten Anschlussbox erfolgen. Danach durchläuft jedes Telegramm ein separates Netzwerk. »Die beiden Netzwerke sind physikalisch getrennt und können verschieden groß oder strukturiert sein – als Baum, Ring oder Stern«, führt Kasper aus. »Die unterschiedlichen Telegrammlaufzeiten, die sich aus der Netzwerkgröße ergeben, verschlechtern aber das Redundanzverhalten nicht.« Beim Aufbau der Netzwerke lassen sich Netzwerkkomponenten einsetzen, die mit den Umgebungsbedingungen der betreffenden Anwendung zurechtkommen und die Weiterleitung von PRP-Telegrammen unterstützen. Auch der Empfänger muss über zwei integrierte Schnittstellen oder eine Vorschaltbox an die beiden redundanten Netzwerke angeschlossen sein.

Wegen der unterschiedlichen Netzwerklaufzeiten kommen die Telegramme meist nacheinander beim Empfänger an. »Der Empfänger erhält das erste Telegramm, speichert es in einer internen Tabelle ab und leitet es entweder im Gerät selbst oder – im Fall einer Vorschaltbox – an das adressierte Endgerät weiter«, erklärt Kasper. »Kommt nun das zweite Telegramm an, wird in der Tabelle überprüft, ob ein entsprechendes Telegramm bereits angekommen ist. Ist dies der Fall, wird das zweite Telegramm verworfen und zusätzlich das gespeicherte aus der Tabelle gelöscht. Kommt das zweite Telegramm wegen einer Unterbrechung in einem der beiden Netzwerke nicht beim Empfänger an, so wird nach einer festgelegten Zeit das erste Telegramm aus der Tabelle gelöscht.«

Vorteile des PRP-Mechanismus

Der neue Redundanzmechanismus ermöglicht es, Kommunikationsnetzwerke aufzubauen, bei denen es keine Rekonfigurationszeiten im Fehlerfall mehr gibt. Für die nötige Telegrammverdopplung sorgt das eingesetzte Endgerät oder eine vor jedes Endgerät vorschaltbare Anschlussbox. Die in den beiden parallelen Netzwerken eingesetzten Netzwerkkomponenten müssen den Anforderungen ihrer Einsatzumgebung entsprechen (z.B. Temperaturbereich) und für die Weiterleitung von PRP-Telegrammen geeignet sein. Die parallelen Netzwerke bilden zwei gleichwertige Übertragungswege. »Deaktivierte, parallele Wege müssen nicht wie bei anderen Verfahren im Fehlerfall erst zugeschaltet werden«, hebt Kasper hervor. »Die parallelen Übertragungswege werden vielmehr bei jeder Telegrammübertragung genutzt. Bei einem Fehler in einem Netzwerk läuft das Telegramm im zweiten Netzwerk ohne Unterbrechung zum Empfänger.« Zeiten für eine Netzwerk-Rekonfiguration werden somit bei Netzwerkunterbrechungen vermieden.

Einfache Telegrammverdopplung für Geräte mit einer Netzwerkschnittstelle

Siemens bietet mittlerweile Industrial-Ethernet-Komponenten an, die das PRP-Verfahren beherrschen. Die Schutzgerätefamilie »Siprotec« für die Schaltanlagen-Automatisierung umfasst Versionen, die mit zwei PRP-fähigen Netzwerkschnittstellen ausgestattet sind. »Die entsprechenden Applikationen, die mit den Schaltgeräten kommunizieren, laufen meist auf Servern«, legt Kasper dar. »Auch die Server sind folglich an die parallelen Netzwerkstrukturen anzubinden.« Für solche Server-Applikationen umfasst die Produktfamilie »Simatic NET« das Software-Paket »Softnet-IE RNA« (RNA = Redundant Network Access), das die Verdopplung der Telegramme im Server und das Aussenden der beiden Telegramme über zwei im Server integrierte Netzwerkkarten (z.B. »Simatic NET CP 1612 A2«) erlaubt. Für alle Geräte, bei denen es nicht möglich ist, zwei Schnittstellen für die Anbindung an die beiden parallelen Netzwerke zu integrieren, ist ein entsprechendes Vorschaltgerät erhältlich. Die Netzzugangspunkte der Serie »Scalance X204RNA« ermöglichen den Anschluss nicht PRP-fähiger Endgeräte an redundante PRP-Netzwerkstrukturen.

In zahlreichen industriellen Netzwerken erhöht heutzutage eine kostengünstige Ringredundanz die Verfügbarkeit. Sie hat jedoch im Fehlerfall eine Netzwerk-Rekonfiguration zur Folge. »Das PRP-Verfahren stellt somit eine Lösung für all die Applikationen dar, bei denen die Verfügbarkeit des Industrial-Ethernet-Netzwerks höchste Priorität hat und Netzwerk-Rekonfigurationszeiten zu großen wirtschaftlichen Schäden führen können«, resümiert Kasper. »Die Investition in ein paralleles Netzwerk in Verbindung mit der Telegrammverdopplung über PRP kann also helfen, hohe ökonomische Verluste zu vermeiden.«


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