Der kleinen Bedienoberfläche von Smartphones und -watches wollen Forscher des Max-Planck-Instituts für Informatik und Kollegen mit Gestensteuerungen in der Luft den Garaus machen. In der Luft herumfuchtelnde Gestalten könnten bald zum Straßenbild gehören.
»Jede neue Produkt-Generation stellt bessere Bildschirme, schnellere Prozessoren und präzisere Kameras vor, in punkto Eingabe bleibt es jedoch bei den Beschränkungen«, sagt Srinath Sridhar, der an der Universität des Saarlandes promoviert hat und am Max-Planck-Institut für Informatik forscht.
Er hat mit Professor Christian Theobalt am Max-Planck-Institut für Informatik sowie Forschern in Dänemark und Finnland eine Eingabemethode entwickelt, die die Fingerspitzen von Daumen und Zeigefinger sowohl im dreidimensionalen Luftraum über dem Handrücken als auch ihre Position und ihren Druck auf dem Handrücken selber erfasst.
Der »WatchSense« getaufte Prototyp basiert hardwareseitig auf einem Tiefensensor, wie ihn in einer größeren Ausführung die Spielesteuerung Kinect der Xbox 360 einsetzt. Er wird bei WachSense am Unterarm, knapp 20 Zentimeter von der Uhr entfernt angebracht. Dort registriert der die Fingerbewegungen am Handrücken und im Luftraum darüber, Software interpretiert die Bewegungen.
»Die aktuell erhältlichen Tiefensensoren passen zwar noch nicht in eine Smartwatch, aber der Trend geht ganz klar dahin, dass in naher Zukunft kleinere Tiefensensoren in die Smartwatches integriert werden«, sagt Sridhar. »Das Wichtigste ist, dass wir die Finger nicht nur erkennen, sondern auch unterscheiden können“, erklärt der Forscher zur Software, »das hat zuvor kein tragbarer Prototyp gekonnt. Wir schaffen es nun sogar in Echtzeit«.
»Smartphones können zwar mit einem oder mehreren Fingern auf dem Display bedient werden, sie nutzen aber nicht den Raum darüber. Kombiniert man beides, kann man bisher unmögliche Interaktionsformen erschaffen«, glaubt Sridhar. Er und seine Kollegen demonstrierten, dass man mit WatchSense die Lautstärke in einem Musik-Programm schneller ändern und ein neues Lied auswählen kann als mit einer herkömmlichen App.
WatchSense wird ferner für Tätigkeiten in der erweiterten und virtuellen Realität sowie Landkarten-Anwendungen getestet, sowie für die Steuerung eines großen, externen Bildschirms. Die Nutzerstudien hätten gezeigt, dass WatchSense im Vergleich zu herkömmlichen berührungsempfindlichen Displays benutzerfreundlicher sei.
Sridhar glaubt an die Erweiterung der bislang maximal zweidimensionalen Interface-Ebene: »Wir brauchen so etwas wie WatchSense, wenn wir unterwegs produktiv sein wollen, also etwa auf dem Fußweg zur Arbeit noch schnell eine Nachricht versenden möchten. WatchSense ermöglicht erstmals echte ‚interaction on the move‘.«