Energy Harvesting

Energie aus stromdurchflossenen Leitungen

2. Juni 2014, 13:09 Uhr | Von Klaus Dembowski
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Wandler-Anforderungen – die passende Spule muss es sein

Wichtig ist für Strom- und Messwandler, dass ein möglichst linearer B-H-Verlauf erreicht wird, d.h., dass das magnetische Material keinesfalls zu weit in die Richtung der Sättigung (Punkt 3 in Bild 2) getrieben werden darf. Der Anfangspermeabilitätsbereich (Punkte 1–2) vieler Kernmaterialen ist annähernd linear. Das heißt, bei Feldstärken deutlich unter der Sättigungspolarisation ist die Flussdichtekurve linear und die sinusförmige magnetische Feldstärke induziert wiederum einen nahezu sinusförmigen und damit unverfälschten Sekundärstrom. Dies ist auch ein Grund für den Kurzschlussbetrieb zur Messung von Strömen mit einem Stromwandler; die meisten üblichen Kernmaterialien sind deshalb für den annähernden Kurzschlussbetrieb optimiert.

Der Einsatz des Stromwandlerprinzips zur Leistungsübertragung stellt allerdings andere Ansprüche (sehr hohe Permeabilität, hohe Sättigungspolarisation, geringer magnetischer Widerstand) an das Kernmaterial, so dass der Trick beim Energy Harvesting aus stromdurchflossenen Leitungen nicht in der eigentlichen Anordnung (Bild 1), sondern in der Auswahl der passenden Spule liegt.

Bilder 1 bis 4

Bild 1. Grundsätzlicher Aufbau von Stromwandlern. Der Durchsteckwandler kann zum Anzapfen eines stromdurchflossenen Leiters gut genutzt werden.
© Elektronik Power
Bild 2. Die allgemeine Form der Hysteresekurve zeigt die Flussdichte in Abhängigkeit von der Feldstärke mit den charakteristischen Abschnitten.
© Elektronik Power
Bild 3. Der Ringkern ist schlimmstenfalls manuell zu bewickeln.
© Elektronik Power

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Bisher sind derartige Spulen in Form eines Durchsteckwandlers (Ringkern) kaum kommerziell erhältlich, so dass sie meist selbst anzufertigen sind. Damit ein verhältnismäßig niedriger Primärstrom zu einer möglichst hohen Leistung auf der Sekundärseite führt, sind bis zu 1000 Windungen aus 0,1 mm dickem, isoliertem Kupferlackdraht auf einen Kern (manuell) aufzubringen (Bild 3). Auf dem Markt gibt es einige Ringkernhersteller, wovon die Vakuumschmelze GmbH (VAC, Vertrieb z.B. über die Firma Seckels [1]) der bekannteste mit der größten Auswahl ist, der verschiedenste Typen aus unterschiedlichen Materialen fertigt, die unter weichmagnetischen Werkstoffen firmieren und sich grob in amorph, kristallin und nanokristallin aufteilen lassen. Die nanokristallinen Materialien werden durch eine nachträgliche Wärmebehandlung der amorphen Legierungen hergestellt.

Bild 4 zeigt hierfür wesentliche Kenndaten der magnetischen Werkstoffe im Überblick, und es ist zu erkennen, dass die kristallinen Stoffe die höchste Induktion (Sättigungspolarisation) erlauben und somit die erste Wahl für eine hohe Leistungsdichteübertragung sind, was allerdings mit einer hohen Koerzitivfeldstärke verbunden ist. Für die Anwendung als Leistungsübertrager – der Energy Harvesting-Applikation –, die die Energie bei der Netzfrequenz von 50 Hz bezieht, spielt dies jedoch keine Rolle. Mit der Koerzitivfeldstärke wird der Punkt angegeben (siehe auch Punkt 6 in Bild 2), bei dem eine Ummagnetisierung des Materials stattfindet. Sie sollte für schnelle Vorgänge (kHz), wie sie beispielsweise in Schaltnetzteilen stattfinden, möglichst gering sein.

Wer suchet, der findet

Die Beschaffung eines für die Leistungsübertragung geeigneten Kernmaterials stellt sich als etwas schwierig dar, denn das Lieferspektrum für kristalline Ringkerne ist seit einiger Zeit doch recht begrenzt. Dies liegt daran, dass die Hersteller ihre Ringkern-Produktprogramme in erster Linie auf amorphe (Vitrovac 6030F) und nanokristalline (Vitroperm 500F) Ringkerne ausgelegt haben und bekannte kristalline Werkstoffe wie Trafoperm, Vacuflux oder Vacodur kaum mehr zum Einsatz kommen.

Der Grund liegt in der dafür geringen Nachfrage, denn einer der Hauptmärkte für Ringkerne sind Schaltnetzteile. Um hier eine möglichst hohe Leistung übertragen zu können, wird entweder ein Material mit hoher Sättigung (kristallin) eingesetzt oder die Frequenz wird erhöht, was vorteilhafterweise kleine Baugrößen ermöglicht, wobei die dann auftretenden negativen Effekte (Ummagnetisierungs- und Wirbelstromverluste) von amorphen und nanokristallinen Werkstoffen besser verarbeitet werden können.

Die Firmen Ritz Instrumental Transformers GmbH [2] sowie die britische Magnetic Shields Ltd. mit der deutschen Vertretung Marchandise liefern allerdings (noch) Ring- und Schnittbandkerne aus kristallinen Werkstoffen. Auch wenn die Produkte der Vertretung Marchandise unter dem Markennamen der VAC geführt sind, werden diese Kerne im Auftrag der Magnetic Shields Ltd. gefertigt. Die physikalischen Daten können direkt aus den Dokumenten der VAC [3] bezogen werden.


  1. Energie aus stromdurchflossenen Leitungen
  2. Transformator reloaded
  3. Wandler-Anforderungen – die passende Spule muss es sein
  4. Anpassung und Messung
  5. Spannung gewandelt

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